Kathedralen: Roman
Inhaltsangabe zu "Kathedralen: Roman"
Lía glaubt nicht mehr an Gott. Nicht, seit ihre siebzehnjährige Schwester grausam ermordet wurde. In ihrer streng religiösen Familie fühlt sie sich völlig allein gelassen, und bald bricht sie den Kontakt zu ihr gänzlich ab.Dreißig Jahre vergehen ohne den geringsten Hinweis auf den Mörder, dreißig Jahre, die tiefe Gräben in der Familie hinterlassen. Erst eine unerwartete Begegnung wirbelt die Vergangenheit wieder auf und entfesselt einen Sturm, der alle mit sich reißt. Claudia Piñeiro ergründet ein erschütterndes Familiengeheimnis, hinter dem ein Netz von religiösem Fanatismus, kirchlichem Machtanspruch und Repressionen sichtbar wird.
Die sieben Wahrheiten über Anas Tod
Argentinien vor 30 Jahren: Ana Sardà ist das „Küken“, die jüngste Tochter der Familie. Sie wächst in einem katholischen Umfeld auf, hat zwei ältere Schwestern – Lía und Carmen und eine beste Freundin, Marcela. Eines Tages wird Ana tot aufgefunden, ihr Körper verstümmelt und verbrannt.
Von ihrem Tod erholt sich die Familie nie wieder, es bleibt eine Narbe. Lía wendet sich von der Familie und vom Glauben ab, wandert nach Spanien aus. Erst drei Jahrzehnte später bekommt sie Besuch von Carmen.
Kathedralen heißt der Roman der argentinischen Schriftstellerin Claudia Piñeiro, in deutscher Übersetzung von Peter Kultzen erschienen 2023 im Unionsverlag.
Anas Tod galt dreißig Jahre lang als ungeklärter Mordfall. Doch ist das Buch kein Kriminalroman. (Auch wenn es das Buch auf die Krimibestenliste für März 2023 von Deutschlandfunkkultur geschafft hat). Für Krimiexpertinnen wäre das Rätsel um Anas Tod auch viel zu früh zu lösen gewesen. Es sind sieben Wahrnehmungen, die nach und nach Aufschluss geben über das, was damals wirklich geschah.
Claudia Piñeiro schafft es großartig, den einzelnen Erzähler:innen eine individuelle Stimme zu geben. Besonders gelungen fand ich den Teil, den Marcela erzählt. Das Mädchen erlitt nach dem Tod der Freundin eine anterograde Amnesie und das Ringen um die Erinnerung und das Erleben jedes einzelnen Tages ohne Kurzzeitgedächtnis hat mich nachhaltig beeindruckt.
Die titelgebenden Kathedralen sind nicht nur als sakrale Gebäude. Es sind steinerne Monumente, Symbole für feste Glaubenssätze.
In ihrem Heimatland Argentinien kämpft die Autorin gegen das Abtreibungsverbot. Mit ihrem Roman Kathedralen setzt sie ein Zeichen. Sie übt massive Kritik am katholischen Fundamentalismus, an einer Scheinheiligkeit bei der „Gottes Wille“ als Ersatz menschlicher Verantwortlichkeit herhalten muss. Die Autorin macht ihre Wut deutlich, bleibt aber in Sprache und vor allem durch den geschickten Aufbau eingängig.