Happy Hour
In diesem Debütroman von Marlowe Granados begleiten wir die 21jährige Ich-Erzählerin Isa und ihre gleichaltrige Freundin Gala von Mitte Mai bis Anfang September während ihrer Zeit in New York.
Isa und Gala sind von London aus angereist. Sie wohnen in Brooklyn in einem Zimmer zur Untermiete. Als sie dort ankommen, steigt gerade eine Party. Niemand der übrigen jungen Mitbewohner des zwei Geschosse großen Hauses scheint sich für ihren Einzug zu interessieren. Man hatte schlicht vergessen, dass sie kommen. Das Zimmer ist nicht groß, sie teilen sich ein Bett, die Badezimmertür schließt nicht richtig, der Preis für diese Unterkunft ist dennoch horrend.
Aber was soll's ? Die beiden Protagonistinnen sind jung und attraktiv, es geht um Partys, hippe Outfits, coole Cocktails, Männer und Glamour. Es ist Sommer, es ist heiß in New York. Hot town, summer in the city, ein Lebensgefühl, das in diesem Roman gut rüberkommt.
Wie finanzieren die beiden das ? Zunächst durch einen flohmarktähnlichen Stand auf diversen Markets, wo sie mitgebrachte Kleidung verkaufen. Alles illegal, ohne Greencard, ohne Krankenversicherung, und es rechnet sich auch nicht. Also halten die beiden sich zusätzlich mit in cash und schlecht bezahlten Jobs wie Statistenrollen in Fernsehshows oder als Aktmodell über Wasser und lassen sich durch Einladungen auf hippe Partys, in teure Restaurants, zu Vernissagen und durch Übernachtungen von diversen Männern aushalten.
Das alles liest sich gut und ist in ironischer Sprache geschrieben. Allerdings war mir die Ironie an manchen Stellen zu viel. Irgendwann war mir schon klar, dass Isa die Klientel, die sie in angesagten Clubs und Bars, in stylischen Häusern und in teuren Restaurants umgibt, insgeheim verachtet. Dennoch gibt es für sie und Gala keinen anderen Weg als den hier eingeschlagenen, um an der Welt der Reichen und Privilegierten teilhaben zu können. Zu sehr liebt Isa den Glamour, die Schönheit von Mode und Inneneinrichtungen, den Luxus.
New York ist nun mal teuer, was soll man machen, wozu ist man selbst jung und schön. Irgendwer wird die beiden Freundinnen schon einladen, etwas zu essen und zu trinken und eine Schlafgelegenheit wird sich ergeben und auch das nötige Kleingeld wird jemand spendieren, um notfalls per Taxi in das überteuerte gemietete Zimmer zurückzukehren.
Das Eintauchen in das glitzernde, von Prominenten und Reichen bevölkerte Nachtleben New Yorks ist unterhaltsam zu lesen. Was mir gefehlt hat, war Tiefgang. Nebenbei erfährt man zwar, dass die Freundinnen abmagern, sie haben Hunger, sie wissen nicht, ob sie das Geld für die Miete für den nächsten Monat zusammen bekommen. Das Leben im schicken New York ist hart, wenn man arm ist, scheint die Botschaft zu sein. Dennoch wurde mir das, was hier eigentlich vermittelt werden soll, nicht hinreichend ausgearbeitet. Zu wenig stellen sich die Protagonistinnen in Frage.
Es geht immer weiter mit den Partys, dem wilden Leben. Dann wird Isa von einem reichen Unternehmer an den Strand in die Hamptons eingeladen. Die Schilderung Isas Aufenthalts in dessen Haus hat mir richtig gut gefallen. Ich dachte, jetzt ist der Autorin die Wende zur anspruchsvollen Literatur gelungen, denn klar wird, Isa gehört einfach nicht dazu, zu dieser Welt der Reichen und Schönen. Doch der Roman flaut wieder ab.
Man hätte m. E. viel mehr aus diesem Stoff machen können. Für ein Debüt nicht schlecht, aber zu mehr als 3 Sternen reicht es für mich nicht.
Anstrengende Lektüre, die meine Erwartungen enttäuschte
Ich bin mit „Happy Hour“ überhaupt nicht warm geworden. Irgendwie ist der Schreibstil zwar flüssig und die Kapitel können theoretisch schnell gelesen werden. Doch handlungstechnisch fand ich den Roman extrem repetitiv, gleichzeitig anstrengend und leer.
Vom Klappentext ausgehend habe ich mir sommerliche Gossip Girl Vibes erhofft, gepaart mit gesellschaftskritischen Elementen. Beim Lesen war ich aber schnell ernüchtert. Zwar gehen Isa und Gala ständig feiern, doch das Ganze könnte zum einen auch überall sonst als in New York stattfinden (so wenig kommt da ein entsprechender Vibe rüber), zum anderen haben mich die Schilderungen einfach nur runtergezogen. Alle Begegnungen sind so oberflächlich wie austauschbar, ständig tauchen neue Charaktere auf, die wenige Seiten später schon wieder vergessen sind. Neben den Partys besteht das Leben der beiden aus ständiger Geldnot, Hunger und schlechten Entscheidungen. Leichtigkeit? Fehlanzeige!
Auch bekommt Isa als Protagonistin einfach keine Tiefe. Auf den letzten Metern gibt es mal einige Einblicke in ihre Gefühlswelt, aber den Moment kann die Autorin nicht halten. Auch ihre Freundinnenschaft zu Gala fand ich überwiegend schwer auszuhalten - ich hätte beide Beine in die Hand genommen, wenn ein Mensch so mit mir umgehen würde.
Neben all dem exzessiven und überhaupt nicht problematisierten Alkoholkonsum kommt mir persönlich die angekündigte Gesellschaftskritik einfach auch zu kurz. Alltagsrassismus und -sexismus sowie Klassismus werden immer mal angedeutet, gehen für mich bei aller Langeweile und Anstrengung schlicht unter.
Die wechselnden Jobmöglichkeiten für Isa fand ich durchaus interessant und das Buch liest sich wirklich recht flüssig. Das sind aber die einzigen Pluspunkte und ich war einfach nur froh, als die Banalität der Handlung endlich ein Ende hatte. Wer den Roman nicht am Stück liest, wird nach wenigen Tagen wahrscheinlich komplett vergessen haben, was eigentlich passiert ist - und das ist für die weitere Handlung auch nicht schlimm.
Leider eine große Enttäuschung meiner Erwartungen!