Wünschen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Wünschen: Roman' von Chukwuebuka Ibeh
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wünschen: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: S. FISCHER
EAN:9783103975987

Rezensionen zu "Wünschen: Roman"

  1. Schwul in Nigeria

    Kann ein Achtjähriger schon wissen, was ein ‚angemessenes Verhalten‘ bedeutet? Obiefunas Mutter bezweifelt das, wünscht sich aber, dass ihr großer Sohn ‚nur ein kleines bisschen gewöhnlicher‘ wäre.

    Als Obiefuna (bedeutet ‚möge mein Herz nicht verloren gehen‘) im August 1991 als 1. Sohn von Anozie (Vater) und Uzoamake (Mutter) nach einigen Fehlgeburten zwei Wochen zu früh auf die Welt kam, war er ein absolutes Wunschkind und die Hebammen auf der Entbindungsstation waren sofort in ihn verliebt. Auch wirtschaftlich veränderte sich die Situation der Eltern ab diesem Moment zum Guten. ‚Er war hinreißend zu den Menschen, verspielt und gewann mühelos ihre Zuneigung.‘ Als 13 Monate später der 2. Sohn Ekene geboren wurde, fielen immer mehr die Unterschiede zwischen Obiefuna und dem sportlichen, impulsiven Ekene, bzw. den anderen Jungs auf.

    Die Ankunft von Aboy im Oktober 2006 als Lehrling im Haushalt änderte das ganze Gefüge: ein intensiver Blick zwischen Obiefuno und Aboy, bei dem für beide ‚die Zeit für einen Moment still zu stehen schien‘, war Obis Vater aufgefallen. Konsequenz: der Sohn wurde ins Rehoboth Seminary in Owerri verdammt – ein christliches Internat, viele Stunden weit von daheim entfernt, Aboy des Diebstahls bezichtigt und gekündigt.
    Im Internat lernte Obi die Tricks und Kniffe, die man ‚zum Überleben brauchte‘. (Sehr eindrucksvoll und aufschlussreich: die Aufzählung, was er alles hasste!) Und er sammelte seine ersten sexuellen Erfahrungen mit anderen Jungs.

    Dem erst 2000 geborene nigerianischen Autor Chukwuebuka Ibeh ist mit diesem Debüt ein sehr beeindruckendes Werk gelungen. Von der ersten Seite an hatte es mich in seinen Bann gezogen, schon allein wegen der Sprache (Einer meiner Lieblingssätze: „Es ist nicht übertrieben, von dem Menschen, den man liebt, ‚für immer‘ zu erwarten.‘) und des sehr ausgefeilten, aufschlussreichen Portraits des Protagonisten.

    Als die politische Lage in Nigeria aufs Tapet kam – insbesondere das im Jahr 2014 verabschiedete Gesetz, das die Ehe und andere Formen sexueller Beziehungen und Partnerschaften zwischen Menschen des gleichen Geschlechts unter Strafe von 10 bis 14 Jahren stellt, konnte ich das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen! Zu lesen, wie die nigerianische Bevölkerung mit ihren ultrakonservativen Werten dieses Gesetz breit unterstützte und was das im Einzelnen für die queere Gesellschaft bedeutete, war teilweise schwer auszuhalten und wühlte mich vollkommen auf.

    Vollkommen überzeugt vergebe ich fünf Sterne und drücke es allen ans Herz, die auch für diese Themen aufgeschlossen sind.