Eve: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Eve: Roman' von Amor Towles
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4 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Eve: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:224
EAN:9783446281257

Rezensionen zu "Eve: Roman"

  1. Niveauvolle und spannende Satire

    REZENSION – Nach dem Überraschungserfolg seines im Jahr 2011 veröffentlichten Debütromans „Eine Frage der Höflichkeit“ gab der damalige amerikanische Investmentbanker Amor Towles (60) zwei Jahre später seinen Beruf zugunsten der Schriftstellerei auf und wurde 2016 mit seinem in über 30 Sprachen übersetzten Roman „Ein Gentleman in Moskau“ zum internationalen Bestseller-Autor. Doch bereits 2013 hatte er eine Figur aus seinem Erstlingswerk herausgegriffen und in den USA mit „Eve in Hollywood“ einen leider weniger beachteten satirischen Kurzroman über die letzten 1930er Jahre in der US-Filmindustrie nur als E-Book veröffentlicht. Im Juli erschien nun diese nach zehn Jahren wiederentdeckte Novelle unter dem Titel „Eve“ beim Hanser Verlag erstmals als Buch.
    In „Eine Frage der Höflichkeit“ hatte die Erzählerin Katey Kontent sich an ausgelassene Sommer-Erlebnisse als 25-Jährige im New York der späten 1930er Jahre gemeinsam mit ihrer Jugendliebe Tinker Grey und ihrer besten Freundin Evelyn „Eve“ Ross erinnert. Der Roman endete damit, dass Eve mit dem Zug nach Chicago fuhr, dann aber entschied, nach Hollywood weiterzufahren. Dort wurde sie schon bald mit der jungen Schauspielerin Olivia de Havilland gesehen.
    „Eve war in New York eine kleine Unruhestifterin, und irgendetwas sagte mir, dass sie dort draußen wahrscheinlich auch für Ärger sorgte“, schrieb Amor Towles zum Erscheinen seiner Fortsetzungsgeschichte „Eve“. Sie beginnt mit dieser Zugfahrt nach Los Angeles. In Hollywood freundet sich Eve dann mit der erst 22-jährigen Schauspielerin Olivia de Havilland an, die gerade im Film „Vom Winde verweht“ als Melanie Hamilton besetzt ist. Beide jungen Frauen genießen das Leben – bis Olivia mit Nacktfotos erpresst wird. Mit Unterstützung ihrer seit Ankunft in Hollywood gewonnenen Kontakte – dazu gehören der pensionierte Kriminalbeamte Charlie, der alternde Schauspieler Prentice sowie der junge Hotel-Chauffeur Billie – macht sich Eve ans Werk, die Erpresser auszuschalten, um den Ruf und die Karriere ihrer Freundin Olivia zu retten.
    Amor Towles lässt seine Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven sich entwickeln, in dem er kapitelweise die Hauptfigur wechselt – mal begleiten wir den ehemaligen Kriminalbeamten, der seine lange nicht mehr genutzte Berufserfahrung wieder einsetzen darf, mal den alternden Schauspieler, dessen einstiger Ruhm längst verblasst ist, und immer wieder die junge Eve, die gewitzt, raffiniert und skrupellos die dominierende Männerwelt mit den Waffen einer Frau reinlegt.
    „Eve“ beginnt zunächst als Gesellschaftssatire. Der Autor schildert die Zeit der legendären 1930er Jahre in Hollywood, in der sich die aufstrebenden Filmstudios gegenseitig die Akteure abjagen und im harten Konkurrenzkampf bereit sind, jedes Mittel einzusetzen: „Studioleiter … fesseln Schauspieler in Verträgen von der Dicke des Telefonbuchs. … Sie sind geheimniskrämerisch und raffiniert und manipulativ und würden selbst mit der eigenen Mutter keinen trockenen Cracker teilen.“ Doch schon nach wenigen Kapiteln wird aus der allgemeinen Gesellschaftssatire zusätzlich ein spannender, durchaus auch unterhaltsamer Kriminalroman, dessen Geschehen – durch den immer schon nach nur wenigen Seiten erfolgenden Wechsel des Protagonisten dramaturgisch raffiniert aufgebaut – fast zum pausenlosen Weiterlesen zwingt.
    Was erst drei Jahre später Amor Towles Roman „Ein Gentleman in Moskau“ zum internationalen Bestseller machen wird, ist auch schon in „Eve“ zu spüren – dieser ihm eigene elegante und dank der Übersetzerin Susanne Höbel unverändert angenehme Sprachstil, der alles so leicht und locker, so unbeschwert und selbst die härtesten satirischen Tiefschläge gegen die Filmindustrie Hollywoods immer noch witzig erscheinen lässt. In Towles Figur des alternden Schauspielers Prentice kann man einen Vorläufer seines Moskauer Gentleman erkennen, leben doch beide als „Gefangene“ in einem Nobelhotel. Es gibt also gleich mehrere Gründe und macht großen Spaß, den schon zehn Jahre alten Kurzroman „Eve“ von Amor Towles endlich lesen zu dürfen.

  1. Schall und Rauch

    Mein Hör-Eindruck:

    30er Jahre. Ein Mann und eine Frau im Zug nach Los Angeles: Charlie, eher alt, ein ehemaliger Polizist, und Eve, die durch eine große Narbe im Gesicht auffällt und nicht viel von sich preisgibt. In Los Angeles verlieren sich die Beiden aus den Augen, und auch der Leser muss zunächst auf sie verzichten.

    Dafür lässt Towles ihn eintauchen in die Welt Hollywoods. Eine bunte Welt tut sich auf, aber auch eine menschenverachtende. Ein alter Schauspieler, dick geworden und seit langem ohne Rollen, verzweifelte Menschen, junge ehrgeizige Schauspielerinnen, die nach oben kommen wollen, die Macht der Produzenten und ihr Konkurrenzkampf, Verträge, die die Schauspieler knebeln, windige Juristen, Intrigen und skrupellose Agenten – hier zeigt der Autor die Filmindustrie aus verschiedenen Blickwinkeln. Es kommt ihm offensichtlich nicht auf die Handlung an, sondern auf eine Beschreibung der nach außen hin so glanzvollen Welt des Films. Allerdings zerfasert der Roman durch die vielen Perspektiven. Towles kritischer Blick ist unübersehbar, wird aber immer gemildert durch seinen eleganten, humorvollen Erzählton. Und diesen Erzählton trifft der Sprecher Hans Jürgen Stockerl perfekt.

    Im 2. Teil mausert sich der Roman unvorhergesehen zu einem Kriminalroman. Nacktfotos von berühmten Schauspielerinnen, Erpressungsversuche und Korruption sind die Zutaten, und mittendrin Eve. Eve hat sich zwischenzeitlich mit Olivia de Havilland angefreundet und übernimmt nun den Schutz ihrer Freundin. Sie erweist sich als starke Frau: willensstark, durchsetzungsstark, nervenstark. Hier mäandert die Erzählung, weil ein- und dieselbe Handlung aus einer jeweils anderen Perspektive erzählt wird und damit Tempo verliert.
    Bis zum Schluss fragt sich allerdings der Leser, wer Eve eigentlich ist. Sie gibt nichts von sich preis, und auch der Autor lässt sie als geheimnisvolle Schöne stehen.

    Sehr schön die Schlusszene: Beim Dreh von „Vom Winde verweht“ wird die Kulisse übermalt, um die Auswirkungen des Krieges zu zeigen. Alles nur Schall und Rauch, wie das Leben.

  1. Hollywood in den 30er Jahren

    Im neuen Roman von Amor Towles steht eine attraktive junge Frau im Mittelpunkt: Evelyn Ross genannt Eve. Sie reist mit dem Zug von New York nach Los Angeles und wohnt in einem Hotel in Beverley Hills. Sie lernt eine Reihe von Männern kennen, wie zum Beispiel den älteren, nicht mehr aktiven Schauspieler Prentice Symmons und Charlie, den Polizisten im Ruhestand und freundet sich mit der Schauspielerin Olivia de Havilland an, die auf den Beginn der Dreharbeiten von “Vom Winde verweht“ wartet. Eve wird von einem Studio engagiert, um den jungen Star zu beschützen. Die beiden Frauen gehen oft zusammen aus, besuchen viele angesagte Lokale. Eines Tages erhält Olivia einen Erpresserbrief mit einer hohen Geldforderung. Wenn sie nicht zahlt, ist sie ruiniert. Unbekannte haben in einer Umkleidekabine eine versteckte Kamera eingebaut, die junge Frauen ohne ihr Wissen nackt fotografiert. Eve forscht nach, wer hinter der Sache steckt und davon profitiert. Auch Ex-Polizist Charlie ist informiert und beobachtet die Übergabe des Geldes, wird aber außer Gefecht gesetzt, bevor er aktiv werden kann.

    Der Roman entwickelt erst in der zweiten Hälfte ein bisschen Spannung, wirkt aber insgesamt mit den Episoden um unterschiedliche Figuren und ihrer Sicht auf Eve ziemlich zusammenhanglos und beliebig aneinandergereiht. Manche Szenen sind ganz amüsant, aber das reicht mir nicht. Von “Ein Gentleman in Moskau“ war ich begeistert. “Eve“ hat mich enttäuscht.

  1. 4
    12. Jul 2024 

    vergnügliche Lektüre nicht nur für Kinoliebhaber

    Hollywood Ende der 1930iger Jahre, in den MGM Studios produziert David O. Selznick den Film "Vom Winde verweht". Evelyn Ross ist eine Schönheit aus dem Mittleren Westen. Diese junge, kühle Blondine "mit dem scharfen Blick eines Killers" trifft hier auf die ebenso noch junge Schauspielerin Olivia de Havilland, die durch den von Selznick produzierten Film später zu Weltruhm gelangen wird. Bis dahin ist Olivia, in Hollywood zwar schon ein Star, noch ein schüchternes, mageres, allzu braves Mädchen und die selbstbewußte Eve nimmt sie unter ihre Fittiche.

    Hollywood ist auch in diesen Zeiten, in denen der Roman spielt, ein gefährliches Pflaster. In den Filmstudios, Bars und auf angesagten Partys wird mit harten Bandagen gekämpft. Klatsch und Tratsch und insbesondere die Boulevardjournalisten befeuern das Intrigenspiel um Macht, Reichtum und Glamour. Doch die Titelfigur Eve ist mit allen Wassern gewaschen. Sie behauptet sich in dieser Welt mit Hilfe eines abgehalfterten, ehemals sehr berühmten, älteren Schauspielers, der die Mechanismen der Filmindustrie bestens durchschaut, und mit Hilfe eines verwitweten Polizisten im Ruhestand. Der Roman beginnt mit einer Zugfahrt von New York über Chicago nach Los Angeles. Hier begegnen sich Eve und der Polizist im Ruhestand Charlie Granger, der besonders im zweitenTeil des Romans zum Einsatz kommt, denn hier entwickelt sich die Geschichte zu einem spannenden Krimi mit diversen Actioneinlagen.

    In eleganter Sprache beschreibt Amor Towles mit ironischem Unterton den Kosmos der Reichen und Schönen, der abgebrühten Schlitzohren, der gescheiterten Existenzen, die sich nur noch durch kriminelle Machenschaften über Wasser halten können, der Stars und Starlets.

    Mir haben die Dialoge zwischen Eve und ihren Gegenspielern, hauptsächlich Männern und Gaunern, die sich für besonders clever und hartgesotten halten, gut gefallen. Die geheimnisvolle Schönheit Eve, die aufgrund einer Narbe im Gesicht keine Aussicht auf eine Karriere in L. A. hat, erinnerte mich mit ihrer kühlen Intelligenz an die junge Lauren Bacall, die Philip Marlowe, gespielt von Humphrey Bogart, in "The Big Sleep" ordentlich den Kopf verdreht.

    Sehr schön charakterisiert fand ich auch Olivia de Havilland, die "Dehavvy", die versucht, ihrem Image als braves Mädchen zu entkommen, durch ihre Rolle als Melanie in "Gone with the Wind" Anerkennung als ernsthafte Schauspielerin erlangt und doch ihre Wunschrolle der Königin Elizabeth in "Günstling einer Königin" Bette Davies überlassen muß.

    Ein toller, sehr unterhaltsamer und vergnüglich zu lesender Roman, der nicht nur Cineasten gefallen wird. Ich vergebe 4 Sterne.

  1. Pures Lesevergnügen!

    Das Buch von Amor Towles beginnt mit einem kultivierten Parlando der verschiedenen Protagonisten, das sich langsam, ohne, dass der Leser es ahnt, zu einem literarischen Kriminalstück entwickelt. Die Szenen spielen im Hollywood der dreissiger Jahre und sind verknüpft mit den großen Filmstudios der Zeit, die auch heute noch existieren und sowohl ihren Zauber als auch ihre Macht ausüben. Eve, die Titelheldin war die "neueste Nachtigall in der Stadt" und eine Frau par excellence.
    Eine leichte Lektüre in eleganter Sprache, gewürzt mit Humor und Schmerz, die direkt nebeneinander liegen.
    Ein Autor, der schon lange Jahre den Menschen in der Gesellschaft beobachtet hat, seine klugen Schlüsse daraus zieht und fein formuliert, in einer geschliffenen und durchdachten Sprache, die von Bildung, Weltläufigkeit und Kultiviertheit zeugt.
    Ein absolut unterhaltsames Buch, das mir großes Lesevergnügen bereitet hat!
    Von diesem Autor werde ich sicher noch mehr lesen.