Raumpatrouille: Geschichten
Inhaltsangabe zu "Raumpatrouille: Geschichten"
Streifzüge im AstronautenkostümDieses Buch ist eine herrliche Überraschung: Matthias Brandt zeigt mit seinem literarischen Debüt, dass er nicht nur ein herausragender Schauspieler, sondern auch ein bemerkenswerter Autor ist.
Die Geschichten in Matthias Brandts erstem Buch sind literarische Reisen in einen Kosmos, den jeder kennt, der aber hier mit einem ganz besonderen Blick untersucht wird: der Kosmos der eigenen Kindheit. In diesem Fall einer Kindheit in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts in einer kleinen Stadt am Rhein, die damals Bundeshauptstadt war. Einer Kindheit, die bevölkert ist von einem manchmal bissigen Hund namens Gabor, von Herrn Vianden, mysteriösen Postboten, verschreckten Nonnen, kriegsbeschädigten Religionslehrern, einem netten Herrn Lübke von nebenan, bei dem es Kakao gibt und dem langsam die Worte ausgehen. Es gibt einen kauzigen Arbeitskollegen des Vaters, Herrn Wehner, einen Hausmeister und sogar einen Chauffeur, da der Vater gerade Bundeskanzler ist. Erzählt wird von komplizierten Fahrradausflügen, schwer bewachten Jahrmarktsbesuchen, monströsen Fußballniederlagen, skurrilen Arztbesuchen und von explodierenden und ebenso schnell wieder verlöschenden Leidenschaften wie z.B. dem Briefmarkensammeln. Nicht zuletzt lesen wir von gleichermaßen geheimnisumwobenen wie geliebten Eltern und einer Kindheit, zu der neben dem Abenteuer und der Hochstapelei auch Phantasie, Gefahr und Einsamkeit gehören. Ein Buch, das man nicht vergessen wird.
Kindheitserinnerungen
Matthias Brand erzählt in seinem Büchlein "Raumpatrouille" Geschichten aus seiner Kindheit in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Wer auf Interna aus dem Kanzlerhaushalt hofft, wird nicht gut bedient, vielmehr sind es kleine Alltagsgeschichten, die in mir, nur drei Jahre jünger als Brandt, eigene Kindheitserinnerungen evozierten. Klar lebte er in gewisser Weise als Kanzlersohn abgeschottet, hatte allerdings durchaus Freiheiten, die, so fürchte ich, heutige Kanzler(innen)kinder nicht hätten. Aber die Erwähnung zahlreicher Produkte aus den frühen Siebzigern, etwa das Fußballschuhmodell "adidas La Plata" oder der Fernsehserie "Percy Stuart" (sofort hatte ich Titelmelodie und -refrain im Ohr) rufen eigenen Kindheitserfahrungen hervor. Auch die Beschreibung der Wohnung eines Freundes weckt (nicht unbedingt positive) Erinnerungen, so das Brokatverkleidete Telefon. Und wer kennt heute noch die Kästen mit 50 Zaubertricks?Eben 70er pur. Insofern ist das Buch eine interessante Zeitreise für alle, die damals ihre Kindheit erlebt haben. Und zu guter letzt wird auch die menschliche Seite des Kanzlers, die des Vaters, deutlich, der durch sein Staatsamt sicherlich wesentlich weniger präsent als andere Familienväter war.