"Die Insel des Dr. Moreau" ist eine bitterböse Dystopie, die im Original 1896 erschien. Der Ich-Erzähler, ein junger Mann namens Edward Prendick, hat im Südpazifik Schiffbruch erlitten und wird von einem Arzt namens Montgomery aufgefischt, der seinerseits mit einer Fracht von lebenden Tieren nach einer einsamen Insel unterwegs ist. Der Kapitän des Schiffs, selbst eine Art Desperado, will, nachdem die Insel erreicht und Montgomery ausgeschifft ist, auch den Erzähler Prendick gleich mit ins Wasser zurückschmeißen. Nach einigem Hin und Her wird Prendick dann doch mit auf die Insel genommen und fließt vor Dankbarkeit über. Damit fängt sein Unglück aber erst richtig an. Herr der Insel ist ein Dr. Moreau, ein offensichtlich größenwahnsinniger Arzt, mitsamt einer ganzen Horde von Gestalten, die halb menschlich, halb tierisch zu sein scheinen. Bei seinen Streifzügen über die Insel stellt Prendick fest, dass die Bewohner halbwegs verständlich sprechen, eine gewisse Ordnung einhalten und einer Reihe von Gesetzen gehorchen, die Dr. Moreau ihnen eingetrichtert hat - zum Beispiel, dass sie aufrecht gehen und die Bäume nicht zerstören sollen. "Sind wir nicht Menschen?" lautet eine der Affirmationen, die sich die grotesk verstümmelten Horrorwesen immer wieder zurufen. Trotzdem fürchtet Prendick sich vor diesem unheimlichen Volk fast zu Tode. Das wachsende Entsetzen des Erzählers dominiert das ganze Buch, das in Anbetracht des Erscheinungsjahrs einen erstaunlich modernen Eindruck macht. Dabei ist nicht mal die Übersetzung neu. Die Liebeskind-Ausgabe stützt sich auf die alte Übersetzung von Greve aus dem Jahr 1906.
Das Buch ist geeignet, sich erstklassig zu gruseln - und allen Glauben an die Menschheit zu verlieren. Prendick, der eine ganze Reihe Katastrophen überlebt, ist am Ende psychisch gebrochen, ähnlich wie Swifts Gulliver, der von Menschen nichts mehr wissen will und nur noch mit Pferden spricht. Wells ist Allgemeingut, man kann seine Werke umsonst bei Gutenberg runterladen. Der Grund, warum ich diese Ausgabe dringend empfehle, ist die Arbeit des Illustrators Bill Sienkiewicz, die das Buch auf das Level einer genial bebilderten Graphic Novel hebt. Wer möchte, kann sich auf der Homepage des Künstlers einen Eindruck verschaffen, wie Sienkiewicz mit durchaus konventionellen künstlerischen Mitteln eine ganz eigene Geschichte erzählt. Sie ist nicht immer deckungsgleich mit dem, was im Text steht, und öffnet völlig neue Räume zur Interpretation. Dicke Lese- und Betrachtungsempfehlung und ein herzliches Danke an den Liebeskind Verlag für diese tolle Ausgabe.
"Sind wir nicht Menschen?"
"Die Insel des Dr. Moreau" ist eine bitterböse Dystopie, die im Original 1896 erschien. Der Ich-Erzähler, ein junger Mann namens Edward Prendick, hat im Südpazifik Schiffbruch erlitten und wird von einem Arzt namens Montgomery aufgefischt, der seinerseits mit einer Fracht von lebenden Tieren nach einer einsamen Insel unterwegs ist. Der Kapitän des Schiffs, selbst eine Art Desperado, will, nachdem die Insel erreicht und Montgomery ausgeschifft ist, auch den Erzähler Prendick gleich mit ins Wasser zurückschmeißen. Nach einigem Hin und Her wird Prendick dann doch mit auf die Insel genommen und fließt vor Dankbarkeit über. Damit fängt sein Unglück aber erst richtig an. Herr der Insel ist ein Dr. Moreau, ein offensichtlich größenwahnsinniger Arzt, mitsamt einer ganzen Horde von Gestalten, die halb menschlich, halb tierisch zu sein scheinen. Bei seinen Streifzügen über die Insel stellt Prendick fest, dass die Bewohner halbwegs verständlich sprechen, eine gewisse Ordnung einhalten und einer Reihe von Gesetzen gehorchen, die Dr. Moreau ihnen eingetrichtert hat - zum Beispiel, dass sie aufrecht gehen und die Bäume nicht zerstören sollen. "Sind wir nicht Menschen?" lautet eine der Affirmationen, die sich die grotesk verstümmelten Horrorwesen immer wieder zurufen. Trotzdem fürchtet Prendick sich vor diesem unheimlichen Volk fast zu Tode. Das wachsende Entsetzen des Erzählers dominiert das ganze Buch, das in Anbetracht des Erscheinungsjahrs einen erstaunlich modernen Eindruck macht. Dabei ist nicht mal die Übersetzung neu. Die Liebeskind-Ausgabe stützt sich auf die alte Übersetzung von Greve aus dem Jahr 1906.
Das Buch ist geeignet, sich erstklassig zu gruseln - und allen Glauben an die Menschheit zu verlieren. Prendick, der eine ganze Reihe Katastrophen überlebt, ist am Ende psychisch gebrochen, ähnlich wie Swifts Gulliver, der von Menschen nichts mehr wissen will und nur noch mit Pferden spricht. Wells ist Allgemeingut, man kann seine Werke umsonst bei Gutenberg runterladen. Der Grund, warum ich diese Ausgabe dringend empfehle, ist die Arbeit des Illustrators Bill Sienkiewicz, die das Buch auf das Level einer genial bebilderten Graphic Novel hebt. Wer möchte, kann sich auf der Homepage des Künstlers einen Eindruck verschaffen, wie Sienkiewicz mit durchaus konventionellen künstlerischen Mitteln eine ganz eigene Geschichte erzählt. Sie ist nicht immer deckungsgleich mit dem, was im Text steht, und öffnet völlig neue Räume zur Interpretation. Dicke Lese- und Betrachtungsempfehlung und ein herzliches Danke an den Liebeskind Verlag für diese tolle Ausgabe.