GOTT: Ein Theaterstück

Buchseite und Rezensionen zu 'GOTT: Ein Theaterstück' von Ferdinand von Schirach
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Inhaltsangabe zu "GOTT: Ein Theaterstück"

Richard Gärtner, 78, ein körperlich und geistig gesunder Mann, will seit dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben. Er verlangt nach einem Medikament, das ihn tötet. Mediziner, Juristen, Pfarrer, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen. Die Ethikkommission diskutiert den Fall. Ferdinand von Schirach verhandelt in seinem neuen Theaterstück das Sterben des Menschen. Und wie schon in seinem ersten Drama »Terror« müssen wir am Ende selbst ein Urteil fällen. Wem gehört unser Leben? Wer entscheidet über unseren Tod? Wer sind wir? Und wer wollen wir sein? Ergänzt wird der Band um Essays von drei namhaften Wissenschaftlern, die das Thema der ärztlichen Suizidbegleitung aus medizinethischer, juristischer und theologisch-philosophischer Perspektive beleuchten.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:160
Verlag:
EAN:9783630876290

Rezensionen zu "GOTT: Ein Theaterstück"

  1. Selbstbestimmt leben -selbstbestimmt sterben

    Richard Gärtner ist 78 Jahre alt. Körperlich ist er bei bester Gesundheit. Doch seit dem Tod seiner Frau sieht er keinen Grund, mehr zu leben. Er will keine unsicher Variante eines Freitodes. Er verlangt nach einem Medikament, will unter ärztlicher Aufsicht sterben.

    Der Deutsche Ethikrat tagt: Juristen, medizinische und theologische Sachverständige sind zusammengekommen, um eine grundlegende Frage zu diskutieren: Wem gehört unser Leben?

    Der Jurist und Schriftsteller Ferdinand von Schirach ist ein Garant für hochwertige Diskussionen zu juristischen, moralischen, ethischen Grundsätzen. Auch hier in dem vorliegenden Werk: „GOTT“ ist ein Theaterstück, das Publikum die Leser*innen.
    Es geht um das selbstbestimmte Sterben, in Würde und unter ärztlicher Beihilfe. Schirach gibt Vertretern aus Recht, Medizin und Kirche das Wort. Es sind sehr unterschiedliche Standpunkte, die hier vertreten werden. Mit jeder Frage, jeder Antwort, jedem Argument verleitet Schirach die Leser*innen nachzudenken, die eigene Überzeugung auszuloten und zu hinterfragen.

    Das Stück heißt Gott, der theologische Sachverständige ist Mitglied der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz. Mir wäre es lieber gewesen, das Stück hieße „Mensch“. Denn um diesen geht es. Das menschliche Leben und Sterben möchte ich nicht von einer metaphysischen Instanz geregelt bekommen, die ich für mich nicht als verbindlich betrachten kann. Rechtsanwalt Biegler - mitunter ein alter ego des Autors – gibt überzeugend den Advocatus Diaboli. (Seit Biegler in einer Verfilmung von Klaus Maria Brandauer dargestellt wurde, hatte ich auch immer dessen Stimme im Ohr.)

    Die verfassungsrechtlichen und strafrechtlichen Bestimmungen haben lange Zeit restriktiv die sogenannte „Sterbehilfe“ verneint. Seit einem Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 wurden die Bestimmungen in Deutschland hierzu liberalisiert. Bei Erscheinen des Buches war in Österreich die Beihilfe zum Suizid immer noch unter Strafe gestellt. Seit Dezember 2020 hat auch der Österreichische Verfassungsgerichtshof entschieden, dass sowohl das Recht auf die Gestaltung des Lebens als auch das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben das Recht auf freie Selbstbestimmung umfasse.

    Das vorliegende Buch ist ein wertvoller Beitrag zu der komplexen Thematik, philosophisch und hintergründig, dabei aber trotzdem verständlich und leicht lesbar.

  1. 5
    01. Okt 2020 

    Ein Thema, das jeden angeht

    Schon in „ Terror“, dem ersten Theaterstück von Ferdinand von Schirach, ging es um ein ethisch brisantes Thema. Und auch dort war das Publikum aufgerufen, am Ende selbst einen Richtspruch abzugeben. Genau nach dem gleichen Schema verläuft es hier. „ Gott“ ist wieder ein Theaterstück, das wie ein Gerichtsverfahren abläuft. Verhandelt wird der Fall Richard Gärtner. Er möchte die Herausgabe eines tödlichen Medikaments einklagen. Richard Gärtner ist zwar schon 78 Jahre alt, aber noch bei guter Gesundheit. Trotzdem möchte er nicht mehr weiterleben, weil seine Frau, mit der er 42 Jahre verheiratet war, gestorben ist. Ein Leben ohne sie erscheint ihm sinnlos. Seine Ärztin weigert sich aber, ihm beim Suizid zu helfen und nun wird die Sache vor dem Ethikrat verhandelt. Die rechtliche Frage ist seit einem kürzlich erlassenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts geklärt; offen bleibt die ethische Frage. Darüber streiten nun verschiedene Sachverständige: ein Vertreter des Rechts, ein medizinischer Sachverständiger und ein Bischof, Mitglied der Glaubenskommission der Dt. Bischofskonferenz. Alle tragen ihre Gegenargumente vor, auf die Herr Gärtner und v.a. sein Anwalt antworten. Dabei wird das Thema aus verschiedenen Positionen betrachtet. Manche Argumente kennt man, aber es kommen auch Aspekte zur Sprache, die man nicht gleich im Blickfeld hat. Z.B. Verändert sich eine Gesellschaft, die aktive Sterbehilfe praktiziert ? Wird der emotionale Druck auf alte Menschen groß, ihrem Leben ein Ende zu setzen, da sie nur noch ein Kostenfaktor sind ? Wie stark belastet ein Suizid Angehörige und nahe Freunde? Ist somit nicht jeder Suizidant rücksichts - und verantwortungslos diesen Menschen gegenüber? Besondere Brisanz erhält der verhandelnde Fall, da Herr Gärtner nicht todkrank ist , sondern einfach des Lebens müde. Wie bewertet man dann einen Fall, wenn ein junger Mensch aufgrund belastender Erlebnisse sterben will? Am Ende geht es um die Frage: „ Wem gehört unser Leben?...Gehört es einem Gott? Gehört es dem Staat, der Gesellschaft, der Familie, den Freunden? Oder gehört es nur uns selbst?“ Dies muss jeder Leser, jeder Zuschauer selbst beantworten. Das Buch war für mich noch interessanter als „ Terror“, denn es behandelt ein Thema, das jeden Einzelnen von uns betrifft. Die Frage, „ Wie möchte ich sterben“, hat sich sicher jeder schon gestellt. Das Stück wühlt auf, polarisiert bestimmt auch. Auf jeden Fall fordert es die Auseinandersetzung , unbedingt im Gespräch mit anderen. Die Personen im Stück sind natürlich reine Thesenträger, keine psychologisch ausgefeilte Figuren. Das ist in diesem Fall kein Manko. Ferdinand von Schirach hat mit „ Gott“ wieder ein Buch/ Theaterstück vorgelegt, das ich jedem

  1. Vom Wunsch zu Sterben...

    Die Bücher von Schirachs haben mich bisher immer sehr begeistern können, weshalb ich ohne Lesen des Klappentextes zu diesem Buch griff und ich habe es keineswegs bereut.

    In der Geschichte, aufgebaut als Theaterstück, geht es um Herrn Gärtner, der nicht mehr leben möchte. Er ist nicht schwer krank oder ähnliches, sondern hat einfach keine Lust mehr auf das Leben. Darf man das als Mensch? Muss man nicht natürlich sterben?

    Das Besondere hier ist sicher, dass man jede Menge lernt zum Thema Sterbehilfe und das in Form eines Bühnenstücks, bei dem man nicht nur das Gesagte allein liest, sondern auch was die Protagonisten tun. Mir war ehrlich gesagt so gar nicht bewusst, was alles mal erlaubt gewesen ist und jetzt neuerdings nicht mehr.

    Angehört werden Gutachter jedweder Couleur, selbst die Kirche kommt zu Wort und mittendrin ist man als Leser mit seiner gesellschaftlichen Prägung und den eigenen Gedanken.

    Ich konnte mich sehr gut in die Situation hineinversetzen und das Gelesene hat mich sehr nachdenklich gestimmt, denn wer legt eigentlich fest wie lange man lebt? Man hat Verständnis für Richard Gärtners Wunsch.

    Ein Buch, das in jedem Fall zu Diskussionen führt, die auch zwingend erforderlich sind.

    Fazit: Wichtiges Thema ungemein fesselnd verpackt erzählt. Klare Leseempfehlung!