Eroberung

Buchseite und Rezensionen zu 'Eroberung' von Laurent Binet
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4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Eroberung"

Was, wenn in der Geschichte Europas zwei Dinge anders gelaufen wären? Erstens: Die Wikinger wären mit Pferden und eisernen Waffen bis nach Südamerika gesegelt. Zweitens: Kolumbus wäre nie aus Amerika zurückgekehrt. In diesem Fall erobern die Inkas Europa. Sie landen im 16. Jahrhundert in Portugal, besiegen Karl V. in Frankreich und die Anhänger der Inquisition in Spanien. In Deutschland helfen ihnen die Fugger, das viele Gold zu verteilen. Im Herzen von Paris wird eine Pyramide errichtet, in Wittenberg schlägt man nach Luthers Tod die „95 Thesen der Sonne“ an. Federschmuck ziert die Häupter der Europäer, auf den Feldern wächst Quinoa, Schafe sind heilig... Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt? Eine mit sprühendem Witz geschriebene Alternativweltgeschichte, ein fulminantes Vexierspiel, ein brillanter Abenteuerroman. Laurent Binets Bücher sind internationale Bestseller, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Die "Eroberung" Europas durch die Inkas wird in zwanzig Sprachen übersetzt und als Serie verfilmt.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:384
EAN:9783498001865

Rezensionen zu "Eroberung"

  1. 4
    05. Sep 2022 

    Spannende Alternativhistorie

    Dieser Roman berichtet im Stile verschiedener historischer Quellen von einer Alternativgeschichte, in welcher eine Vikingerin zunächst mit ihrer Gefolgschaft entlang der Küste von Nord-, Mittel- und nördliches Südamerika segelt, überall einmal anlegt und dann tiefgreifend die Geschichte der besuchten Völker beeinflusst. Als Kolumbus später über den Atlantik segelt, trifft er auf wehrhafte Völker, die ihm seine Heimreise verwehren. Und umgekehrt, Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts erobern die Inkas tatsächlich Westeuropa, bringen die uns bekannte Geschichte mächtig durcheinander und treffen auf viele historische Persönlichkeiten.

    Eine Stärke des Romans: Interessant erzählt und dabei trotzdem lehrreich sowohl bezogen auf die damaligen mittel- und südamerikanischen Völker als auch bezogen auf die europäische Geschichte. Durch mein erworbenes Schulwissen hatte ich bisher nie einen so guten Überblick, wer eigentlich von wem im 15./16. Jh. Zeitgenosse war. Auch die ganzen Verbandelungen von Religion und Staat waren mir nur als Fakten bekannt, aber bisher nicht wirklich greifbar. Obwohl der Roman eine andere Geschichte erzählt, steckt viel Wahres in ihm.

    Doch Obacht, man sollte sich nicht von den ersten Seiten des Buches abschrecken lassen. Diese sind im Stile alter nordischer Sagen geschrieben und wirken zunächst einmal sehr trocken. Das ändert sich hin zu einer lebhaften Erzählung mit dem ein oder anderen Überraschungsgast. Zum Ende hin hätte ich mir - wenn vielleicht auch im Schnelldurchlauf - eine kleine "Prognose" gewünscht, wie sich Europa und Mittel-/bzw. Südamerika über das 16.Jh. hinaus entwickelt hätten in dieser Alternativgeschichte. Wir verbringen zum Schluss sehr viel Zeit im Turm mit Michel de Montaigne, El Greco und Miguel de Cervantes, da hätte ich mir etwas mehr Ausblick auf die kommenden Jahrhunderte gewünscht.

    Aber gut, insgesamt handelt es sich hierbei um einen gelungenen Roman, der ein interessantes Gedankenexperiment durchspielt. Europa und die Welt (aber doch vor allem Europa) hätten definitiv so einiges von den Inkas lernen können. Eine empfehlenswerte Lektüre.

  1. Irrwitzige Utopie

    Selten hat man Absurderes gelesen: Angenommen, ein paar abtrünnige Wikinger hätten einst Südamerika bereist, hätten hier und da ein bisschen gesiedelt und äußerst kampflustige Nachkommen hinterlassen, was könnte daraus entstehen? Und wenn sie dann noch Christopher Columbus von der Rückreise seiner Mission abhalten, dann wird es folgenschwer.

    Hier erobern die Inkas Europa und drehen den Spieß um, was eine hoch interessante alternative Geschichtsschreibung zur Folge hat. Da konvertiert doch Heinrich VIII einfach zu diesem neuen Sonnenglauben, wenn er die Scheidung nicht durchbekommt, Sonnenkönig Atahualpa lässt zu Wittenberg die „95 Thesen der Sonne“ anschlagen und wenn dieser Luther weiter Ärger macht, wird er beseitigt. Jahrzehntelange Glaubenskriege fallen aus, dafür kämpft man anderswo.

    Das ist schräg, neu und sehr originell, ein großer Spaß, den man vermutlich umso mehr genießt, je mehr Geschichtswissen man aufweisen kann. Ich fürchte, mir sind zahlreiche Feinheiten entgangen, aber das macht nichts, ich bin auch so höchst begeistert.
    Nur das Ende hätte ich mir anders gewünscht. Ich hatte mit einem großen Knall gerechnet, stattdessen verfolgt man die Irrwege des glücklosen Cervantes, mit dem ich nicht so viel anfangen konnte.

    Trotzdem ist dieses Buch eine toll erzählte Utopie, ein wundervoll gelesenes Hörbuch, ein großer Spaß und ein Mustread für Historiker.