Die Schlinge: Ein Reykjavík-Krimi
![Buchseite und Rezensionen zu 'Die Schlinge: Ein Reykjavík-Krimi ' von Lilja Sigurðardóttir](https://m.media-amazon.com/images/I/41lKHCVjwEL.jpg)
„Immerhin, jeder kleine Sieg verschaffte ihr eine gewisse Befriedigung. Wenigstens konnte sie selbst stolz darauf sein, gute Arbeit geleistet zu haben, auch wenn es sonst niemand erwähnenswert fand.“ (Zitat Seite 329)
Inhalt
Dieses Weihnachten 1987 im kalten, tief verschneiten Island verändert das Leben von Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, unwiderruflich. Doch es ist ihr wichtig, nach einem Sonderurlaub rasch in ihren Beruf zurückzukehren. Ihr Chef betreut sie mit einem sehr speziellen neuen Fall. Die Bewohner eines einsamen Bauernhauses im abgelegenen Osten Islands, ein altes Ehepaar, wurden tot aufgefunden. Sie waren nicht friedlich verstorben und es musste bereits während der Weihnachtstage passiert sein. Gleichzeitig lässt Hulda das nach wie vor ungeklärte, spurlose Verschwinden einer jungen Frau während der Sommermonate keine Ruhe.
Thema und Genre
In diesem Thriller, dem dritten und letzten Band der Serie um die Ermittlerin Hulda geht es um Familie, Verlust, Schuld und Verantwortung. Auch psychologische Elemente spielen eine wichtige Rolle.
Charaktere
Hulda muss mit einem persönlichen Schicksalsschlag fertig werden, für den sie sich mitverantwortlich fühlt. Teilweise sind ihre Gedanken dadurch abgelenkt, gerade deshalb übernimmt sie diesen neuen Fall bewusst und vertieft sich in die Ermittlungen. Sie ist eine sehr genaue, erfolgreiche Kriminalbeamtin, doch sie weiß auch, dass sie mit ihren vierzig Jahren beruflich wesentlich weiter wäre, wäre sie in Mann. Umso mehr ist sie entschlossen, immer einfach ihr Bestes zu geben.
Handlung und Schreibstil
Die Ereignisse werden in zwei paralellen Geschichten geschildert, die in den Weihnachtstagen 1987 und Februar 1988 spielen. Ein ergänzender dritter Handlungsstrang führt zurück in den Sommer 1987. Der Winter in Island ist düster und kalt und gerade deshalb sind die Traditionen des Weihnachtsfestes für die Menschen so wichtig. Doch in diesen gemütlichen Beschreibungen über das typische Festessen und Bücher, die als Geschenk unbedingt zu einem isländischen Weihnachtsfest gehören und die man auch sofort mit Vorfreude zu lesen beginnt, schwingen rasch Beklemmung und Ängste mit. Vermutungen ergeben sofort einen besonderen Sog in diese packende Geschichte und überraschende Wendungen sorgen für zusätzliche Spannung. Der Autor spielt mit der Sprache und fängt die unterschiedlichen Stimmungen eindrücklich ein und versetzt uns beim Lesen sofort in das einsame winterliche Island.
Fazit
Weihnachten im kalten, tief verschneiten Island wird besonders gemütlich und traditionell gefeiert, doch manchmal trügt der Schein und was zuerst in der Dunkelheit nur mitschwingt, tritt immer deutlicher hervor. Ein vielschichtiger, sehr spannender Nordic Noir Thriller, ein gelungener Höhepunkt zum Abschluss dieser Serie. Auch die gewählte Form, diese Trilogie im Zeitablauf rückwärts zu erzählen ist ebenso ungewöhnlich wie genial und packend, ich würde, obwohl nun ja alle drei Bände erschienen sind, genau die vom Autor gewollte Reihenfolge DUNKEL – INSEL – NEBEL einhalten.
Eine einsame Insel, vier Freunde und ein Todesfall:
Vor zehn Jahren war die Clique von fünf Jugendlichen unzertrennlich. Doch dann wurde eine von ihnen Opfer eines Mordes. Mit dem Erwachsenwerden ging jeder von den übrigen seine eigenen Wege. Doch auch nach dieser langen Zeit ist das Wiedersehen noch immer von den damaligen Ereignissen überschattet und wieder kommt es zu einer tödlichen Auseinandersetzung.
Hulda Hermannsdottir, Kommissarin bei der isländischen Kriminalpolizei, wird eher zufällig zu den Ermittlungen hinzugezogen und beginnt Zusammenhänge zu erkennen und unangenehme Fragen zu stellen.
INSEL ist der zweite Teil der Rückwärtstrilogie um Hulda Hermannsdottir. Aus dem ersten Teil kennen wir Huldas Geschichte, kennen einen Teil ihrer Vergangenheit, aber auch ihrer Zukunft. Die „jüngere“ Hulda, die uns Ragnar Jónasson hier präsentiert ist noch nicht ganz so emotional distanziert, wie wir sie später erlebt haben werden. Die 40-jährige ist am „Höhepunkt“ ihrer Karriere, sie erkennt, dass sie nicht mehr viel weiter kommen wird in ihrem Job. Dass sie trotz ihrer Kompetenz in dem von Männern dominierenden Berufsstand auf der Stille tritt. Dennoch bleibt sie hartnäckig, hat keine Scheu auch weit hinter die Fassade zu blicken und Missstände in den eigenen Reihen aufzudecken.
„Einen Moment lang dachte sie an ihre eigene Zukunft. Was wäre mit ihr in zwanzig, fünfundzwanzig Jahren? Würde sie immer noch allein sein? Gequält von Schuld und Reue? Würde sie enden wie dieser gebrochene Mann? Würde sie je ihre eigenen Sünden beichten?“
Hulda ist eine eigenwillige Protagonistin, die ich sehr gerne lese. Daneben legt Ragnar Jónasson auch den Fokus auf eine stimmige Atmosphäre, wo Spannung, Charaktere und Beschreibungen perfekt aufeinander abgestimmt sind. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen und das ist ein unbedingtes Kompliment für das Buch!
„Ihre eigene Arbeit hatte sich im Laufe der Jahre immer weiter spezialisiert, sodass sie mittlerweile fast ausschließlich mit Gewaltverbrechen beschäftigt war, eine Kategorie, unter die auch ungeklärte Todesfälle fielen, die in Island allerdings relativ selten waren. Hulda wusste, dass sie gut war in dem, was sie tat.“ (Zitat Seite 185)
Inhalt
Vor zehn Jahren war ihr bei der Beförderung ein Kollege vorgezogen worden, der nun ihr direkter Vorgesetzter ist und Hulda Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei Reykjavík, hat inzwischen das Gefühl, mit Ende vierzig schon an der Spitze ihrer Karrieremöglichkeiten angelangt zu sein. Ebenfalls vor zehn Jahren ist ihre Tochter Dimma gestorben und zwei Jahr später ihr Ehemann Jón. Seither gibt es für Hulda nur mehr ihre Arbeit und sie spezialisiert sich auf ungeklärte Verbrechen. Als ihr ein eigenartiger Todesfall auf einer entlegenen kleinen Insel gemeldet wird, übernimmt sie den Fall selbst. Plötzlich stößt sie bei den Ermittlungen auf einen direkten Zusammenhang mit einem Mordfall in der Vergangenheit, der damals rasch aufgeklärt worden war – oder doch nicht?
Thema und Genre
In diesem packenden isländischen Thriller geht es um Familie, Verluste, vor allem aber um nachhaltend prägende Ereignisse, die das weitere Leben beeinflussen.
Charaktere
Nach dem Tod ihrer jungen Tochter und dem späteren Verlust ihres Ehemannes rettet Hulda Hermannsdóttir sich in ihre Arbeit. Da keine Familie mehr auf sie wartet, gibt es für sie auch keine Bürozeiten in ihren Ermittlungen, nichts lenkt sie ab. Ihre Erfahrung lässt sie prinzipiell auch angebliche Fakten und Beweise hinterfragen und hartnäckig sucht sie nach der Wahrheit.
Handlung und Schreibstil
Der Aufbau umfasst einen Prolog, einen Teil I, der im Jahr 1987 spielt und den Hauptteil, Teil II, der zehn Jahre später, 1997, stattfindet. Ein kurzer Epilog ergänzt fehlende Details. In Teil I untersucht Kommissar Lýður, später Huldas Vorgesetzter, einen Mordfall. In Teil II ermittelt Hulda. In einigen Kapiteln steht, abwechselnd mit Hulda, auch jeweils eine Person des Freundeskreises, um den es bei den Ereignissen auf der Insel geht, im Mittelpunkt: Dagur, Klara, Benedikt, Alexandra. So erhält man beim Lesen unterschiedliche, zusätzliche Informationen, die Hulda nicht wissen kann und dies sorgt gekonnt für ein sehr packendes Lesevergnügen, realistisch und nachvollziehbar. Dieser zweite Band der Hidden Iceland Trilogie beginnt die Lücke zu schließen, zwischen dem ersten Band, der im Zeitablauf der letzte ist, und dem noch nicht erschienenen dritten Band, der am weitesten in die Vergangenheit zurückreicht.
Fazit
Zwei Ereignisse in einsamen, abgeschiedenen Gegenden Islands, mitten in der ungezähmten Landschaft, dazu eine erfahrene, menschlich sehr sympathische Ermittlerin. Zusammen ergibt das einen sehr spannenden Nordic Noir Thriller, einen Pageturner, der nächtliche Lesestunden garantiert.
Klappentext:
„Bei einer schmutzigen Scheidung verliert die junge Mutter Sonja das Sorgerecht für ihren Sohn. Verzweifelt setzt sie alles daran, ihn zurückzubekommen, kann sich aber keinen teuren Anwalt leisten. Mit dem Rücken zur Wand lässt sie sich darauf ein, Kokain nach Island zu schmuggeln. Nur bis sie genug Geld hat, um für ihren Sohn zu sorgen, sagt sie sich. Doch schon bald merkt sie, dass es keinen einfachen Ausstieg aus dem rücksichtslosen Drogengeschäft gibt. Während sie dennoch verzweifelt nach einem Ausweg sucht, nimmt sie der Zollbeamte Bragi, den sie auf ihrer Schmuggelroute regelmäßig am Flughafen passiert, ins Visier. Denn er beginnt zu ahnen, dass Sonjas makelloses Auftreten eine allzu perfekte Fassade ist. Verkompliziert wird die ohnehin schon hochdramatische Situation durch die Tatsache, dass Sonja seit Neuestem in einer Beziehung mit Agla ist. Einst eine hochrangige Bankangestellte, findet sich Agla nach dem isländischen Finanzcrash in einen Skandal verwickelt und wird strafrechtlich verfolgt. Schon bald entspinnt sich zwischen Sonja, Bragi und Agla ein komplexes Netz der Kriminalität. Und viel zu spät erst bemerken sie, dass jeder Versuch, sich daraus zu befreien, sie nur noch tiefer darin verstrickt …“
Lilja Sigurðardóttir hat mit ihrem Roman „Das Netz“ einen richtigen spannenden und mal so ganz anderen Roman geschaffen als sonst. Es war für mich eine gekonnte Mischung aus Roman und Krimi zugleich, der uns durch viele unterschiedliche Perspektiven eine gewisse netzartige Struktur verleiht. Wir lesen schwimmen natürlich recht lange im trüben und die Vermutungen werden immer stärker, aber dennoch wird es manchmal auch kompliziert und undurchsichtig, durch das Netz hindurchzusehen. Die Geschichte um Sonja ist verzwickt und man stellt sich die Frage wie man selbst handeln würde, wenn man so mit dem Rücken zur Wand steht. Die Fünge des Drogengeschäfts sind wie ein Krake und wenn sie dich ein Mal in ihren Fängen hat, kommt man nicht wieder heraus oder nur, wenn man den Arm kappt. Sonja merkt dies schneller als ihr lieb ist und so geht das Mitfiebern in besondere Runden. Durch ihre Art bindet man sich schnell an sie und würde ihr gern eigentlich helfen, sie aus diesem Sumpf wieder rausholen aber das werden andere übernehmen, sie versuchen es zumindest. Es ist ein Kampf gegen ein riesiges Monster und Autorin Lilja Sigurðardóttir hat hier nicht nur durch die genialen Landschaftsbeschreibungen einen wirklich lesenswerten Krimi geschaffen, sondern auch durch die Figuren und den ausgeklügelten Plot der Story - 4 von 5 Sterne!
Handlung:
Alles fängt damit an, dass Sonja von ihrem Mann Adam in flagranti beim Ehebruch erwischt wird. Mit einer Frau – und noch dazu einer, die ihm beileibe keine Unbekannte ist.
Sonja kann sich keinen Anwalt leisten, verliert das Sorgerecht. Darüber hinaus braucht sie Geld, um sich eine stabile Existenz einzurichten, bevor sie versucht, ihren Sohn zurückzubekommen. Da wirft ihr jemand einen finanziellen Rettungsring zu, und sie soll dafür nur etwas ausliefern – alles ganz harmlos, alles ganz normal. Bevor Sonja sich versieht, ist sie rettungslos in den Kokainschmuggel verstrickt.
Der alte Zollbeamte Bragi hat Sonja schon im Visier, obwohl er noch nichts gegen sie in der Hand hat, und auch ihre Beziehung zu ihrer Geliebten Agla sorgt für zusätzlichen Stress. Denn erstens ist diese selber in zwielichtige Geschäfte involviert, zweitens reagiert sie mit explosiver Wut auf die leiseste Andeutung, sie sei vielleicht lesbisch, ist gleichzeitig aber obsessiv besitzergreifend.
Meine Meinung:
Die Handlung ist komplex, sehr geschickt und vielschichtig konstruiert. Eine düstere Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit durchzieht dass ganze Buch – es spielt kurz nach dem katastrophalen Finanzcrash in Island, und das führt dazu, dass Unschuldige in die Kriminalität abrutschen und bereits Kriminelle sich noch tiefer darin verstricken. Eine perfekte Grundlage für einen Krimi der Zwischentöne und Abgründe.
Die Charaktere sind zwiespältig, wären auch in einem Film Noir nicht fehl am Platz. Nicht nur, dass jeder durchaus gravierende Probleme und Sorgen mit sich herumschleppt – nein, sie haben zusammengenommen auch eine erstaunliche kriminelle Energie. Mir ging es oft so, dass ich Sonja oder Agla die Daumen drückte, mit ihnen mitfieberte, nur um mir dann plötzlich zu denken: Moment mal, sie ist hier doch gar nicht die Gute...?
Sonja ist vielleicht aus Naivität und Verzweiflung abgerutscht in den Kokainschmuggel, aber sie steckt dennoch viel Planung in ihre Touren, lässt Skrupel nicht zu, tut schreckliche Dinge, damit das Geld weiter fließt. Kaum ein Gedanke an die Menschen, denen die Sucht das Leben zerstört. Ja, sie will raus, sie will sich aus dem Netz befreien – aber das ist zu einem großen Teil Eigennutz, mit nur einem kleinen Anteil echter Reue. Eigentlich verspürt sie beim Schmuggeln sogar ein angenehmes Prickeln, einen echten Kick.
Dennoch hat es mir erstaunlich viel Spaß gemacht, zu verfolgen, auf welche kreativen Ideen sie kommt, um kiloweise Kokain ins Land zu schmuggeln. Das grenzt schon an Genie! Ich habe mich zwischendurch unbehaglich gefragt, ob das Buch nicht sogar als Lehrbuch für angehende Schmuggler dienen könnte...
Ex-Bankerin Agla ist bissig, aggressiv, launisch – und eine Meisterin der Selbstverleugnung. Sie ist bis über beide Ohren verliebt in Sonja, in fast schon krankhafter Intensität, aber sie besteht darauf, das sei nur eine Ausnahme, sie sei "keine von denen". Ich hätte sie oft schütteln können, denn ihre Beziehung zu Sonja ist toxisch, pures Gift für beide, und das eigentlich nur, weil Agla sich für ihre Sexualität selber verachtet. Außerdem entpuppt sie sich nach und nach als Mensch mit fragwürdigen Prinzipien, je weiter der Prozess voranschreitet, der kriminelle Deals der Bank aufdecken soll. Auch sie kennt keine Reue, bereut nur, dass jetzt wahrscheinlich alles auffliegt.
Bei ihr gilt wirklich: Geld bewegt die Welt. Und sie säuft sich im Grunde langsam ins Grab, denn die Leber wächst nun mal nicht mit ihren Aufgaben...
Der alte Zollbeamte Bragi ist fast schon ein Lichtblick, verglichen mit Sonja und Agla. Er scheint ein aufrechter Mensch zu sein, geht auf in seiner Arbeit, liebt seine demente Frau innig. Und dieser Teil der Geschichte ist unglaublich tragisch, denn er kann sich keine gute Betreuung leisten, muss hilflos mitansehen, wie sich seine geliebte Frau im Heim rätselhafte blaue Flecken zuzieht... Aber auch Bragi ist keineswegs eindimensional, zeigt im Laufe der Geschichte überraschende Seiten.
Man muss der Spannung Zeit geben, sich aufzubauen. Selbst dann sorgt der langsame Abstieg in den gesellschaftlichen Morast eher für unterschwelliges Unbehagen als kribbelndes Adrenalin – der dumpfe Schmerz eines verrotteten Zahns, den die Autorin für einen Großteil des Buches nicht ziehen will.
Es sind vor allem die Charaktere, die dafür sorgen, dass man weiterlesen will, obwohl sie keine typischen Sympathieträger sind. Agla mochte ich zum Beispiel nicht einmal, wollte aber dennoch wissen, wie es mit ihr weitergeht.
Der Schluss enttäuschte mich zunächst – bis mir klar wurde, dass es sich hier um den ersten Band einer Trilogie handelt! Dinge, über die ich gerne mehr erfahren hätte, die noch nicht schlüssig aufgeklärt wurden, werden dann wohl im zweiten Band wieder aufgegriffen.
„Wenn Sie Macht haben wollen, brauchen Sie Sicht nach oben.“ (Zitat Pos. 2873)
Inhalt
Sonja Gunnarsdóttir träumt davon, endlich ihren Sohn Tómas zu sich nehmen zu können, der bei der Scheidung dem Vater zugesprochen worden war. Doch dafür braucht sie genügend Geld für ein finanziell unabhängiges und abgesichertes Leben.
Gegen die bisher sehr erfolgreiche Investmentbankerin Agla Margeirsdóttir, mit Sonja in einer Liebesbeziehung, laufen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem isländischen Bankenskandal.
Bragi ist ein erfahrener Zollbeamter kurz vor der Pensionierung. Sein Dienstort ist der Flughafen von Reykjavik. Schon mehrmals ist ihm eine gut aussehende, gepflegte Frau aufgefallen, wohl eine Geschäftsfrau. Doch dann sieht er zufällig in einer Zeitschrift Modevorschläge für die erfolgreiche Frau im Beruf und plötzlich fällt es ihm ein. Die fremde Frau war stets genau nach diesen Bildern gekleidet, perfekt bis ins kleinste Detail - zu perfekt. Was ist ihr Geheimnis?
Thema und Genre
Dieser Kriminalroman ist der erste Band einer Trilogie aus Island. Ein typischer Roman noir, der zur Gänze in der Grauzone zwischen Gut und Böse spielt. Es geht um kriminelle Handlungen und ihre Beweggründe, wobei die Schuldfrage aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zu betrachten ist.
Charaktere
Die drei Hauptfiguren Sonja, Bragi und Agla sind gut beschrieben, ihre Situation ist glaubhaft und ihre Entscheidungen nachvollziehbar. Dennoch bleiben sie irgendwie auf Distanz, man verfolgt interessiert und mit Spannung was sie tun, wie sie sich verhalten, was passiert, ohne jedoch um das Schicksal der einzelnen Charaktere zu bangen. Sonja und Agla kämpfen um die Dinge, die ihnen wichtig sind, aber sie reagieren, statt zu agieren. Die Zeit, in Ruhe über mögliche Hintergründe nachzudenken, nehmen sie sich nicht, dadurch handeln sie für ihre Gegner vorhersehbar und sind leicht zu manipulieren.
Handlung und Schreibstil
Die Geschichte spielt kurz nach dem Bankencrash in Island, zwischen November 2010 und Februar 2011. In drei durchgehenden Erzählsträngen steht entweder Sonja, oder Agla, oder Bragi im Mittelpunkt. Abwechselnd geschildert, geschehen die Ereignisse manchmal gleichzeitig, überschneiden sich, verknüpfen sich. Der straffe Zeitrahmen sorgt für Spannung, obwohl wenn man manche Zusammenhänge bald vermutet. Der Schreibstil ist flüssig zu lesen und entspricht dem Genre.
Fazit
Ein nordischer Kriminalroman für Leser*innen, die in erster Linie an einer packenden, guten
Geschichte interessiert sind und denen die einzelnen Figuren weniger wichtig sind, als das Gesamtbild. Ein Buch für spannende, unterhaltsame Lesestunden.
Arnaldur Indriðason
Graue Nächte
Bastei Lübbe
Autor: Arnaldur Indriðason, 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der University of Iceland und war Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunbladid. Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavik und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Arnaldur Indriðasons Vater war ebenfalls Schriftsteller. 1995 begann er mit Erlendurs erstem Fall, weil er herausfinden wollte, ob er überhaupt ein Buch schreiben könnte. Seine Krimis belegen allesamt seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerlisten. Seine Kriminalromane "Nordermoor" und "Todeshauch" wurden mit dem "Nordic Crime Novel’s Award" ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt der meistverkaufte isländische Autor für "Todeshauch" 2005 den begehrten "Golden Dagger Award" sowie für "Engelsstimme" den "Martin-Beck-Award", für den besten ausländischen Kriminalroman in Schweden. Arnaldur Indriðason ist heute der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane werden in einer Vielzahl von Sprachen übersetzt. Mit ihm hat Island somit einen prominenten Platz auf der europäischen Krimilandkarte eingenommen. (Quelle: Luebbe)
Fischer finden am Strand eine männliche Leiche. Als Flóvent am Fundort ankommt, stellt sich schnell heraus, dass es sich bei dem Toten um einen Mann handelt, der vor einiger Zeit als vermisst gemeldet wurde. Da sich keine eindeutigen Spuren finden lassen, überstellt Flóvent die Leiche, für eine Obduktion, an die Uniklinik. Dann meldet sich auch noch Thorson bei ihm, da es beim Militär ebenfalls eine, grausam zugerichtete Person gibt, die im Krankenhaus an den Verletzungen gestorben ist. Anfangs ging man davon aus, dabei würde es sich um einen Soldaten handeln. Schnell wurde jedoch klar, es muss ein Einheimischer sein, weshalb Thorson den Fall an Flóvent übergibt.
Der Krimi von Arnaldur Indriðason wird in insgesamt 63 Kapiteln erzählt. Jeder der Kapitelüberschriften besteht dabei aus der ausgeschriebenen Kapitelnummer. Dies wirkt recht schlicht, jedoch passt es hier zum Setting des Buches.
Das Buch spielt zu Zeiten des 2. Weltkrieges und das bekommt der/die Leser/-inn auch an vielen Punkten zu sehen. Die gesamte Grundstimmung ist schon recht triste und wenig farbenfroh. Die Charaktere, verhalten sich düster und bleiben oft im Schatten verborgen. Wen wundert es also, dass es dort gleich zwei Morde gibt, die in dem Buch aufgeklärt werden?! Leider wirken diese zwei Mordfälle ziemlich willkürlich und es ist kaum ein Zusammenhang zu erkennen. Im Laufe der Ermittlungen, begegnen einem recht viele Charaktere, die auch manchmal zumindest, recht viel erlebt und zu erzählen haben. Leider bleibt selbst bei den Protagonisten, eine ausschweifende Erzählung über Privatleben und Co aus und der Autor konzentriert sich nur auf das Wesentliche, was das Identifizieren mit den Protagonisten erschwert. Allerdings ist es auch genau die Art, die zu diesem Buch passt. Innerhalb der Storystränge gibt es häufiger Rückblicke, die sich leider nicht von dem restlichen Text unterscheiden. Hier hätte ich mir gewünscht, dass diese Passagen deutlich zu erkennen sind (z. B. Angabe der Jahreszahl). So wird dem/der Leser/-inn erst recht spät und auch nur sehr schwer klar, dass die Story teilweise in zwei unterschiedlichen Jahren spielt. Das Positive daran ist aber, dass es dem Autoren am Ende gelungen ist, die Storystränge zusammenzuführen (so dass es jeder versteht) und auch alles passierte, logisch zu erklären. Die Beschreibungen des Autoren, sind dabei recht detailliert, hätten für meinen Geschmack, gerade bei den Leichen, deutlich detaillierter ausfallen dürfen. Schließlich handelt es sich bei der einen Leiche zumindest, um eine die grausam zugerichtet wurde und das kann man ruhig in den Beschreibungen erkennen.
Das Ende selbst, ist dann so, wie es kaum passender hätte sein können, zu dieser Zeit, denn ein Happy End bleibt aus. Für alle, die auf moralisch korrekte Enden stehen, wo das Gute immer siegt, wird hier (leider) enttäuscht. Ebenfalls etwas negativ aufgefallen ist die Tatsache, dass das Ende ziemlich plötzlich kommt. Hier hätte man sich ruhig etwas mehr Zeit nehmen können.
Cover:
Anmerkung: Da ich das eBook gelesen und rezensiert habe, bezieht sich meine Meinung zum Cover, allein auf die Covervorschau.
Auf dem Cover sind einige, Nebelverhangene, mit Schnee bedeckte Berge zu sehen. Im Tal dieser Berge steht ein kleines, einsames Häuschen. Aufgrund der Größe und Farbe (Schwarz), springt einem direkt der Autor ins Auge, darunter dann, deutlich kleiner, der Titel des Buches. Dieser Titel ist gut gewählt, schließlich spielt das Buch in einer Zeit, in der es nicht leicht war (2. Weltkrieg).
Das Cover ist ganz im Stil gestaltet, wie man ihn von Arnaldur Indriðason gewohnt ist. Recht wenig sagend und fast schon idyllisch anzusehen, obwohl es eigentlich ein Krimi ist. Genau das ist aber die Art, die das Cover wirklich gelungen macht.
Fazit: Ein wirklich grauer Kriminalroman, den Autor Arnaldur Indriðason da zu Papier gebracht hat. Charaktere werden kaum mit Leben gefüllt (zumindest wenn es um privates geht), obwohl es gerade zu dieser Zeit, viel zu erzählen hätte. Der Detailgrad der Erzählung ist top, hätte aber an manchen Stellen ruhig etwas ausgeprägter ausfallen dürfen. Am Ende schafft es der Autor, den/die Leser/-inn mit einem Kopfschütteln das Buch beenden zu lassen. Von mir gibt es 4/5 Sterne.
Klappentext: Frühjahr 1943. In Reykjavík herrscht eine angespannte Stimmung – Island ist von den Amerikanern besetzt. In diesen unruhigen Zeiten wird nahe einer Soldatenkneipe im Stadtzentrum ein Mann brutal erstochen. Kommissar Flóvent und sein kanadischer Kollege Thorson von der Militärpolizei nehmen die Ermittlungen auf, während Flóvent noch mit einem anderen Fall befasst ist: Eine männliche Leiche wurde am Strand der Nautholsvík-Bucht angespült. Stehen die Tode mit den Kriegsereignissen in Zusammenhang? Die Kommissare ermitteln in einem heiklen Umfeld und geraten dabei selbst in Gefahr … (Quelle: Luebbe)
Autor: Arnaldur Indriðason
Titel: Graue Nächte
Verlag: Bastei Lübbe
Genre: Krimi
Seiten: 413
Preis: Gebunden:22,90 // eBook:16,99
Erstveröffentlichung: 2018
ISBN: 978-3-7857-2629-7
Nachdem ich im letzten Jahr meinen ersten Roman der Isländerin gelesen habe, Geisterfjord, und mich dieser begeistert hat, steht auch in diesem Jahr mindestens ein Krimi aus dem hohen Norden auf dem Programm. War "Geisterfjord" eher mysteriös mit fantastischen Anteilen, beschäftigt sich "Das letzte Ritual" mit den realen Hexenverbrennungen in Island.
Worum geht es?
Ende Oktober 2005 findet Gunnar, Professor und Leiter der Historischen Fakultät der Universität Reykjavík, in einem der Büroräume früh morgens eine entsetzlich verunstaltete Männerleiche.
Es handelt sich um den deutschen Geschichtesstudenten Harald Guntlieb, der seine Masterarbeit in Island schreiben wollte.
Eine Woche später wird die Rechtsanwältin Dóra von dessen Mutter kontaktiert:
"Wir suchen jemanden, der den Fall noch einmal aufrollt, das Beweismaterial begutachtet und die Schlussfolgerungen der Polizei überprüft." (S.19)
Sollte sie den Auftrag annehmen, stehe ein fürstliches Gehalt in Aussicht, eine Tatsache, die die alleinerziehende Mutter zweier Kinder neben dem ungewöhnlichen Fall überzeugt.
Matthias Reich, der für die sehr wohlhabende Familie arbeitet, macht Dóra mit den Ermittlungen vertraut und soll ihr beiseite stehen. Er erzählt ihr auch von Haralds Interesse für "Hexenverfolgung. Folter und Hinrichtungen." (27) Seine Masterarbeit beschäftigte sich mit der erst im Vergleich zum Festland spät einsetzenden Hexenverfolgung in Island, dabei taucht immer wieder ein bestimmtes Buch auf: Malleus Maleficarum, "Hexenhammer",
"eines der berüchtigsten Bücher in der Geschichte der Menschheit. Es wurde erstmals 1486 als Handbuch für Inquisitoren herausgegeben. Diese sollten lernen, Hexen zu erkennen und anzuklagen." (S.46)
Harald hat sich für die Geschichte dieses Buches interessiert, das im Jahr 1486 in Speyer vom Dominikaner Heinrich Kramer veröffentlicht wurde und bis ins 17.Jahrhundert hinein in mehreren Auflagen erschienen ist. (wikipedia)
In den Ermittlungsakten, die sie von Matthias erhält, findet Dóra einige Ungereimtheiten:
Warum hält sich Harald auf Familienfotos immer etwas abseits? Dazu passt auch die unpersönliche Mail Haralds an seinen Vater.
Welches Verhältnis hatte er zu seiner behinderten Schwester?
Warum wurde er aus der Bundeswehr nach einem Einsatz im Kosovo entlassen?
Was hat es mit dem Geschichtsverein "Malleus Maleficarum" auf sich?
Was sucht ein Zeitungsartikel in den Unterlagen, in dem von sexuellen Würgespielen die Rede ist und davon, dass ein junger Mann dabei ums Leben gekommen ist?
Für welchen Gegenstand hat Harald 42 000 € bezahlt?
Es gibt auch Hinweise auf seine besten Freunde, darunter der Medizinstudent Halldór, mit dem er eine besonders enge Beziehung gehabt haben soll, wie sich in weiteren Gesprächen herausstellt.
Einer der Freunde Hugi sitzt als Tatverdächtiger im Gefängnis, da die beiden am fraglichen Abend gemeinsam eine Party verlassen haben und man Blut an Hugis Kleidern gefunden hat.
Die größten Rätsel gibt neben der Weigerung der Freunde, irgendetwas preiszugeben, die Leiche selbst auf. Harald wurde erstickt, die Augen wurden nach dem Tod entfernt und ihm wurde eine Schnittwunde in Form einer magischen Rune zugefügt.
Was hat sie zu bedeuten? Wurde er Opfer eines Hexenrituals? Welche Rolle spielen seine Freunde und das Thema seiner Master-Arbeit? Ist Hugi wirklich unschuldig? Und was hat es mit dem verschwundenen Dokument aus dem dänischen historischen Archiv auf sich, das Harald entwendet haben soll?
Spannende Fragen!
Bewertung
Im Gegensatz zu Geisterfjord taucht trotz der Hexensprüche und magischen Rituale nichts wirklich Mysteriöses auf. Eigentlich schade...
Statt dessen erfährt man vieles über die Hexenverfolgung in Europa, insbesondere in Island, über jenen berüchtigten "Hexenhammer" und die Wege, die ein solches Buch nehmen kann ;)
Im Mittelpunkt steht natürlich der ungewöhnliche Kriminialfall sowie die beiden sympathischen Protagonisten - die Rechtsanwältin Dóra und Matthias, die sich ebenfalls zu mögen scheinen. Man erfährt auch einiges über Dóras Familienleben und beim Lesen ist sie mir so ans Herz gewachsen, dass ich recherchieren werde, ob sie auch noch in einem anderen Roman Sigurdardóttirs ermittelt.
Spannende und interessante Unterhaltung.
An der Universität von Reykjavik wird ein Student tot aufgefunden. Es handelt sich um den Deutschen Harald Guntlieb. Ein Täter wird schnell verhaftet. Doch Haralds Eltern wollen sich mit dieser Lösung nicht zufrieden geben. Sie wollen wissen, was wirklich zum Tod ihres Sohnes geführt hat. Sie engagieren die Anwältin Thóra Gudmundsdottir. Diese allein erziehend mit zwei Kindern, etwas chaotisch, aber dennoch voller Wissensdurst. Ihr zur Seite steht Matthias Reich, der von der Familie Guntlieb nach Island geschickt wird. Die beiden versuchen unvoreingenommen an den Fall heranzugehen. Haralds besondere Vorlieben, was seine Aufmachung und auch seinen Studienschwerpunkt anbetrifft, macht die Ermittlungen zu einen Ausflug in eine andere Welt.
Es geht in die Vergangenheit, die Zeit der Hexenjagden in Europa. Dafür hat sich der Student Harald am meisten interessiert. Er hat sich auf Spurensuche begeben, einen Vergleich zwischen Island und Deutschland wollte er ziehen. Thóra und Matthias folgen seinen Spuren, was hat er gesucht, hat er etwas gefunden. Doch wieso sollten seine Studien etwas mit seinem Tod zu tun haben. Kann nicht eher seine Clique von eigenartigen Freunden ihm den Tod gebracht haben.
In diesem ersten Fall um die Anwältin Thóra Gudmundsdottir führt die Autorin ihre Leser durch die Landschaften und Städte Islands. Sie beschreibt die Lebensumstände Thóras, ihr witziges Büroumfeld, ihre Kinder und auch ihre Fähigkeit, sich in einen Fall hineinzuknien. Zwar sehr gut recherchiert sind die geschichtlichen Fakten, aber doch ein wenig ausschweifend. Das mag vielleicht eher für die Leser gelten, die dem Thema der Hexenverfolgungen nicht ganz so viel abgewinnen können, dennoch hätte hier eine kleine Straffung nicht geschadet. Die Neugier auf die Entdeckung der Zusammenhänge geht jedoch nie verloren und so liest man diesen Krimi mit immer größer werdender Spannung. Witz gepaart mit einen packenden Fall und sympathischen Protagonisten bieten beste Unterhaltung.
Vor Jahren wurde ein kleines Mädchen vergewaltigt und getötet. Ihr Mörder wurde gerade aus der Haft entlassen als im Garten eines ehemaligen Staatsanwaltes abgetrennte Körperteile gefunden wurden.
Doch statt in diesem aufmerksamkeitserregenden Fall zu ermitteln, wird Huldar, der nach seinem letzten Einsatz degradiert wurde, mit Nebensächlichkeiten beschäftigt. In einer Zeitkapsel, die von Schülern vor 10 Jahren mit Aufsätzen über die Zukunft befüllt wurde, finden sich kryptische Todesdrohungen.
Huldar und die Kinderpsychologin Freyja sind wieder im Einsatz. In ihrem zweiten Fall steht die berufliche Zusammenarbeit unter keinem guten Stern, zu sehr belastet ihre gemeinsame Vergangenheit die beiden. Als die beiden einen Zusammenhang zwischen dem Kinderaufsatz und den aktuellen Ereignisse herstellen, müssen sie sich erst gegen Kollegen und Vorgesetze durchsetzen. Die beruflichen und privaten Querelen zwischen Huldar und Frejya, aber auch mit Erla, Huldars Chefin, gehen manchmal auf Kosten der Spannung. Dennoch ist dieser Thriller aus der Feder von Yrsa Sigurdardottir geschickt aufgebaut und absolut mitreißend. Der Titel ist wohl gewählt, denn der erschütternde Fall von Missbrauch, Korruption und Rache entwickelt einen starken SOG. Hat mir der erste Band aus dieser Reihe gar nicht so besonders gefallen, fand ich hier die Mischung aus grausamen Morden und authentischen Charakteren durchwegs überzeugend.
Dier Geschichte gewinnt in der Hörbuchversion vor allem durch Dieter (das Sprech)Wunder. Ihm zuzuhören ist immer wieder ein Genuss!
Nach dem letzten Fall ist Kommissar Huldar in Ungnade gefallen. Seinen Posten als Gruppenleiter hat er verloren, er bekommt nur noch Arbeiten zugewiesen, bei denen er nichts falsch machen kann. Und so soll er ermitteln, was es mit einer Zeitkapsel auf sich hat, die in einer Schule gefunden wurde. Da prophezeit ein Schüler, wer im laufenden Jahr ermordet werden wird. Die spannenderen Fälle hat Kollegin Erla, die seine Stelle übernommen hat. Obwohl, eigentlich ist Huldar froh, mal wieder bei der Psychologin Freyja vorsprechen kann. Ihre leitende Position ist sie zwar los, aber Kindern zu helfen ist immer noch ihr Anliegen.
In diesem zweiten Fall sind sowohl Kommissar Huldar als auch Freyja vom Geschehen abgeschnitten. Abgehängt und unschädlich gemacht. Sie können froh sein, dass sie überhaupt noch Arbeit haben. Sie sollten sich zurückhalten. Die wichtigen Arbeiten erledigen andere. Langweilig ist das schon für Huldar. Irgendwie muss es doch zu schaffen sein, an interessante Ermittlungen zu kommen. Eher zufällig ist Huldar dabei, wie ein entsetzlicher Fund auf dem Grundstück eines ehemaligen Staatsanwaltes gemacht wird. Huldur setzt alles daran hier am Ball bleiben zu dürfen. Nicht lange dauert es, bis eine erste Leiche gefunden wird, die auf äußerst grausame Art zu Tode gekommen ist.
Auch wenn Huldar es beim Kennenlernen Freyjas mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat, wähnte er sich doch auf einem guten Weg eine Beziehung mit ihr aufzubauen. Nachdem aber beider Karriere den Bach runtergegangen ist, ist es auch mit der trauten Zweisamkeit vorbei. Huldar lässt nichts unversucht, dies wieder zu ändern. Da kommt ihm der Fall mit der Zeitkapsel gerade recht.
Spannend wie Huldar sich in die Ermittlung einschleicht, um sich wieder eine Position zu verschaffen. Nein, Chef werden will er nicht, das können andere besser. Aber ordentlich ermitteln, runter vom Abstellgleis. Zum Glück ist Huldar ein gewiefter Ermittler, der auch mal quer denkt. Und so macht er sich beinahe unersetzbar. Ganz niedlich ist auch sein Werben um Freyja, die nach langem Fremdeln kurz davor scheint, nachzugeben. Was sich Huldar dann leistet, ist schon etwas unaussprechlich. Typisch, möchte man rufen, gäbe es da nicht noch ein Teufelchen.
Ein fesselnder Kriminalroman, der mit einem Verwirrspiel verschiedener Spuren und Verdächtiger aufwartet, wodurch der Leser die Möglichkeit hat, den Ermittlern zu folgen, sich mit den Hintergründen des Falles zu beschäftigen und schließlich von der Lösung überrascht zu werden.
"Über Vergangenes mach dir keine Sorgen, dem Kommenden wende dich zu." (Dschuang Dsi)
Zwölf Jahre nach dem die kleine Vaka vergewaltigt und getötet wurde, wird in Reykjavik eine Zeitkapsel geborgen. In dieser Zeitkapsel haben vor zehn Jahren Schüler Briefe geschrieben, wie sie sich im Jahr 2016 Island vorstellen würden. Dabei entdeckt man einen Brief mit einer eigenartigen Botschaft. Der Verfasser teilt darin mit, dass Menschen getötet werden und listet diese anhand ihrer Initialen auf. Kommissar Huldar und sein Team stehen vorerst vor einem Rätsel. Vor allem nach dem man wenig später in einem Hot Tub, zwei abgetrennte Hände findet. Bisher wird allerdings niemand vermisst, sodass sie diese Hände niemandem zuordnen können oder wissen, ob derjenige noch lebt. Wenige Tage später gibt es ein erneutes Todesopfer, in einer Tiefgarage, dort wird der Finder der abgetrennten Hände auf brutale Weise getötet. Doch das ist noch nicht alles, wenig später gibt es das nächste Opfer und diesmal wieder getötet auf eine sehr brutale Weise. Auffällig ist, dass die Opfer kurz vor ihrer Ermordung verschwinden und das sie mit den Initialen vom Brief der Zeitkapsel identisch sind. Nebenbei kommt nach 10 Jahre Gefängnis der Mörder und Kinderschänder Jon Jonsson frei. Hat er was mit diesen Morden zu tun und warum hat sein Sohn Pröstur damals diesen Brief geschrieben? Derweil hat Kommissar Huldar ganz andere Sorgen, er wurde von seinem Posten enthoben und möchte auch gerne wieder die ruinierte Beziehung von Freyja und ihm in Ordnung bringen. Deshalb versucht er sie auch möglichst oft in die Ermittlungen miteinzubeziehen.
Meine Meinung:
Das ist mein zweites Buch dieser Autorin, schon beim ersten Fall hatte ich damals die Spannung etwas vermisst, die mir auch hier in diesem Buch etwas gefehlt hat. Die Leseprobe hatte mich neugierig gemacht, doch nicht durchgängig konnte mich das Buch überzeugen. Zwar ist der Fall sehr interessant und auch die Ermittlungen, doch allzu oft driftet die Autorin in das Privatleben von Huldar und Freyja, das mich sogar gelegentlich ermüden lässt. Trotzdem fand ich dieses Buch ein wenig besser als den Vorband. Leider sind mir die Ermittler nach wie vor immer noch nicht ganz sympathisch, noch immer werde ich mit Huldar und seinen Frauengeschichten nicht warm. Ich empfinde sogar, diese chaotische Beziehungsgeschichte zwischen Huldar und Freyja mitunter als sehr anstrengend. Sehr schwer tue ich mich auch mit den vielen, eigenwilligen isländischen Namen. Das Cover ist wie beim Vorgänger einfach, aber geheimnisvoll. Öfters fehlte es für mich an einem kontinuierlichen Spannungsbogen, der jedoch um einiges besser war, wie beim Vorband. Trotz des interessanten Falls, ist es sicher für manchen Leser keine einfache Kost, da es unter anderem auch um das Thema Kindesmissbrauch geht. Von mir gibt es für dieses Buch 3 1/2 von 5 Sterne mit Luft nach oben.
Ein Leuchtturm in der Krimiliteratur
„Nebel“ ist der letzte – oder eigentlich erste – Roman der Hulda-Trilogie von Ragnar Jonasson, mit der er die Bestsellerlisten stürmte. Der Clou liegt in der zeitlich umgekehrten Abfolge der Bände. Lernen wir die Kommissarin Hulda zunächst an der Schwelle des Ruhestands kennen („Dunkel“), springen wir zurück in ihre gereifte, männerdominierte Berufswelt („Insel“) und zum Schluss an den Anfang, als sie vierzigjährig einen grausamen Schicksalsschlag verkraften muss. Dies ist die Geschichte von „Nebel“. Ein düstere, fatalistische Kriminalhandlung, wie sie bevorzugt in den langen Nächten des Nordens – wie in Skandinavien oder hier Island – hervorgebracht wird.
Zu "Nebel": Mehrere Handlungsstränge müssen verknüpft werden. Zum einen ist da das Verschwinden einer jungen, lebenslustigen Frau, die es in den Osten Islands verschlagen hat. Ein Cold Case, denn viele Jahre weiß scheinbar niemand, was ihr zugestoßen ist. Zum anderen werden nach Weihnachten auf einem entlegenen Bauernhof Leichen entdeckt und schnell wird klar, dass ein brutaler Mord stattgefunden hat. Hulda, die selbst noch stark traumatisiert ist, muss und will sich dieses Falls annehmen. Ihr Schicksal, eine Familientragödie an Weihnachten, ist der persönliche Handlungsrahmen, der langsam über die gesamte Geschichte gespannt wird und eine eigene Triebkraft für die Aufklärung der Morde entwickelt.
Die gesamte Trilogie ist sehr eindrucksvoll. Am besten gefällt mir „Nebel“, der Abschluss als Anfang dieser starken Frauenfigur Hulda. Sie hat es alles andere als leicht und an keiner Stelle wird ihr (oder der Leserschaft) zuliebe Rücksicht auf ihre geschundene Seele genommen. Gerade diese Authentizität erzeugt eine ungeheure Anziehungskraft, denn dadurch wird die ebenso schonungslose Realität gespiegelt. Stark sind auch die Dialoge und die inneren Monologe der glaubhaften Charaktere in diesem Roman, der streckenweise die Dichte eines Kammerspiels aufweist.
„Nebel“ und die gesamte Trilogie ist eine Empfehlung. Die Bücher bleiben lange im Gedächtnis und prägen eine außergewöhnliche Figur, die so latent wundervoll und widerstandsfähig wie eine Löwenzahn-Pflanze ist.