Der Leopard: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Leopard: Roman' von Giuseppe Tomasi di Lampedusa
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5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Leopard: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:400
EAN:9783492059848

Rezensionen zu "Der Leopard: Roman"

  1. Ein historisches Meisterstück

    "Der Leopard" (italienischer Originaltitel: "Il Gattopardo") ist ein Roman von Giuseppe Tomasi di Lampedusa, der 1958 posthum veröffentlicht wurde. Der Roman ist ein klassisches Werk der italienischen Literatur und bietet einen detaillierten Einblick in die soziologischen und -politischen Veränderungen im Sizilien des 19. Jahrhunderts.

    Die Geschichte spielt auf Sizilien während der Zeit des Risorgimento, der Bewegung zur Einigung Italiens, in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Roman beschreibt den Niedergang des sizilianischen Adels und die aufkommende bürgerliche Klasse.
    Die Hauptfigur des Romans ist Don Fabrizio Corbera, Fürst von Salina. Er ist ein stolzer und alter Aristokrat, der mit Wehmut die Veränderungen um sich herum beobachtet.
    Die Handlung setzt im Jahr 1860 ein, als Garibaldis Truppen auf Sizilien landen. Dies markiert den Beginn eines tiefgreifenden politischen Wandels. Don Fabrizio ist sich der Unvermeidlichkeit dieser Veränderungen bewusst, begegnet ihnen jedoch mit Skepsis.

    Der Fürst ist das Oberhaupt einer großen Familie, in der sein geliebter Neffe Tancredi Falconeri eine besondere Rolle spielt. Tancredi schließt sich den Truppen Garibaldis an und symbolisiert die neue Generation, die sich den veränderten Zeiten anpasst. Tancredi verliebt sich in Angelica Sedàra, die Tochter eines wohlhabenden, jedoch nicht adeligen Bürgermeisters. Ihre Beziehung steht symbolisch für den Übergang von der alten Aristokratie zu einer neuen Gesellschaftsordnung. Die politischen Veränderungen nehmen ihren Lauf. Don Fabrizio wird ein politisches Amt angeboten, das er jedoch ablehnt. Er erkennt, dass seine aristokratische Welt im Niedergang begriffen ist und die neuen Machthaber seine traditionellen Werte kaum teilen. Ein zentrales Ereignis des Romans ist der Ball im Salina-Palast, der den Höhepunkt der alten Welt darstellt, der kurz vor ihrem Untergang steht. Während des Balls reflektiert Don Fabrizio über die Vergänglichkeit der Macht und den einstigen Glanz der Aristokratie.

    Der Roman endet mit dem Tod von Don Fabrizio Corbera, im Jahr 1883. Er stirbt im Bewusstsein, dass seine Ära vorbei ist und die Welt sich ohne seinen Einfluss weiterdreht.

    Der historische Kontext von "Der Leopard" ist authentisch, aber die einzelnen Figuren und ihre Geschichten sind erfunden, wenngleich sie stark von realen Personen und Ereignissen beeinflusst sind. Die Hauptfigur, Don Fabrizio Corbera, Fürst von Salina, ist zwar eine fiktive Figur, jedoch stark inspiriert von Lampedusas eigenem Urgroßvater.

    Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman „Der Leopard“ zeichnet sich durch eine besonders sorgfältige und kunstvolle Sprache aus. Diese Sprache trägt maßgeblich zur Atmosphäre und Tiefe des Werks bei.
    Lampedusa verwendet eine poetische, bildhafte Sprache, um die sizilianische Landschaft, die prachtvollen Paläste und die emotionalen Zustände seiner Figuren zu beschreiben. Diese poetische Qualität schafft eine eindringliche und lebendige Welt, die den Leser unmittelbar in die Zeit und den Ort des Geschehens versetzt. Beispiele hierfür sind die detailreichen Naturbeschreibungen, die oft metaphorisch die Zustände und Veränderungen der Charaktere und der Gesellschaft reflektieren.

    „Aber der Garten, eingeengt und fast zerdrückt von seiner Umfriedung, strömte Gerüche aus, die ölig, fleischlich und leicht faulig rochen wie die von den Reliquien gewisser Heiliger abgesonderten aromatischen Säfte. Die Nelken übertrumpften mit ihrem Pfeffergeruch den protokollarischen Duft der Rosen und den ätherischen der Magnolien, die schwer gebeugt in den Ecken standen, und dazwischen war auch das feine Aroma der Minze spüren, vermischt mit dem kindlichen der Akazie und dem süßlichen der Myrte, während aus dem Zitrusgarten jenseits der Mauer ein erotischer Hauch von ersten Orangenblüten herüberschwappte.“

    Der Roman ist durchzogen von Metaphern und Symbolen, die tieferliegende Bedeutungen transportieren. Ein bekanntes Beispiel ist der Leopard selbst, der das Wappen des Hauses Salina ziert und den Stolz und den Niedergang der sizilianischen Aristokratie symbolisiert.

    Die Dialoge sind präzise und oft mit subtilem Humor und Ironie durchzogen. Sie spiegeln die verschiedenen sozialen Schichten und die jeweiligen Charaktereigenschaften der Figuren wider. Der Fürst von Salina, ein komplexer Charakter, wird durch seine Dialoge und inneren Monologe als nachdenklicher, melancholischer und zugleich scharfsinniger Beobachter seiner Zeit dargestellt.

    Das Titelbild zeigt einen Leoparden, der halb sichtbar ist und nach links aus dem Bild verschwindet.

    Anmerkungen zum Roman, zur Übersetzung, zu einzelnen Stellen sowie eine Inhaltsangabe vervollständigen das Werk.

    Fazit
    "Der Leopard" ist ein bemerkenswertes Werk, das sowohl als historischer Roman als auch als philosophische Meditation über Wandel und Vergänglichkeit beeindruckt. Lampedusas Fähigkeit, komplexe Charaktere zu erschaffen und die tiefgreifenden sozialen Veränderungen der Zeit zu erfassen, machen den Roman zu einem unverzichtbaren Klassiker der italienischen Literatur.
    Die Sprache in „Der Leopard“ ist ein Schlüsselelement, das die Atmosphäre, die Charakterzeichnung und die thematische Tiefe des Romans prägt. Durch seine meisterhafte Sprachkunst schafft Lampedusa ein Werk von großer literarischer Bedeutung und bleibender Schönheit.
    Das berühmte Zitat von Tancredi aus dem Roman "Il Gattopardo" an seinen Ziehvater Fürst Fabrizio lautet:

    "Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern."

    Dieses Zitat fasst eine zentrale Erkenntnis des Romans zusammen und illustriert die paradoxe Natur des Wandels und der Beständigkeit in einer sich verändernden Gesellschaft.

    Der Roman hat mich so sehr begeistert, dass ich ihn definitiv noch einmal lesen werde. Es steckt so viel darin.

  1. Opulentes Meisterwerk, Klassiker der Weltliteratur

    Weltklassiker. Nicht nur die fremde Welt Siziliens und des siz. Adels, auch eine bildhaft poetische Sprache und kluge, zeitlose Gedanken.

    Ich muss keine Rezension schreiben und eigentlich wollte ich das genießen. Aber ich tu's nun doch, 'zu Ehren' von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Das mag jetzt theatralisch klingen, aber er hat es verdient, auch wenn er es nie lesen wird. Tragischerweise hat er auch den großen Erfolg seines einzigen Romans nicht erlebt, sondern ist vorher gestorben. Zweimal wurde sein Manuskript von renommierten italienischen Verlagen abgelehnt, aber dann wurde es auf Anhieb ein Klassiker der Weltliteratur.

    Was ist denn nun so Besonderes an diesem Buch, das kaum Handlung hat und wo es um eine längst vergangene Zeit geht, die des Niedergangs einer ganzen Gesellschaftsklasse, des Feudaladels auf Sizilien? Es beginnt in unruhigen Zeiten um 1860, als der Revolutionär Garibaldi auf der Insel landete und es um ein einiges Italien geht.

    Hauptperson ist der löwenhafte Fürst Fabrizio, der den Leoparden im Wappen hat. Daneben lernen wir seine Familie und seinen Neffen Tancredi kennen, der die schöne Angelica heiraten wird. Diese ist die nicht standesgemäße Tochter eines Bürgermeister in Donna Fugata, wo sich der Sommersitz der Fürstenfamilie befindet. Als eine Art Gegenspieler repräsentiert er eine aufsteigende Klasse von neureichen Profiteuren, wo Geld gleichbedeutend mit politischem Einfluss ist. Der Name zählt weniger, man brauchte Geld, 'Geld, um Stimmen zu kaufen...' (88).

    Dies zeigt sehr deutlich, warum es sich um einen Klassiker handelt, denn die Mechanismen der Macht, der Politik, der Gesellschaft sind immer die gleichen.

    Natürlich werden entsprechende Gedanken geäußert und Gespräche geführt – wobei sich der Fürst des Niedergangs seiner Gesellschaftsschicht und seiner Familie deutlich bewusst ist, aber es sind keine langweiligen gesellschaftspolitischen Gespräche, sondern Tomasi erzeugt eine ganz besondere Stimmung, eine überbordende Symphonie der Sinneseindrücke: die Natur, die sizilianische Landschaft, das Essen, das Wetter. Über allem hängt eine leicht morbide Melancholie. Und man kann sicher sein, dass alles eine symbolische Bedeutung hat, dass die vielen Metaphern nicht zufällig gewählt wurden. Das sagt Tomasi selber; dennoch muss man nicht alles verstehen wollen, sondern kann es einfach intuitiv auf sich wirken lassen.

    Es gibt auch humorvolle und sarkastische Untertöne und drastische Beschreibungen. Viele Gedanken sind in bildhafte Worte verpackt:

    'Ärgernisse, die wie Ameisen hervorgekrochen waren' (117), in einem Brief 'Tinten- und Gefühlsschnörkel' (122), Tänzer 'wie schwarze Krähen'. Es gibt eine Sterbeszene, die den hochgelobten Klassikern der Welt in nichts nachsteht.

    Damit will ich es gut sein lassen; ich könnte noch lange von diesem Roman schwärmen, dessen Zauber mich nach ein paar Seiten des Einlesens wieder eingefangen hat und der mir bei diesem zweiten Lesen noch mehr Genuss als beim erstenmal bereitet hat.

    Wer Freude an Klassikern hat, an schöner Sprache, an Nachdenkenswertem, wer keine 'Action' braucht, dem kann man dieses Buch wärmstens empfehlen.

    P.S. Bemerkenswertes Cover: der Leopard verschwindet aus dem Bild...