Durch das große Feuer
Die beiden englischen Internatsschüler Henry Gaunt und Sydney Ellwood haben noch etwas Zeit bis zum Abschluss. Doch man schreibt das Jahr 1914 und auch wenn das Leben in der Schulgemeinschaft noch behütet erscheint, so sprechen die Veröffentlichungen in der Schulzeitung über Gefallene und Verwundete eine deutliche Sprache. Trotz der beginnenden Besorgnis, dass der Krieg weder schnell beendet sein wird noch ohne große Verluste stattfinden wird, melden sich etliche der jungen Männer freiwillig. Eine weiße Feder möchte schließlich keiner erhalten. Henry geht zuerst und die Briefe, die er mit Sidney austauscht, sprechen eine deutliche Sprache.
Mit großem Enthusiasmus marschieren die jungen Männer in den Krieg, noch nicht einmal zwanzig oder gerade darüber. Beim Lesen der Ehrenlisten kann einem ganz anders werden. Dennoch ziehen sie reihenweise in den Krieg. So auch nacheinander die Freunde Henry und Sydney. Ihre besondere Beziehung müssen sie verheimlichen. Manchmal verheimlichen sie ihre Liebe auch vor sich selbst. Die britische Freundlichkeit und auch die „stiff upper Lipp“ bestimmen ihren Umgang. Vom Internat in den Schützengraben, kein schöner Gang, doch er wird als notwendig empfunden. Wie lange aber sollen und müssen sie die Nachrichten von Verwundungen oder Todesfällen unter den Kameraden ertragen.
Mit ihrem ersten Roman legt die Autorin gleich ein beeindruckendes Werk vor. In Zeiten eines Krieges, von dem man gehofft hatte, dass etwas derartiges nie wieder stattfinden würde, liest sich die Lektüre nicht immer ganz leicht. Zu sehr steht man unter dem Eindruck der aktuellen Berichte. Dennoch hat die Autorin den Ton der britischen Upperclass getroffen. Man kann sich die Jungen im Internat so gut vorstellen und auch wie sie an der Front verfrüht zu Männern werden müssen. Die liebenswert ruppige Art, die heimlichen Beziehungen, die Freundschaften, die Erlebnisse in den Kämpfen, die eigentlich nur Leid und Verlust hervorrufen. Ein Roman, bei dessen Lektüre einem gleichzeitig leicht und schwer zumute wird. Ein Debüt, das einem die Mentalität der Briten, mit ihrem Durchhaltevermögen und der laxen Freundlichkeit näher bringt und dass einen einmal mehr überzeugt, dass es Kriege überhaupt nicht geben muss.
Feuerprobe für die Liebe und Freundschaft
Im Jahre 1914 wurde Henry Gaunt achtzehn. Er und sein Freund Sidney Ellwood sind in der Upper Sixth einer britischen Eliteschule. Aus der wöchentlichen Schülerzeitung erfahren sie über den Verlauf des Krieges. Akribisch studieren sie die Listen mit den Namen der Gefallenen und Verletzten; viele von ihnen haben sie gekannt. Und alle Soldaten sind für sie Helden, die meisten Schüler würden ihnen nur zu gerne folgen.
Gaunt, von seiner Mutter unter Druck gesetzt, meldet sich als Erster bei der britischen Armee. Er vermisst sehr seinen Freund Ellwood, für den er heimlich tiefste Gefühle empfindet. Als später auch Ellwood an der Front erscheint, wurden sowohl ihre Freundschaft, wie auch ihre Liebe an eine harte Probe gestellt.
In ihrem Debütroman „Durch das große Feuer“ erzählt Alice Winn eine bewegende Geschichte einer unkonventionellen Liebe in einer ungewöhnlichen Zeit. Denn sowohl Gaunts und Ellwoods Liebesbeziehung, wie auch die damalige Zeit, sind alles andere als einfach. Der Kampf im Krieg, von den jungen Männern zuerst als Pflicht und Ehrensache gepriesen, fordert von ihnen Unvorstellbares; verändert ihre Psyche, raubt ihre Gesundheit und letztendlich ihr Leben.
Und genau diese Szenen aus dem Krieg, schonungslos dargestellt, haben mich an die Geschichte gefesselt. Ich hatte das Gefühl mich selbst in dem „blutgetränkten Niemansland“ zu bewegen, den Verletzten und Sterbenden beizustehen, den Angehörigen die Trostbriefe über ihre Helden schreiben zu müssen. Es sind viele erschütternde Bilder des unsinnigen Krieges, in dem die bisherigen Freunde und Familien zu Feinden wurden, in dem ein Menschenleben nichts wert ist.
Meisterhaft skizziert Alice Winn das Porträt der damaligen Gesellschaft, welche die Kriegsverweigerer mit einer weißen Feder beschenkt; einfühlsam erzählt sie über eine ungewöhnliche Liebe und Freundschaften, die wahre Feuerprobe überstehen mussten.
Eine bewegende Geschichte! Gerade in der heutigen Zeit sehr zu empfehlen!