Der Wind kennt meinen Namen

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Wind kennt meinen Namen' von Isabel Allende
4.25
4.3 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Wind kennt meinen Namen"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:335
EAN:9783518432006

Rezensionen zu "Der Wind kennt meinen Namen"

  1. Kinder auf der Flucht

    Wien 1938: Nach der Pogromnacht trifft Rachel Adler eine schwere Entscheidung. Sie will ihren 6-jährigen Sohn Samuel retten und lässt ihn mit einem Kindertransport aus dem von den Nazis besetzen Österreich nach England reisen und hofft, dass sie sich später wieder sehen. Doch es kommt anders.
    Rund 80 Jahre später werden 7-jährige Anita Díaz und ihre Mutter bei der Flucht von El Salvador in die USA getrennt, da die amerikanische Regierung rigoros vorgeht. Anita kommt in ein Lager für unbegleitete Minderjährige. Sie flüchtet sich in eine Fantasiewelt.
    Ich habe schon einige Romane von Isabelle Allende gelesen und sie hat mich jedes Mal mit ihren Geschichten packen können. Auch dieser ergreifende Roman hat mich wieder begeistert. Kinder sind in besonderem Maße Leidtragende, wenn die politisch Mächtigen ihre Entscheidungen treffen. Obwohl zwischen den beiden Handlungssträngen eine lange Zeit liegt, hat sich wohl nicht viel verändert.
    Die Entscheidung Rachel Adlers, sich von ihrem Sohn zu trennen, zeugt von ihrer Liebe. Doch das wird nicht nur sie verfolgen. Auch ihr Sohn Samuel hat es nicht leicht. Er wird ein Leben lang darunter leiden, dass er seine Mutter nie mehr wiedergesehen hat. Die Trennung und die Ungewissheit, was mit ihr geschehen ist, belastet ihn. Genauso erschütternd aber ist auch das Schicksal der kleinen Anita, die durch gnadenlose Entscheidungen von Politikern von ihrer Mutter getrennt wird. Auch Anita kann die Trennung nicht verwinden. Glücklicherweise aber gibt es Menschen, denen derartige Schicksale nicht egal sind und die versuchen zu helfen.
    Es ist ein wundervoller und berührender Roman, der zum Nachdenken anregt und den ich nur empfehlen kann.

  1. Beeindruckend, authentisch und zeitlos aktuell

    „Wir sind nicht verloren. Der Wind kennt meinen Namen und deinen auch. Alle wissen, wo wir sind.“ (Zitat Seite 221)

    Inhalt
    Im Dezember 1938 versucht Rachel Adler im chilenischen Konsulat in Wien verzweifelt, Visa für sich, ihren Mann Rudolf, und den gemeinsamen Sohn Samuel zu erhalten. Doch die Zeit drängt und so besteigt der sechsjährige Samuel am 10. Dezember gemeinsam mit vielen anderen Kindern, aber ohne seine Eltern, den Zug nach England und ohne zu wissen, ob und wann er sie wiedersehen wird. Anfang Januar 1982 erreicht die kleine Leticia Cordero aus El Salvador in den Armen ihres Vaters, der in einer dunklen Nacht schwimmend den Rio Grande überquert, die Vereinigten Staaten. Nur durch einen Zufall sind die beiden dem Massaker von El Mozote im Dezember 1981 entkommen. Mitte Oktober 2019 wird die siebenjährige Anita Díaz aus El Salvador nach der illegalen Einreise über Mexiko in die Vereinigten Staaten gewaltsam von ihrer Mutter getrennt und in ein Auffanglager für Kinder gebracht. Dort wartet sie sehnsüchtig darauf, dass ihre Mutter sie findet und abholt. Drei Menschen, tief geprägt durch den Verlust von Heimat und Familie, auf der Suche nach Hoffnung und einem sicheren Platz in ihrem Leben.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um Flucht, Vertreibung, Verlust und Eltern, die alles tun, um ihre Kinder zu retten. Im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen jedoch die Kinder, denen es gelingt, durch Hoffnung und Phantasie Wege aus ihrer beinahe ausweglosen Situation zu finden und Menschen, denen sie früher oder später begegnen und die ihnen helfen.

    Erzählform und Sprache
    Isabel Allende schildert die Geschichte von drei Menschen, die zu unterschiedlichen Zeiten geboren wurden und deren Kindheit jeweils viel zu früh und plötzlich durch prägende Ereignisse zu Ende ist. In voneinander unabhängigen Handlungssträngen folgt sie ihren unterschiedlichen Hauptfiguren in einander abwechselnden Kapiteln. Jedes dieser Kapitel trägt als Überschrift den Namen, der im jeweiligen Abschnitt im personalen Mittelpunkt steht, sowie Ort, Monat, Jahr. So bleibt die Geschichte fließend und übersichtlich zu lesen, während die Ereignisse, ebenso wie die Fragen nach möglichen Zusammenhängen für Spannung sorgen. Die Autorin schreibt einfühlsam und nahe der Realität.

    Fazit
    Eine beeindruckende Geschichte zu zeitlos aktuellen Themen, klug aufgebaute Handlungsstränge, authentische Figuren und Schicksale – ein Leseerlebnis, das nachdenklich stimmt und auch sprachlich überzeugt.

  1. 4
    15. Apr 2024 

    Mr. Bogart

    Samuel Adler ist erst fünf Jahre als er von seiner Mutter von Wien nach England geschickt wird. Im Jahr 1938 werden auch in Österreich die Mitbürger jüdischen Glaubens verfolgt und die Reise nach England scheint die einzige Möglichkeit zu sein, Samuel zu retten. Viele Jahre später flieht Marisol mit ihrer siebenjährigen Tochter Anita von Südamerika in die USA. An der Grenze werden sie aufgegriffen und getrennt. Anita wird in ein Waisenhaus gebracht und verzweifelt wartet sie auf ihre Mutter. Ein wenig Glück im Unglück hat Anita, denn ihr wird die engagierte Sozialarbeiterin Selena an die Seite gestellt, die versucht Marisol zu finden.

    Zwei Schicksale so unterschiedlich, so weit entfernt in der historischen Abfolge und doch mit einer gewissen Ähnlichkeit. Samuel und Anita müssen in ganz jungen Jahren damit leben, dass sie ihre Eltern zumindest vorläufig verloren haben. Samuel hat zunächst wenig Hilfe in England. Seine Zieheltern kommen nicht mit ihm klar, im Waisenhaus geht es rau zu. Erst später findet er ein Ehepaar, die ihn an Kindesstatt annimmt und wo er sich wohlfühlen. Anita ist durch einen Unfall erblindet und so fällt es ihr in der Fremde schwer sich einzugewöhnen. Sie vermisst ihre Mutter und der Gedanke, dass Marisol nicht auffindbar ist macht es ihr noch schwerer.

    Die Schriftstellerin steht für ihre berührenden Romane, mit denen Schicksale und Ereignisse mit eindringlichen Worten beleuchtet werden. Man nimmt Teil an den schmerzhaften Erlebnissen von Samuel, der als Kind eine Art Glück hat, gerettet zu werden, der aber doch lange allein bleibt. Ebenso nimmt man Teil am Entsetzen, dass Anita empfindet als sie von ihrer Mutter getrennt wird. Ihre Mutter, die das Beste für ihr Kind wollte. Es berührt einen wie die Kinder irgendwie vieles überleben und verarbeiten, aber eben nicht alles. Das weiß insbesondere Samuel zu berichten. Zwar gibt es auch Abschnitte, die etwas distanziert wirken. Jedoch bleibt man immer gefesselt und berührt. Man wünscht sich, dass die die Übles wollen nicht mehr zum Zuge kommen und es ist doch klar, dass das nicht so kommen wird.

    Das Cover des Buches ist farbenfroh gestaltet, wirkt aber doch ruhig und ein wenig melancholisch. Dennoch scheint es eine Hoffnung anzudeuten.

  1. Fluchtgeschichten

    In diesem Buch von Isabel Allende geht es um Fluchtgeschichten. Es beginnt mit Samuel, dessen Eltern ihn noch in einen Zug nach England setzen können, ehe sie in den Konzentrationslagern Hitlers für immer verschwinden. Viele Jahre später verliert ein kleines Mädchen, Anita, seine Mutter auf der Flucht vor einem Mörder an der amerikanischen Grenze, wo zu der Zeit die Schergen Donald Trumps sich in Unmenschlichkeit überbieten. Dann ist da noch Leticia, die mit ihrem Vater als einzige Überlebende des Massakers von El Mozote, vor vierzig Jahren aus San Salvador geflohen ist. Wie diese drei und andere Personen zusammentreffen erzählt dieses Buch.

    Isabel Allende ist eine Vielschreiberin, eine routinierte Autorin. In ihrem Buch eilt sie durch viele Themen, von denen jedes einzelne ein Buch wert sein könnte. Die Charaktere bleiben eindimensional und sie bemüht auch öfters einmal die Klischees.
    Das Buch hat Längen und Schwächen, wenn es seine Handlung nicht mit den kriminellen Machtspielen der Politik verknüpft hätte, könnte man es als Schmöker bezeichnen. Dass sie darauf aufmerksam macht ist ihr Verdienst.
    Dieses Buch wird sicher nicht zu den großen Werken der Weltliteratur gezählt werden, aber die Leser von Isabel Allende werden sich über ein neues Buch von ihr freuen, auch über das schöne Cover.