Die Grasharfe

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Grasharfe' von Truman Capote
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Inhaltsangabe zu "Die Grasharfe"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:252
EAN:9783518467954

Rezensionen zu "Die Grasharfe"

  1. Kampf um Liebe und Selbstbestimmung

    Nach dem Reinfall mit Capotes hochgelobtem 'Kaltblütig' hatte ich ein wenig Bedenken, 'Die Grasharfe' zu beginnen, wurde aber angenehm überrascht. Es ist leicht zu lesen, dennoch tiefgründiger als man denkt und eine interessante Mischung: melancholisch, witzig, fast slapstickartig und das alles in einer bildhaft-poetischen Sprache, was ich so sehr mag. Es geht um Einsamkeit und die Suche nach Liebe, um Selbstbestimmung und einen Schwesterkonflikt.

    Der Ich-Erzähler Collin blickt als Erwachsener auf die Zeit zurück, als er zwischen 11 und 16 Jahren als Waise bei zwei unverheirateten Tanten in einem kleinen Ort in den Südstaaten aufwuchs. Verena ist die reichste Frau im Städtchen, herrisch und bestimmend, während ihre Schwester Dolly sich ihr unterordnet, Menschen meidet und nur für ihre selbstgebraute Medizin lebt. Als ihre Schwester ihr auch dieses letzte Restchen an selbstbestimmtem Leben nehmen will, kommt es zum Aufstand und letztlich zu einer Veränderung.

    Dieses Aufbegehren ist in eine etwas kuriose Geschichte verpackt, denn Dolly, ihre schwarze Freundin Catherine und Collin ziehen sich in ein Baumhaus zurück. Dazu gesellt sich noch der Richter im Ruhestand Charlie Cool (nomen est omen?) und es kommt zu skurrilen Begegnungen, z.B. mit Schwester Ida und ihren fünfzehn Kindern und zu slapstickartigen Vorfällen, als alle unter dem Baumhaus durcheinander purzeln. Der Humor kommt auch nicht zu kurz: 'Sie sitzen auf meinem Vater', sagt Dolly, als sich Ida auf einen Grabstein setzt. Es gibt aber auch durchaus ernste Gespräche über Liebe und Vertrauen und bemerkenswerte Sätze über Einsamkeit und Selbstbestimmung.

    Das Ende hätte vielleicht ein wenig runder sein dürfen, denn man muss nicht in Kürze über den weiteren Werdegang der Personen informiert werden. Oder vielleicht doch? Es ist jedenfalls ein lesenswertes Büchlein mit mehr Tiefgang als man auf den ersten Blick denkt.