Totenfrau

Buchseite und Rezensionen zu 'Totenfrau' von Bernhard Aichner
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4 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Totenfrau"

Blum ist Bestatterin. Sie ist liebevolle Mutter zweier Kinder, sie besticht durch ihr großes Herz, ihren schwarzen Humor und ihre Coolness. Blum fährt Motorrad, sie trinkt gerne und ist glücklich verheiratet. Blums Leben ist gut. Doch plötzlich gerät dieses Leben durch den Unfalltod ihres Mannes, eines Polizisten, aus den Fugen. Vor ihren Augen wird Mark überfahren. Fahrerflucht. Alles bricht auseinander. Blum trauert, will sich aber mit ihrem Schicksal nicht abfinden. Das Wichtigste in ihrem Leben ist plötzlich nicht mehr da. Ihr Halt, ihr Glück. Durch Zufall findet sie heraus, dass mehr hinter dem Unfall ihres Mannes steckt, dass fünf einflussreiche Menschen seinen Tod wollten.


Blum sucht Rache. Was ist passiert? Warum musste Mark sterben? Als sie die Antworten gefunden hat, schlägt sie zu. Erbarmungslos. Warum sie das tut? Warum sie dazu fähig ist? Die Antwort darauf liegt Jahre zurück.


Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:448
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442754427

Rezensionen zu "Totenfrau"

  1. "Und ja, es musste sein."

    Handlung:

    Mark, der Mann der jungen Bestatterin Blum, wird vor ihren Augen überfahren und stirbt. Ihre große Liebe, der Vater ihrer Kinder, tot, einfach so. Fahrerflucht, keine Antworten. Ihr glückliches Bilderbuch-Leben bricht in sich zusammen.

    Dann findet sie Tonaufnahmen auf dem Smartphone ihres Mannes, der Polizist war: Interviews mit einer jungen Frau, Dunja, die davon berichtet, wie sie fünf Jahre lang in einem Keller misshandelt, vergewaltigt und gequält wurde. Von fünf Männern: dem Koch, dem Priester, dem Jäger, dem Fotographen und dem Clown. Niemand will Dunja glauben. Nur Mark. Und jetzt auch Blum, die zunehmend der Verdacht beschleicht, dass Mark deswegen sterben musste. Sie sucht nach Antworten… Und dann sucht sie nach Rache.

    Meine Meinung:

    In meinen Augen ist "Totenfrau" ein Thriller, der polarisiert.

    Die Geschichte ist auf den ersten Blick nicht ungewöhnlich für das Genre (auch wenn es sonst meist Männer sind, die auf blutigen Rachefeldzug gehen, und nicht junge Mütter). Tatsächlich fand ich sie sehr spannend, mit enormer Sogwirkung! Sie ließ mich von der ersten bis zur letzten Seite einfach nicht mehr los, ich habe mich nie gelangweilt… Und deswegen liest man doch Thriller.

    Nein, was ich so polarisierend finde, ist die Hauptfigur: Brünhilde Blum.

    Denn Blum mordet.

    Nicht aus Lust am Töten, sondern, weil sie es für zwingend nötig erachtet. Rache. Gerechtigkeit. Schutz möglicher künftiger Opfer der Widerlinge, die sie abschlachtet. Ihre Ziele fand ich nachvollziehbar. Zum Teil habe ich mich sogar mit Unbehagen dabei ertappt, dass ich ihre Methoden billigte oder gar insgeheim guthieß. Kann man - darf man! - rechtfertigen, was sie da tut? Ich habe mich oft gefragt, ob sie nicht andere Wege hätte finden können.

    So polarisierend das ist, so faszinierend ist es meines Erachtens auch.

    Die beinahe gelassene Selbstverständlichkeit, mit der Blum tötet, macht auf traurige Art Sinn. Sie ist als Kind nicht mit Liebe und Verständnis groß geworden, sie wurde abgerichtet zur perfekten Arbeitskraft. Statt mit Puppen zu spielen oder im Park zu schaukeln, musste sie im Bestattungsunternehmen des Vaters schon mit sieben Jahren Leichen waschen und mit zehn Münder zunähen. Spurte sie einmal nicht, wurde sie in einem Sarg eingeschlossen. Was klingt wie die abgedroschene Entschuldigung für den soziopathischen Bösewicht eines Buches, ist hier die Hintergrundgeschichte einer Heldin mit soziopathischen Zügen. Ich fand sehr originell, wie hier die Erwartungen auf den Kopf gestellt werden.

    Fand ich Blum liebenswert? Nein. Fand ich alles gut, was sie tat? Nein. War sie eine interessante Protagonistin? Auf jeden Fall. Aber mitfühlen konnte ich mit ihr nur selten, trotz ihrer tiefen Liebe zu ihren Kindern und Mark. Trotzdem: ich fand sie unglaublich gut geschrieben, gerade weil sie es dem Leser nicht einfach macht. Die anderen Charaktere blieben für mich dagegen eher blass, bloße Randerscheinungen - Statisten in Blums Drama.

    Heftige Emotionen kamen in vielen Szenen gar nicht bei mir an. Das lag sicher vor allem am ungewöhnlichen Schreibstil, denn der ist oft nüchtern, minimalistisch. Kurze Sätze. Dialoge, die aufs absolute Minimum reduziert werden.

    Zitat:
    - Wann kommst du wieder?
    - Spät.
    - Schwierige Dinge?
    - Ja.
    - Welche?
    - Das willst du nicht wissen, Blum.

    Und trotzdem: Ich liebe den Schreibstil und die prägnante "Stimme" des Autors. Sie hat etwas Drängendes, Atemloses, das mich immer wieder gepackt hat. Manchmal erwischten mich die kurzen, abgehackten Sätze eiskalt, wie ein Schlag ins Gesicht, während sich in anderen Szenen sogar eine unerwartete Poesie entfaltete.

    Zitat:
    Sie lächelt, weil sie weiß, dass es bald zu Ende geht. Dass sie aufhören werden zu schreien, dass endlich alles gut sein wird. Warm alles, glücklich fast. Da sind nur sie und der Himmel. Sonst nichts. Endlich leben.

    Für einen Thriller ist die Geschichte sehr gradlinig, und sie hatte für mich nur wenige Überraschungen zu bieten; tatsächlich habe ich zwei unerwartete Wendungen am Schluss schon nach den ersten hundert Seiten vorausgeahnt. Ich fand auch nicht immer alles 100%ig glaubhaft. Blum hat geradezu unverschämtes Glück, ihr fliegen die Antworten oft nur so zu…

    Ich kann mir meine eigene Faszination mit diesem Buch nur so erklären: man weiß eigentlich, was passieren wird, aber das ist auch nicht das Wichtige - was so fesselnd wie verstörend ist, ist Blums Abstieg in einen fatalen, immer schneller werdenden Zyklus der Selbstjustiz. Wie es sie verändert. Was von ihr noch bleibt.

    Fazit:

    Eigentlich ist es fast eher ein Psychodrama als ein Thriller, aber ich fand das Buch unglaublich spannend. Trotz einer eher gradlinigen Handlung konnte ich mich der Anziehungskraft der schwierigen, oft skrupellosen Heldin der Geschichte einfach nicht entziehen. Ihre Handlungen sind so ungeheuerlich wie nachvollziehbar; sie tötet und dennoch ist sie kein Monster. Den Schreibstil kann man wahrscheinlich nur hassen oder lieben, deswegen würde ich auf jeden Fall empfehlen, erstmal eine Leseprobe herunterzuladen.

    Ein bequemes Buch ist es nicht, aber ich fand es sehr lohnend, mich darauf einzulassen und darüber nachzudenken.

  1. 3
    21. Dez 2014 

    Revenge

    Diese Eltern, wie können sie ihre Adoptivtochter nur Brünhilde nennen, sie müssten doch wissen, dass sie ihr ganzes Leben mit diesem Namen herum laufen muss. Doch Vater Hagen ist unerbittlich. Das ist er auch, wenn es um die Ausbildung der Tochter geht. Blum Bestattungen das ist das Unternehmen der Eltern und schon als Kind muss Brünhilde das Geschäft erlernen. Dabei ist sie doch ein Kind. Und jedes Jahr der Urlaub auf dem Boot und eines Jahres kommt der letzte Urlaub. Leider vergessen die Eltern, die Leiter zum Boot herabzulassen, leider schläft Brünhilde ein und hört die Schreie nicht. Das behauptet sie zumindest der Polizei gegenüber und auch Mark gegenüber, der zufällig in der Nähe ist, der zufällig Polizist ist. Mit Mark kommt das Glück in Brünhildes Leben, Brünhilde ist nun nur noch Blum und sie übernimmt die Firma. Doch dann wird Mark vor ihren Augen überfahren. Und Blum tut alles, um die Rätsel, die seinen Tod umgeben, zu lösen.

    Ein wenig fühlt man sich an die Serie Revenge erinnert, wo ebenfalls eine junge Frau, der übel mitgespielt wurde einen Rachefeldzug startet. Doch während Emily Thorne sehr subtil und planvoll vorgeht, handelt Blum sehr direkt und schnell. Ihr Verhalten weckt schon Verständnis. Die Grausamkeiten, die ihr die Adoptiveltern antaten, bereiteten das Feld für ihre Handlungsweise. Die Zerstörung ihrer heilen Welt zerstört auch sie. Am liebsten wäre sie tot, doch für ihre Kinder und den nach einer Krankheit Betreuung benötigenden Schwiegervater muss sie weitermachen. Wie gelähmt in ihrer Trauer entdeckt sie auf dem Handy ihres Mannes Hinweise auf ein grausames Verbrechen, ein Fall, in dem er nicht offiziell ermitteln durfte, da die Hauptzeugin nicht glaubwürdig erschien, der ihn aber nicht losließ. Blum will es wissen und Blum will Rache.

    Etwas hin und her gerissen von dem Thema fällt es schwer, wirklich ein Fazit zu ziehen. Nachvollziehbar schon, dass der Tod des geliebten Menschen Blum dazu bringt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, gegen alle Konventionen und Gesetze. Doch damit so eine Geschichte funktionieren kann, muss der Täter sympathisch werden. Doch so wie die extreme Reaktion ist auch das extreme Glück nicht dazu angetan, diesen Effekt hervor zu rufen. Da kommen Emily oder Dexter besser rüber. Die Totenfrau als Tötungsfrau wäre möglicherweise auch ein Ansatz zur Verwendung ganz schwarzen Humors gewesen. Doch leider vermisst man aberwitziges Grabgeflüster, bei dem ein wiedersinniges Ereignis das nächste nach sich zieht. Als ernst gemeinter Thriller, so gestehe ich ehrlich, war es einfach nicht mein Ding.

  1. Positiv überrascht

    Inhalt:
    Blum ist glücklich in ihrem Leben. Sie hat einen wunderbaren Mann und zwei süße Kinder. Mark ihr Mann trägt sie auf seinen Händen und tut alles damit sie glücklich ist. Doch dann fährt er zur Arbeit und wird mit seinem Motorrad in einen Unfall verwickelt bei dem er stirbt. Der Fahrer flüchtet, doch war es wirklich Fahrerflucht oder war es gar Mord. Blum macht sich auf die Suche nach der Wahrheit und geht über Leichen….

    Meine Meinung:
    Totenfrau begegnete mir seit dem Erscheinen immer mal wieder und war positiv in aller Munde so dass es auch auf meine Wunschliste wanderte.

    Zu Beginn des Buches dachte ich noch an ein Verbrechen das recht normal klingt. Nichts außergewöhnliches, doch dann ging es richtig los und ich wollte mich nicht mehr los reißen. Die Spannung stieg rasant an. Die Handlung beginnt und endet auch vor 8 Jahren und gerade das Ende überraschte mich mehr als alles andere. Ein Ende das nicht jedem gefallen dürfte. Für mich war es perfekt. Es ist ein Ende was man sich in so einem Fall manches Mal wünscht.

    Die ist Thriller der sich durch einen rasanten und spannenden Schreibstil auszeichnet wie ich recht schnell erfahren durfte. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten. Die Sätze ebenfalls. So wird man beim Lesen durch das Buch gejagt. Etwas was ich mag, viel lieber als ausufernde Beschreibungen. Auch sorgt es dafür dass man nicht aufhören mag zu lesen. Ein Pageturner und auf jeden Fall eine andere Art Thriller.

    Eine Frau, Blum (Ihren Vornamen mag sie nicht), geht ihren Weg und der geht auch schon einmal über Leichen und das nicht nur weil ihr Beruf Bestatterin ist. Sie wirkt kaltblütig und gefährlich und doch hat sie Herz und tut nichts ohne Grund. Für ihre Kinder und ihren Mann macht sie alles. Sie macht sich auf die Suche nach Antworten und findet sie auf einem Weg der sie selber überrascht. Blum ist die Hauptperson. Alle anderen sind wichtige Figuren in einem packenden Thriller. Mal Handlanger, mal Opfer, Zeuge, Familie, Bekannte, Freunde. Alles Figuren die wichtig sind für die eigentliche Handlung und doch alle nicht so wichtig wie Blum. Die ganze Geschichte dreht sich um sie.

    Totenfrau hat mich positiv überrascht auch wenn ich viel Gutes hörte hat dieses Buch noch alles übertroffen.