The Blackbird Oracle
In dem maroden ehemaligen Grand Hotel herrscht die resolute Schmottke. Frau Schmottke ist um die 60, verwitwet und arg in die Breite gegangen. Jeden Tag sitzt sie in ihrem Sessel hinter der Rezeption und schikaniert ihr Personal. Rufus, der schwarze Afrikaner ist den schweren Weg aus seiner Heimat Senegal nach Deutschland gegangen, augenscheinlich, um in Schmottkes Küche zu stehen. Mimi, Mitte 40, Anfang 50 mit ihrer schlanken Statur und Doris Day-Frisur ist Mädchen für alles. Ein bisschen Küche, etwas Frühstück und einige Betten.
Novelle ist die durchgeknallte Kleine mit den Tattoos und den Manga Postern, die sich durch die Minibars säuft.
Novelle: „In meinem Kopf ist fast immer Mitternacht.“ S. 31
Tja und Ante, den alle Dante nennen, Kroate, kam letztes Jahr im Seebad an und bleibt auch diesen Sommer. Dante macht sich mit kleinen Reparaturarbeiten nützlich.
Dante hat bisher nur Misserfolge, Pleiten und Schiffbruch erlitten. Hier versucht er sich zu finden, will wissen, warum er genau diese Entscheidungen getroffen hat, die ihn hierher geführt haben. Im Gegensatz zu den anderen hat Dante, dort wo er herkommt alles gehabt, was man sich wünschen kann und sich dann entschieden, alles wegzuwerfen.
Man kann seine Heimat verlassen, aber es gibt keine Gegenwart ohne Herkunft. Niemals und Nirgends. S. 7
Bis auf Mimi wohnen alle Angestellten in den ausgebauten heruntergekommenen Pferdeställen. Rufus und Dante freunden sich an und planen eine Bootsfahrt. Als sich dem Ausflug unvorhergesehen auch Mimi und Novelle anschließen, lüftet Novelle das Geheimnis ihrer Herkunft und schockiert alle gleichermaßen.
Fazit: Was für eine schöne, kluge Geschichte, voller Lebensweisheit und Reife. Eine Ode an die Freundschaft. Salih Jamal erschafft vier Protagonist*innen, die jede*r für sich versehrt ist. Alle sind durch herausfordernde Lebensumstände gegangen und haben ihre Entscheidungen getroffen. Alle haben seelische Wunden davongetragen und alle haben das Bedürfnis wahrgenommen und, in ihrem so Sein respektiert und gemocht zu werden. Die Lebensereignisse aller vier Protagonist*innen lösen Mitgefühl aus, wecken Loyalität und Gerechtigkeitssinn. Der Autor lässt jede*n in den Genuss von Vertrauen kommen und ein wenig heil werden. Zwischenzeitlich werden Tatsachen eingestreut wie, dass in der Sahara mehr flüchtende Menschen gestorben sind, als im Mittelmeer und es wirkt nicht wie Infodump, sondern wichtig auch solchen Themen einen Platz zu geben. Tolle Athmosphäre, schöne Charaktere, viele Einsichten, Spannung und eine gute Prise Humor, das ist der Stoff aus dem die Träume sind. Vielen Dank Salih Jamal für diese gute Unterhaltung.
Großartige mittelalterliche Atmosphäre mit liebenswerter Hauptperson, trotz aller Grausamkeiten humorvoll, auch durch das Schwyzerdütsch
Wir tauchen tief ins schweizerische Mittelalter ein, Anfang 14. Jahrhundert, wo wir in einem kleinen Dorf im Tal Schwyz auf interessante Persönlichkeiten treffen:
Da ist der geheimnisvolle 'Halbbart' mit den Brandwunden im Gesicht, der plötzlich im Dorf auftaucht und dem anscheinend Schlimmes passiert ist. Er nimmt sich des intelligenten Jungen Sebi (eigentlich Eusebius) an und regt ihn zum Denken über das Leben und die Menschen an.
Dieser Sebi ist die Hauptperson des Buches, einer, der alles hinterfragt und auf keinen Aberglauben hereinfällt, anders als seine Zeitgenossen. Durch ihn lernen wir die verschiedensten Lebensumstände der Zeit kennen: das Dorf, Kloster Einsiedeln, eine Schmiede, aber vor allem das Geschichtenerzählen.
Sebi ist ein gradliniger, ehrlicher, liebenswerter Charakter, der sich schnell ins Herz des Lesers erzählt und der hauptsächlich der Grund ist, warum man das Buch am Ende mit Bedauern zuklappt, obwohl es doch 677 Seiten hat. Die sind mir mit keiner Minute langweilig geworden. Trotz aller Grausamkeiten gibt es auch liebenswerte und lustige Momente. Die sind nicht zuletzt der köstlich lautmalerischen Schweizer Sprache geschuldet und deren meiste Wörter man aus dem Zusammenhang versteht. Ein paar Kostproben:
Hundegäggel, in die man besser nicht hineintritt, nach dem Bier war ihm trümmlig, das Herz hat gepöpperlet (386), Mammititti, die mehrbesseren Leut' (313), der Sebi war kein Kräftiger, Brutaler, sondern ein Finöggel.
Ungewöhnliche Sprachbilder: kein Moment für Werktagsworte (50), wegen fehlender Zähne ertrinken ihr die Worte im Mund (392) u.v.m.
Leidenschaftliche Leser neigen dazu, Stellen zu markieren. Hier sind es so viele, dass einem der 'rote Stift' leer wird oder die Klebezettel ausgehen. Diese 'Weisheiten' mögen keine neue Einsichten sein, sondern sind eher so alt wie die Menschheit:
Auch dabei stehen und zusehen, "das ist fast so, als ob man es selber macht." (317)
Aber die Gerechtigkeit ... ist mehr eine Sache für die Predigten als für die Wirklichkeit (330).
Mir scheint, je weniger jemand etwas von einer Sache versteht, desto lauter redet er darüber (372).
Kurz und gut: ein empfehlenswertes Buch, bei dem man ganz nebenbei noch einiges lernt.
Ich habe einen Tag und eine ganze Vergangenheit im „Papierpalast“ verbracht, habe mit der Protagonistin Elle Fehler gemacht, gelitten, gehadert, mich über die Familie geärgert, eine Faust in der Tasche gemacht, geliebt und eine Entscheidung getroffen. Miranda Cowley Hellers Roman und ich haben es einander nicht leicht gemacht. Es gibt Aspekte dieses Romans, die mir schlichtweg einfach nicht gefallen, aber am Ende des langen Sommertages und der darauffolgenden Nacht hat er mich doch eingefangen mit seinen schönen Naturbeschreibungen, seiner mit Grausamkeit und Widerwillen durchzogenen Nostalgie und seiner Geschichte einer Frau, die aus Unerfahrenheit, fehlgeleiteten Schutzwünschen und Vernachlässigung durch die Mutter Wege einschlug, die sie nun anzweifelt. Miranda Cowley Heller ist ein mitreißender Unterhaltungsroman gelungen, der es fast immer schafft, seichte Gewässer zu umschiffen und den Staub der Vergangenheit umfassend aufzuwirbeln.
Schwierig an dem Roman ist die Protagonistin, der man in den Vergangenheitsteilen emotional sehr viel näherkommt als in den Gegenwartsepisoden, in denen man von ihr konsequent – aus Gründen des Spannungsaufbaus - auf Distanz gehalten wird. Die reife Elle entzieht sich immer wieder einer Bindung an den Leser: ihr Verhalten, ihre Gefühlslage und ihre Entscheidungen bleiben seltsam opak und unvorhersehbar. Zum Glück ist dies in den Rückblicken, die inhaltlich ein weibliches coming-of-age nachzeichnen, nicht der Fall, sonst wäre dieser Roman sicherlich nicht so fesselnd gewesen.
Die Autorin widmet Elles Heranwachsen sehr viel Zeit, schlaglichtartig verfolgt man wesentliche Einschläge und herausstechende Aspekte des Älterwerdens, das aber sehr unvermittelt mit dem Jahr 1999 endet und dann in die nahe Vergangenheit springt – als ob nichts in den vergangenen knapp zwanzig Jahren noch der Rede wert gewesen wäre. Allerdings ist das nicht störend oder problematisch, sondern erscheint im Gegenteil recht schlüssig. Problematisch sind eher die nicht umfassend genug gezeichneten Männerfiguren, die sich zwischen Monster, Schwächling und Prince Charming bewegen, da aber der Roman von starken Frauen bevölkert wird, ist auch das verzeihlich.
Was mir aber in der Tat Kopfschmerzen und Ärger bereitet hat, ist die vulgäre Ausdrucksweise. Wenn die Protagonistin wiederholt davon spricht, dass sie mit ihrem Kindheitsfreund nun endlich mal „gefi..“ hat, dann wünsche ich mir nicht nur einen über dieses Wort gelegten Piepston, sondern stelle sowohl die Wortwahl der Autorin als auch die Übersetzung infrage. Wenn es sich bei dem Kindheitsfreund doch um die große, wahre Liebe des Lebens handelt, empfinde ich das mit so anhaltender Freude verwendete Wort „Fi…“ als ungenügend, die ganze Erfüllung, die damit einhergehen soll, wird so doch auf einen rein körperlichen Vorgang reduziert – das ist unpassend, gewöhnlich und überflüssig. Darüber hinaus stelle ich mir insgesamt die Frage, warum Sexualität, Vergewaltigung, Missbrauch, Masturbation, Menstruation etc. eine so raumgreifende Rolle im Heranwachsen von Elle (und ihrer Mutter) spielen müssen. Für mich hätte es die Hälfte der erwähnten Episoden auch getan. Selbst wenn ich analytisch mich darauf einlassen wollen würde und die schönen Naturbeschreibungen als Konstrastfolie zu den vulgären, mehrheitlich Missempfinden erzeugenden Episoden von Sexualität lesen wollen würde, erschließt sich mir in diesem Umfang der Stellenwert dieses Themas nicht. Coming-of-Age besteht nicht nur aus der Entdeckung und der Angst vor Sexualität – das ist mir thematisch einfach viel zu simpel.
Abzüglich dieses Niveauverlusts bleibt „Der Papierpalast“ aber eine lesenswerte Lektüre, der deutlich macht, dass wir eben doch stets unsere Vergangenheit sind.
Wie schon in den Jahren zuvor, verbringt Elle ihren Sommer mit Mann und Kindern im Ferienhaus der Familie, dem „Papierpalast“. Nach einem geselligen Abend mit einem befreundeten Ehepaar ändert sich jedoch alles, denn Elle schläft mit Jonas, den sie seit ihrer Kindheit kennt und mit dem sie viele schöne, aber auch schmerzhafte Erinnerungen teilt. Nun muss sie sich entscheiden, zwischen Ehemann Peter, ihrem Fels in der Brandung und Jonas, der ihr schon ewig so viel bedeutet.
„Der Papierpalast“ ist der erste Roman von Miranda Cowley Heller, die bisher eher für ihre Mitarbeit an diversen Serien bekannt war. Das merkt man ihrer Handlung auch an, denn diese würde sich ganz wunderbar für ein solches Format eignen. Aber der Reihe nach: Der Roman wird in unterschiedlichen Zeitlinien erzählt. Ausgehend von dem verhängnisvollen Abend erzählt die Autorin einerseits aus der Kindheit und Jugend der Protagonistin Elle, zeichnet aber auch nach, was in den Wochen zuvor geschah und wie sich die heikle Situation am Ende auflöst. Zunächst liegt der Fokus ganz klar auf Elle, danach werden Peter und Jonas näher betrachtet. Die Ich-Perspektive und Gegenwartsform lassen das Geschehen dabei sehr unmittelbar und plastisch erscheinen.
Es ist auffallend, dass in diesem Buch Naturbeschreibungen und vor allem das Wasser eine große Rolle spielen. Doch was sich zunächst wie ein netter Sommerroman mit einer kleinen Dreiecksgeschichte anhört, entwickelt sich schon nach kurzer Zeit – und sehr überraschend – zu wirklich schwerer Kost. „Der Papierpalast“ ist vor allem ein Roman über Familienkonstellationen und zeigt dabei schonungslos, wie Eltern gegenüber ihren Kindern versagen. Ohne konkreter auf die Themen eingehen zu wollen: vieles ist zutiefst erschütternd, erklärt aber auch, wie die Figuren dorthin gekommen kamen, wo sie heute sind.
Heute erst wurde verkündet, dass der Roman es leider nicht auf die Shortlist des „Women‘s Prize“ geschafft hat. Schade, denn auch wenn die Handlung sicherlich nicht angenehm zu lesen war, wird das Buch noch lange in mir nachklingen.
Der Klappentext des Buches klang so mysteriös, dass ich nur zu gern mehr erfahren wollte. Was ich dann geboten bekam war so viel mehr als ich jemals zu erwarten gewagt habe.
In der Geschichte geht es um Elle Bishop, die drei Kinder hat und eine glückliche Ehe mit ihrem Mann Peter führt. Jedes Jahr, und das schon seit ihrer Kindheit, verlebt sie ihre Sommer in den Back Wood von Cape Code. Doch in diesem Jahr sieht sie nach langer Zeit ihren Jugendfreund Jonas wieder und alles fühlt sich an wie damals. Was hat das Leben für sie parat?
Der Roman besticht vor allem durch diesen idyllischen Ort, an dem man nur zu gern selbst Urlaub machen würde und durch starke Charaktere bis in die letzte Nebenfigur hinein.
Im Großteil des Romans geht es um die schwierigen Familienverhältnisse, in denen Elle groß wird, denn ihre Kindheit ist von den wechselnden Männern der Mutter und ständigen Umzügen geprägt. Und dann schlägt immer wieder das Schicksal zu.
Es ist ganz klar keine Geschichte, die man in einem Rutsch liest, denn es passiert so viel Dramatisches, teils Verstörendes, dass man die Luft anhält, schlucken muss oder einem die Tränen in die Augen steigen. Daher kann ich nur jedem Leser raten in guter emotionaler Verfassung zu sein, da einen sonst die Geschichte in ihr schwarzes Loch mit hineinzieht.
Viele Leser mögen Elle als distanzierte Person wahrnehmen, aber ich konnte mich enorm gut mit ihr identifizieren und verstand ihr Handeln zu jedem Zeitpunkt. Sie hat so viel durchmachen müssen und dennoch ist sie so stark und lebensfroh, das habe ich sehr bewundert.
Die beiden Männer Jonas und Peter in ihrem Leben haben jeder ihr Gutes für sich und man kann nachempfinden wie schwer es ist so enorm zwischen den Stühlen zu stehen und sich nicht entscheiden zu können.
Die Stimmung im Buch ist teils sehr bedrückend und dennoch schafft es die Autorin mit ihrem Stil den Leser jederzeit mitzureißen und zu fesseln.
Die unterschiedlichen Zeiten, in denen die Handlung spielt, verdeutlichen sehr intensiv, was die gesamte Familie geprägt hat und warum die Figuren so sind wie sie sich geben.
Das offene Ende sorgt dafür, dass man als Leser noch lange grübelt, wie es ausgehen könnte, denn alles scheint möglich.
Fazit: Ich habe diesen Roman mit großer Faszination gelesen und kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Ein absoluter Knaller.
Klappentext:
„Es ist früh am Morgen, alle schlafen noch, als Elle Bishop an einem perfekten Augusttag zum See läuft. Im Sommerhaus der Familie ist etwas passiert: Während Elles Ehemann am vorherigen Abend mit den Gästen lachte, haben Elle und ihre Jugendliebe Jonas sich geliebt. Elle taucht ein ins Wasser, sie weiß, an diesem Tag läuft alles auf eine Entscheidung hinaus.“
Autorin Miranda Cowley Heller hat mit ihrem Buch „Der Papierpalast“ einen außergewöhnlichen Titel gewählt der aber dennoch mehr als treffend ist. Der Papierpalast ist, wenn man so will, die Sommerresidenz der Familie Bishop. Hauptprotagonistin Elle steht mitten im Leben. An diesem einem Tag erleben wir Leser mehr als nur diese eine Sommerparty bei der auch Ellen‘s Jugendliebe Jonas dabei ist. Während die Party läuft, genießen die beiden ihre alte Liebe und dann entsteht der Lauf der Geschichte. Heller hat ein sehr feines Gespür hier bewiesen, denn sie packt nicht nur diesen einen Tag sondern zusätzlich ein halbes Leben in diesen besagten Tag. Wir Leser erleben schöne aber auch sehr traurige und ja, zum Teil, auch verstörende Parts. Wie anderen Lesern ebenfalls aufgefallen ist, ist diese Geschichte nicht so eine leichte Kost wie gedacht. Man muss genau lesen, man muss den Lauf zulassen und man muss auch abschalten können. Die Figuren rücken mit ihren Beschreibungen nicht zu weit an uns als Leserschaft heran aber dafür die Landschaft. Heller beschreibt diese so wunderbar eindringlich, dass das innere Auge herrlich gefordert wird und wir in die Geschichte abtauchen können. Diese Mischung ist sehr gut gewählt und erlaubt uns diesen Abstand auch zu genießen. Die Geschichte von Elle oder auch Wallace oder Anne sind besonders in jeglicher Weise und jeder Leser wird anders mit ihnen umgehen. Heller hat einen sehr passenden Ausdruck für ihre Erzählung gewählt und spannt einen gekonnten Spannungsbogen. Eine einfache Strandlektüre wäre dieses Buch für mich nicht, dafür ist es zum Teil einfach zu heftig, aber es ist eine wahrlich lesenswerte Lektüre. Die Story hat einen besonderen Reiz und der Lesegenuss stimmt von Anfang bis Ende. Der Tenor ist schnell erkannt und wer auch die trüben Dinge gut verträgt, erhält einen sehr gutes Bild vom Papierpalast. Ich vergebe 4 von 5 Sterne.
Von einem guten Fantasy-Buch erwarte ich mir Spannung, glaubhafte Charaktere und ein tolles World-Building. Und dass es mich emotional so richtig involviert und ich in eine neue Welt entführt werde, die so spannend ist, dass ich sie kaum mehr verlassen will, mit Charakteren, die mir ans Herz wachsen und mit denen ich mitfiebere. Ich kenne Bücher, die mich von Anfang an gepackt und nicht mehr losgelassen haben. So etwas habe ich mir hier auch erhofft, nur leider hat mich das Buch in dieser Hinsicht enttäuscht.
Das Buch wird abwechselnd aus der Perspektive von Zafira und Nasir erzählt. Mit keinem davon kann ich mich emotional wirklich verbinden. Was trägt dazu bei? Die sehr komplexe Fantasywelt, in der ich mich noch nicht so ganz zurecht finde. Vor allem aber sehr oft eingebaute, vermutlich arabische Fremdwörter, die sich mir nur erschließen, wenn ich sie hinten im Glossar nachschlage. Immerhin gibt es dieses Glossar. Um sich ein Bild zu machen: die Anzahl der dort nachzuschlagenden Fremdwörter sind knapp 90, dazu kommen 16 Personennamen (immerhin deutlich weniger) und 11 Ortsnamen. Gefühlt war ich beim Lesen aber deutlich zu häufig mit Nachschlagen beschäftigt und das hat mich aus dem Lesefluss rausgerissen.
Die Charaktere werden für mich auch nicht wirklich fühlbar und ich empfinde sie als eher eindimensional. Sie werden zwar in Beziehung zu anderen Menschen gezeigt, aber ebenfalls auf eine Weise, die mich nicht wirklich mitfühlen lässt. Die Handlung schreitet nur sehr langsam voran und hat mich insbesondere in der ersten Hälfte des Buches oft gelangweilt.
Insgesamt hat mich das Buch emotional nicht erreicht und damit war es für mich nicht wirklich spannend zu lesen, weil mir die Charaktere eher gleichgültig blieben. Gleichzeitig kommt einiges an Grausamkeiten in dem Buch vor, was auch nicht so meines war.
Ich werde die Fortsetzung nicht lesen.
Cover:
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Das Titelbild ist sehr vielfältig und der Rabe, die Milchflaschen sowie die Andeutung, dass das Blatt aus einem Skizzenblock herausgerissen wurde, wecken die Neugier. Gleichzeitig wird eine leicht düstere Atmosphäre durch den Raben verbreitet. Mit dem blauen Hintergrund zusammen hat das Buch definitiv meine Aufmerksamkeit erregt.
Inhalt:
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Die 12-jährige Miv lebt mit ihrem Vater, ihrer kranken Mutter und ihrer Tante Jean in einer Kleinstadt der englischen Grafschaft Yorkshire.Nachdem es ihrer Mutter immer schlechter geht und zudem ein Serienmörder die Gegend in Atem hält, erwägt Mivs Vater einen Umzug für einen Neuanfang. Doch das würde für Miv das Ende ihrer Freundschaft mit Sharon bedeuten und das kann sie auf keinen Fall zulassen!
Unter der Annahme, dass sie bleiben kann, wenn es den Mädchen gelingt, den Mörder zu identifizieren, stellen sie Nachforschungen an und beobachten jede verdächtig erscheinende Person in der Nachbarschaft. Ihre Entdeckungen setzen sie auf die "Liste der verdächtigen Dinge". Dabei finden sie viele bisher verborgene Geheimnisse ihrer Mitmenschen heraus und durch ihre Einmischung in deren Leben setzen sie Dinge in Gang, deren Ende sich nicht voraussagen lässt. Und auch ihr eigenes Leben ändert sich unerwartet.
Mein Eindruck:
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"Ich wich den Jungen aus und überlegte dabei, wo diese Regeln herrührten. Regeln, die besagten, dass hübsche Mädchen nicht mit armen oder intelligenten Mädchen spielten. Regeln, die besagten, dass Jungen nicht mit Mädchen befreundet sein konnten und schon gar nicht weiße Mädchen wie ich und Sharon mit Jungen dunklerer Hautfarbe wie Ishtiaq. Ich konnte mich nicht erinnern, wann und wie ich diese Regeln gelernt hatte, und verstand nicht, warum ich sie immer noch befolgte." (S. 75)
Die Handlung wird vorwiegend von Miv in der Ich-Form, aber auch wechselhaft aus der Perspektive anderer beteiligter Personen erzählt. Auf diese Weise bekommt man einen vielfältigen Eindruck in die Gefühls- und Gedankenwelt der Stadtbewohner. Miv ist ein sehr ernstes Mädchen, das sich viele Gedanken über sich und ihre Umwelt macht. Sie ist das komplette Gegenteil ihrer hübschen, empathischen und unbesorgten Freundin Sharon. Aber die beiden bilden ein gutes Team. Ich mochte Miv aufgrund ihres Ehrgeizes, den Fall zu lösen, und wegen ihrer Versuche, möglichst an altbekannten Dingen wie der Freundschaft an Sharon festzuhalten.
Je mehr sie nachforschen, desto mehr sieht Miv ihre Mitmenschen mit anderen Augen. Ihre Freundschaft zu Sharon verändert sich und sie schließt unerwartet neue Freundschaften.
Der Roman ist wie ein gesellschaftliches Kaleidoskop. Themen wie Rassismus, Integration, häusliche Gewalt, Ausgrenzung bestimmter Personengruppen, sexuelle Belästigung uvm. werden hier raffiniert zu einem stimmigen Ganzen verwoben, das auf den letzten Seiten mit einer großen überraschenden Wende und einem schlüssigen Ende aufwartet.
Ein weiterer, spannender Aspekt ist die wahre Historie, denn den "Yorkshire Ripper" und seine Opfer gab es wirklich, und die Autorin webt diese Fakten geschickt in die Handlung mit ein. Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt etwa im Alter ihrer Protagonistin und stammt aus der gleichen Gegend, sodass sie vermutlich in Miv einen Teil ihrer eigenen Erinnerungen verarbeitet. Dadurch wirkt die Erzählung authentisch.
Ich habe diese Freundschaftsgeschichte von der ersten bis zur letzten Seite verschlungen, manchmal hatte ich ein Lächeln im Gesicht, manchmal war ich tief betroffen und am Ende habe ich das Buch zufrieden und bereichert um ein paar Zitate für mein Leben geschlossen. Ich freue mich auf ein weiteres Buch der Autorin!
Fazit:
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Freundschaftsgeschichte im Yorkshire der 1970er-Jahre mit Spannung, Tragik, Humor, viel Herz und realem Hintergrund. Sehr empfehlenswert!
Warum Sharon und Miv beste Freundinnen sind, wissen sie nicht mehr so genau, aber eben das sind sie. Es ist die Zeit als der Yorkshire Ripper umgeht, Nicht nur die jungen Mädchen haben Angst, alleine auf die Straße zu gehen. Man muss etwas dagegen unternehmen. Was wäre, wenn Miv und Sharon den Ripper finden und das Leben wieder sicher ist. Beobachtung ist alles. Wer könnte ein so übles Geheimnis verbergen. Der erste Verdächtige ist der Mann, dem der Eckladen gehört. Da lässt es sich leicht ermitteln, denn sein Sohn geht mit den Mädchen in die selbe Klasse.
Zwei junge Mädchen am Beginn der Pubertät, für die die Jagd nach dem Mörder ein Abenteuer zu sein scheint. Besonders Miv ist von dem Gedanken angetan, ein Verbrechen aufzuklären. Was Sharon und Miv jedoch zunächst eher erreichen ist, dass sie ihre Nachbarschaft besser kennenlernen. So ist der Mann aus dem Eckladen ein netter verwitweter Familienvater und sein Sohn ein toller Kamerad. Dass Vater und Sohn aus Pakistan stammen, stört dabei nur die Idioten. Die drei Jugendlichen kommen gut miteinander aus. Doch so langsam merkt Miv, dass sich die Zeit der Kindheit langsam dem Ende entgegen neigt.
Ein Coming of Age Roman, der einen mit einem warmen Gefühl zurücklässt. Die Freundschaft von Miv und Sharon ist einfach sehr schön beschrieben. Man kann genau nachempfinden, wie sie ein eingespieltes Team sind, dass sich jedoch mit den Monaten leicht auseinander entwickelt. Sie werden eben älter und besonders für Sharon ist das Detektiv spielen nicht mehr ganz so interessant. Sie überlegt, was sie mit ihren Ermittlungen vielleicht anrichten könnten und manchmal ist sie auch einfach lieber mit Ishtiaq zusammen. Die klaren Gedanken von Miv gehen da eher in Richtung Nachforschungen. Sie braucht eben eine Ablenkung von Daheim. Zwei tolle Mädchen, die für immer beste Freundinnen bleiben wollen, auch wenn die Zeiten sich ändern und sie älter werden. Eine Lektüre mit Charakteren zum gerne haben. In einem Moment hätte man sich einen anderen Schritt gewünscht. Aber schließlich ist der Ripper wie allgemein bekannt gefunden und das Leben der jungen Menschen hat sich geändert. Besonders mit hat einen großen Schritt Richtung Erwachsen sein getan.
Die Liste der seltsamen Dinge wird in einem Notizbuch eingetragen, was gut zum Cover passt. Dieses widerum hat so etwas Britisches mit den Milchflaschen, die damals regelmäßig vor die Türen gestellt wurden.
Die Einladung
Gerade kommt Diana Bishop nach Hause. Da sieht sie, dass ein paar Raben um ihre siebenjährigen Zwillinge Becca und Pip herumfliegen. Besorgt tiitt Diana zu den Kindern, bemüht sich nichts anmerken zu lassen. In der Post war auch eine Einladung nach Ravenswood, wo ihre Großmutter mütterlicherseits lebt. Die Großmutter, die Diana kaum kennengelernt hat, weil ihr Vater sie von ihrem Hexenerbe Fernhalten wollte. Auch die Kongregation verlangt nach Dianas Familie. Ihre Kinder sollen auf ihre magischen Fähigkeiten getestet werden. Diana will jedoch, dass ihre Kinder selbst über ihren Weg entscheiden. Mit Matthew bespricht Diana deshalb, dass sie zunächst zu ihrer eigene Großmutter fährt, um sich selbst weiterzuentwickeln.
Bereits zum fünften Mal kann man am Leben von Diana Bishop und ihrem Mann Matthew Clairmont teilhaben. Diesmal möchte und muss sich Diana den Kräften widmen, die ihr innewohnen und die ihre Eltern am liebsten völlig unterdrückt hätten, damit ihr Kind nicht in Gefahr gerät. Doch und will Diana die Einladung ihrer Großmutter annehmen, sich mit ihrer dunklen Magie zu versöhnen. Nicht immer muss die dunkle Magie etwas Schlechtes sein, sie kann auch als anderer Blickwinkel gesehen werden. Diana ist überrascht, was alles vor ihr verborgen war. Sie beschließt, den Sommer über in Ravenswood zu verbringen und ihre Familie zu sich zu holen.
So nebenbei ist Diana eine Hexe und Matthew ein Vampir. Dafür, dass das eigentlich garnicht gehen kann, sind sie ein relativ normales Paar, dessen Eigenschaften sich ergänzen. Die Kinder sind natürlich etwas ganz besonders. Kein Wunder, dass sich alle für sie interessieren. Doch diesmal geht es mehr um die Vergangenheit und die Familie, die für Diana bisher nahezu unbekannt war. Da gibt es spannende Momente und auch solche mit viel Wärme und Gefühl. Insgesamt erscheint dieser fünfte Band der Reihe eher ruhig. Möglicherweise warten in Folgebänden noch größere Turbulenzen. Hier jedoch findet Diana eine Verbindung zu ihrer dunklen Seite und ihre Familie erweitert sich um mehrere warmherzige Menschen. Auch wenn es hier von ein paar Ausnahmen abgesehen eher mäandert, so gibt einem dieser Roman doch ein gutes Gefühl.