"Manchem Leser, der Jules Vernes REISE UM DIE ERDE IN 80 TAGEN gut kennt, werden sicher die seltsamen Unstimmigkeiten und merkwürdigen Ungereimtheiten aufgefallen sein, die in diesem Roman enthalten sind: etwa die geheimnisvolle Herkunft Phileas Foggs, sein geradezu roboterhaftes Benehmen, sein unerklärlich nachsichtiges Verhalten dem Detektiv Fix gegenüber und die rätselhafte Tatsache, daß um 20 Uhr 50, als er bei seiner Ankunft in London dem Zug entstieg, alle Uhren zu schlagen begannen, was 10 Minuten vor der vollen Stunde alles andere als üblich ist. Generationen von Übersetzern und Herausgebern haben an diesen Geschehnissen herumgerätselt und sie zu interpretieren und zu kommentieren versucht." (Klappentext)
Mir sind derlei Unstimmigkeiten nie aufgefallen, was ich mir so erkläre: als ich das Buch zum ersten Mal las, war ich so um die 10 und fand eigentlich alles merkwürdig. Und als ich eben nochmal nachsah, stellte ich fest, dass die Uhren, die die Uhrzeit von 20.50 Uhr "schlagen", in meiner Ausgabe gar nicht vorkommen. In der bei Gutenberg hinterlegten uralten Ausgabe heißt es: "... als der Gentleman auf dem Bahnhof ankam, schlug es acht Uhr fünfzig auf allen Uhren Londons", was mir eher eine poetische Verbrämung scheint als eine berichtete Tatsache. Und was das roboterhafte Benehmen angeht, steht in meiner Ausgabe: "Es ist bekannt, zu welchen beklagenswerten Handlungen sich diese extravaganten Engländer unter dem Eindruck einer fixen Idee hinreißen lassen."
Mit anderen Worten, mir kam nie etwas komisch vor an dem Original (außer vielleicht, dass Frau Auda diesen Stockfisch heiratet statt den ungleich liebenswerteren Passepartout). Philip José Farmer sieht das aber anders und sucht nach einer Erklärung. Und er hat sie gefunden: Phileas Fogg (der nicht ohne Grund seine Initialen mit dem Autor teilt) stammt nicht von der Erde. Vielmehr hat er eridanische Vorfahren, stammt also von einer der beiden außerirdischen Mächte ab, die die Menschheit zu deren Wohl (!) zu kolonisieren suchen. Die andere außerirdische Macht, die Capellaner, hat sich ebenfalls auf der Erde breit gemacht. Von dem Kampf dieser beiden Mächte bekommen die Menschen zum Glück gar nichts mit. Wenn hin und wieder etwas Merkwürdiges geschieht, zum Beispiel dass er plötzlich irgendwo neunmal glockenartig knallt (die bekannten Uhrenschläge) oder dass, um ein verbürgtes Ereignis zu nennen, ein Schiff mit Namen Mary Celeste ohne Besatzung im Atlantik treibt, dann finden menschliche Verschwörungstheoretiker mehr oder weniger glaubhafte Erklärungen. Auf Farmers Erklärung ist noch keiner gekommen: der neunmalige Knall erfolgt regelmäßig bei der Benutzung eines "Distorters" (ein Materietransmitter, der beiden rivalisierenden Mächten zur Verfügung steht), und auf dem genannten Schiff wurde ein solcher benutzt. Q.e.d.! Zu unserem Glück endet das Buch zwar versöhnlich, aber wenn es irgendwo neunmal knallt, wissen wir jetzt, dass gerade in unserer Nähe ein Distorter benutzt wurde. (Oder jemand etwas an der Matrix verstellt hat.)
Wie Phileas Fogg sind auch Passepartout und Frau Auda, die eine recht aktive Rolle spielt, Eridaner und gehören zu den Guten. Kapitän Nemo, der eine unwürdige Rolle spielt, gehört zu den Capellanern und stürzt am Ende seiner Laufbahn in die Reichenbachschlucht. Das ist jedoch nicht Farmers Schlussfolgerung, sondern die eines Wissenschaftlers namens Bill Starr, der in einem Aufsatz im "Baker Street Journal" bewiesen hat, dass Kapitän Nemo und Moriarty ein und dieselbe Person sind. Der Aufsatz ist am Ende des Buches in voller Länge abgedruckt. Wer Lust bekommen hat, mal wieder Verne zu lesen, wird nach Lektüre dieses Aufsatzes außerdem Lust haben, mal wieder Sherlock Holmes zu lesen.
Farmers Buch ist köstlich und unbedingt lesenswert - wenn man Fan des Verne-Buchs ist und es hinreichend kennt. Sonst lohnt sich die Lektüre kaum. Jedenfalls kann Farmers Buch das Original von Verne nicht ersetzen. Aber sehr nett flankieren.
Es ist schade, dass Farmer nirgends auf Winnetou eingeht. Der ist doch bestimmt auch Eridaner gewesen.
"DIese extravaganten Engländer ..."
"Manchem Leser, der Jules Vernes REISE UM DIE ERDE IN 80 TAGEN gut kennt, werden sicher die seltsamen Unstimmigkeiten und merkwürdigen Ungereimtheiten aufgefallen sein, die in diesem Roman enthalten sind: etwa die geheimnisvolle Herkunft Phileas Foggs, sein geradezu roboterhaftes Benehmen, sein unerklärlich nachsichtiges Verhalten dem Detektiv Fix gegenüber und die rätselhafte Tatsache, daß um 20 Uhr 50, als er bei seiner Ankunft in London dem Zug entstieg, alle Uhren zu schlagen begannen, was 10 Minuten vor der vollen Stunde alles andere als üblich ist. Generationen von Übersetzern und Herausgebern haben an diesen Geschehnissen herumgerätselt und sie zu interpretieren und zu kommentieren versucht." (Klappentext)
Mir sind derlei Unstimmigkeiten nie aufgefallen, was ich mir so erkläre: als ich das Buch zum ersten Mal las, war ich so um die 10 und fand eigentlich alles merkwürdig. Und als ich eben nochmal nachsah, stellte ich fest, dass die Uhren, die die Uhrzeit von 20.50 Uhr "schlagen", in meiner Ausgabe gar nicht vorkommen. In der bei Gutenberg hinterlegten uralten Ausgabe heißt es: "... als der Gentleman auf dem Bahnhof ankam, schlug es acht Uhr fünfzig auf allen Uhren Londons", was mir eher eine poetische Verbrämung scheint als eine berichtete Tatsache. Und was das roboterhafte Benehmen angeht, steht in meiner Ausgabe: "Es ist bekannt, zu welchen beklagenswerten Handlungen sich diese extravaganten Engländer unter dem Eindruck einer fixen Idee hinreißen lassen."
Mit anderen Worten, mir kam nie etwas komisch vor an dem Original (außer vielleicht, dass Frau Auda diesen Stockfisch heiratet statt den ungleich liebenswerteren Passepartout). Philip José Farmer sieht das aber anders und sucht nach einer Erklärung. Und er hat sie gefunden: Phileas Fogg (der nicht ohne Grund seine Initialen mit dem Autor teilt) stammt nicht von der Erde. Vielmehr hat er eridanische Vorfahren, stammt also von einer der beiden außerirdischen Mächte ab, die die Menschheit zu deren Wohl (!) zu kolonisieren suchen. Die andere außerirdische Macht, die Capellaner, hat sich ebenfalls auf der Erde breit gemacht. Von dem Kampf dieser beiden Mächte bekommen die Menschen zum Glück gar nichts mit. Wenn hin und wieder etwas Merkwürdiges geschieht, zum Beispiel dass er plötzlich irgendwo neunmal glockenartig knallt (die bekannten Uhrenschläge) oder dass, um ein verbürgtes Ereignis zu nennen, ein Schiff mit Namen Mary Celeste ohne Besatzung im Atlantik treibt, dann finden menschliche Verschwörungstheoretiker mehr oder weniger glaubhafte Erklärungen. Auf Farmers Erklärung ist noch keiner gekommen: der neunmalige Knall erfolgt regelmäßig bei der Benutzung eines "Distorters" (ein Materietransmitter, der beiden rivalisierenden Mächten zur Verfügung steht), und auf dem genannten Schiff wurde ein solcher benutzt. Q.e.d.! Zu unserem Glück endet das Buch zwar versöhnlich, aber wenn es irgendwo neunmal knallt, wissen wir jetzt, dass gerade in unserer Nähe ein Distorter benutzt wurde. (Oder jemand etwas an der Matrix verstellt hat.)
Wie Phileas Fogg sind auch Passepartout und Frau Auda, die eine recht aktive Rolle spielt, Eridaner und gehören zu den Guten. Kapitän Nemo, der eine unwürdige Rolle spielt, gehört zu den Capellanern und stürzt am Ende seiner Laufbahn in die Reichenbachschlucht. Das ist jedoch nicht Farmers Schlussfolgerung, sondern die eines Wissenschaftlers namens Bill Starr, der in einem Aufsatz im "Baker Street Journal" bewiesen hat, dass Kapitän Nemo und Moriarty ein und dieselbe Person sind. Der Aufsatz ist am Ende des Buches in voller Länge abgedruckt. Wer Lust bekommen hat, mal wieder Verne zu lesen, wird nach Lektüre dieses Aufsatzes außerdem Lust haben, mal wieder Sherlock Holmes zu lesen.
Farmers Buch ist köstlich und unbedingt lesenswert - wenn man Fan des Verne-Buchs ist und es hinreichend kennt. Sonst lohnt sich die Lektüre kaum. Jedenfalls kann Farmers Buch das Original von Verne nicht ersetzen. Aber sehr nett flankieren.
Es ist schade, dass Farmer nirgends auf Winnetou eingeht. Der ist doch bestimmt auch Eridaner gewesen.