Die Erinnerungsfotografen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Erinnerungsfotografen: Roman' von Sanaka Hiiragi
5
5 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Erinnerungsfotografen: Roman"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:176
EAN:

Rezensionen zu "Die Erinnerungsfotografen: Roman"

  1. Die Aufgaben des Herrn Hirasaka

    Was kommt nach dem Tod? Diese Frage hat wahrscheinlich schon jeden beschäftigt und es ist auch ein Thema fast aller Religionen. Die japanische Autorin Sanaka Hiiragi lässt uns hier an ihrer wunderschönen Idee mit den Erinnerungsfotografen teilhaben: in einer Zwischenwelt landen die gerade Verstorbenen, wählen aus der Vielzahl der Bilder von jedem Tag ihres Lebens eines für jedes Jahr aus, die dann in eine Drehlaterne eingesetzt werden und eine Art Kaleidoskop darstellen, in dem das Leben ganz schnell an einem vorbeizieht.

    Drei Verstorbene unterschiedlichsten Alters und Charakters + ihre vergangenen Leben lernen wir auf diese Art kennen. Und auch einen Teil aus Japans Geschichte: nach dem Krieg die harten Jahre des Wiederaufbaus und die starke Inflation mit der Einführung der neuen Yen-Währung. Außerdem forderte die Ruhr-Pandemie in der Nachkriegszeit 20.000 Menschenleben. (Dies kenne ich auch aus Erzählungen der Mutter meiner jap. Schwiegertochter.)

    Fremd sind wahrscheinlich für die meisten hier die Besonderheiten der japanischen Entschuldigungs-Kultur: z.B., dass eine Erzieherin im Krankenhaus auf den kalten Fliesen des Krankenhauses kniend bei den Eltern ihrer Schützlinge um Entschuldigung bittet, weil einige der Kinder auch an der Ruhr erkrankt waren und ihr Zustand eine Zeitlang lebensgefährlich war. (Ja, wir könnten argumentieren, dass dies schon Ende der 40er Jahre war, aber wir brauchen uns auch heute nur das Personal vom Shinkansen anschauen, das sich entschuldigt, wenn der Zug nur wenige Sekunden Verspätung hat, ja sogar bei verfrühtem Abfahren.)

    Gefallen haben mir neben dieser ruhigen, warmherzigen Geschichte, auch die Lebensweisheiten, die wohldosiert gestreut sind: ‚Das Jetzt ist immer das Ergebnis der Entscheidungen‘ (dieses Plädoyer, das Positive im Leben zu erkennen). Mit meinem Faible für Japan und der japanischen Kultur habe ich jede Seite dieses warmherzigen Romans (ohne Kitsch!) genossen und vergebe nicht nur 5 Sterne, sondern empfehle es wärmstens all jenen, die Interesse an diesem faszinierenden Land haben.

  1. Ein wunderschönes Buch, im wahrsten Sinne!

    !ein Lesehighlight 2023!

    Klappentext:

    „Das Fotostudio von Herrn Hirasaka ist ein magischer Ort: Hier, an der Schwelle zum Jenseits, können die Besucher aus Fotografien ihren persönlichen Lebensfilm zusammenstellen. Hirasaka bietet dabei einen besonderen Service: Jeder Besucher erhält die Möglichkeit, zu einem bestimmten Moment seiner Vergangenheit zu reisen und eins der Fotos aufzufrischen. Ob eine einstige Erzieherin mit blasser Erinnerung ans Nachkriegs-Tokio, ein ermordetes Yakuza-Mitglied, das glaubt, nichts als eine bedauernswerte Schneise der Verwüstung hinterlassen zu haben, oder ein Mädchen aus perspektivlosen Verhältnissen – ihnen allen zeigt Hirasaka: Das Leben ist doch wunderschön, man muss nur im richtigen Moment hinsehen.“

    Die japanische Autorin Sanaka Hiiragi hat den Roman „Die Erinnerungsfotografen“ verfasst. Wer glaubt, hier blanken Kitsch zu lesen, der irrt auf ganzer Linie! Hiiragi erzählt uns eine Geschichte, die mit allergrößter Sicherheit jeder gern erleben wollen würde!

    Fotografien sind ja Erinnerungen selbst an einen bestimmten Moment aber was im Fotostudio von Herrm Hirasaka geschieht, übertrifft eigentlich alle Vorstellungskraft: Er lässt Bilder in gewisser Weise wieder aufleben! Hiiragis Geschichte berührt von der ersten bis zur letzten Seite komplett ohne Kitsch und Kllischee. Es ist eine Mischung aus Roman und Lebensweisheiten gleichermaßen denn Protagonist Hirasaka und seine Crew machen das, was sich schlussendlich jeder noch einmal wünscht: Gedanken/ Erinnerungen lebendig werden lassen/ auffrischen lassen. Hiiragi vermischt beide Genres äußerst gekonnt und zeigt dem Leser nicht nur die japanische Kultur auf, sondern auch, wie wunderbar es wäre, wenn es das Fotostudio von Hirasaka wirklich geben könnte. Allein die Gedanken lassen Gänsehaut aufkommen! Die verlorenen Seelen, die das Fotostudio aufsuchen haben alle, wie jeder von uns, ihren Lebensrucksack zu tragen und negatives erlebt. Hirasakas Möglichkeit ist ein Strohhalm und ein Rettungsanker gleichermaßen und er gibt den Kunden somit eine Stütze und eine Art Pflaster für ihre geschundenen Seelen. Die Botschaft ist bei allen Kunden die gleiche: „Das Leben ist doch wunderschön, man muss nur im richtigen Moment hinsehen.“ und diese legt sich wie ein warmer Mantel nicht nur um die Kunden sondern auch um den Leser selbst. Hiiragis Schreibstil ist unglaublich warm und ruhig. Sie erzählt der Situation entsprechend und verliert sich in keiner Person sondern ist stets fokussiert. Nach beenden des Buches kommt der Wunschgedanken nach genau so einem Fotostudio unweigerlich hoch. Wie schön wäre diese Vorstellung!

    Was sich einerseits wie ein Märchen liest, ist dennoch eine absolut realistisch Botschaft die hier die Autorin Sanaka Hiiragi geschaffen hat: jeden richtigen Moment im Leben zu genießen! Fazit: Eine wunderbare und sehr emotionale Mischugn aus Roman und Lebensratgeber gleichermaßen welches nur aus einer japanische Feder stammen kann! Großartig und so voller Hoffnung! 5 absolut verdiente Sterne hierfür!

  1. 5
    21. Aug 2023 

    Emotional und überraschend

    Hirasaka ist Erinnerungsfotograf. Sein Atelier befindet sich an der Grenze zwischen Leben und Tod und es ist seine Aufgabe, den Menschen, die dort ankommen, beim Übergang zu helfen. Für jeden Tag ihres Lebens existiert genau ein Foto und aus dieser Masse sollen sie für jedes Lebensjahr eines auswählen, das in die große Drehlaterne eingesetzt wird – so dass sie sich am Ende noch einmal das Kaleidoskop ihres Leben ansehen können. Nur Hirasaka selbst hat keine Ahnung, wer er war, bevor er in das Fotostudio kam und hofft jeden Tag darauf, dass ihn einer der Ankommenden erkennt.

    „Die Erinnerungsfotografen“ ist der erste ins Deutsche übersetzte Roman der japanischen Schriftstellerin Sanaka Hiiragi. Die Handlung wird in der dritten Person und der Vergangenheitsform erzählt und bleibt zumeist bei Hirasaka, dem Protagonisten, und seinen jeweiligen Gästen im Studio. Nur ganz am Ende kommt Bote Yama zu Wort, der die Lebensfotos anliefert. Der Schreibstil ist emotional und mitreißend - es gelingt der Autorin, die seltsame Situation aller Beteiligten einzufangen. Vor allem Hirasaka überzeugt durch seine sanfte, geduldige Art.

    Zunächst ist unklar, wie die drei ausgewählten Menschen im Fotoatelier miteinander verbunden sind. Hirasaka begleitet zunächst eine alte Frau, die früher Kindergärtnerin war, dann einen Yakuza, der mit einem Reparaturgeschäft Geld wäscht und schließlich ein kleines Mädchen. Vor allem dieser letzte Fall berührt und schockiert im Kontrast zu den ersten beiden, bei denen der Tod nicht unvermeidlich schien. Bis hierhin lesen wir also im Prinzip drei separate Kurzgeschichten – gut geschrieben, aber nichts völlig Neues.

    Dann jedoch greift die Autorin tief in die Trickkiste und lässt Yama die losen Fäden zusammenführen. Szenen aus jeder der drei Geschichten ergeben auf einmal einen neuen Sinn und eigentlich müsste man das Buch noch einmal vor vorne beginnen, um keinen noch so kleinen Hinweis zu verpassen. Was hier offenbart wird, ist niederschmetternd und herzerwärmend zu gleich und erhebt „Die Erinnerungsfotografen“ von einer netten Kurzgeschichtensammlung zum kleinen Meisterwerk.