Die Schuld

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Schuld' von Samuel W. Gailey
4.5
4.5 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Schuld"

Seit dem tragischen Unfall, der ihre Kindheit brutal beendete, wird Alice O‘Farrell von ihrer Vergangenheit heimgesucht. Im Jahr 2005 musste sie auf ihren vierjährigen Bruder Jason im Haus ihrer Eltern aufpassen. Er bemalte ihr Schlafzimmer mit Fingernagellack und sie schrie ihn an, sodass er sich verzog. Während sie die Spuren zu beseitigen versuchte, machte er sich auf den Weg in den Keller und schaffte es, sich im Trockner einzuschließen, wo er starb. Von Schuldgefühlen geplagt, rannte Alice von zu Hause weg. Sie lebte auf der Straße unterm Radar, ertränkte ihre Schuld in Alkohol und zog häufig weiter, um nicht gefunden zu werden. Sechs Jahre später ist sie Alkoholikerin und arbeitet als Barkeeperin in einem herunterge-kommenen Striplokal in Harrisburg. Als sie nach einer weiteren betrunkenen Nacht neben der Leiche ihres Chefs aufwacht, findet sie eine Tasche mit Drogen und 91.000 Dollar in bar. Das Geld könnte ein Ausweg sein. Es folgt eine gnadenlose Hetzjagd, angeführt von Sinclair, einem mächtigen Drogenhändler, der unerbittlich und brutal ist. Doch Alice klammert sich an die Hoffnung, dass sie ihr Leben ändern kann. Dass die Dinge besser werden. Dass sie sich eines Tages mit ihren Eltern versöhnen kann und sie ihr vergeben werden.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:312
Verlag: Polar Verlag
EAN:9783948392963

Rezensionen zu "Die Schuld"

  1. 5
    19. Feb 2024 

    Der Moment, der alles verändert

    Samuel W. Gailey ist ein amerikanischer Krimi-Autor, dessen Bücher in seiner Heimat gern mit den Werken von John Steinbeck und Cormac McCarthy verglichen werden. Die Erwartungen sind daher hoch, wenn man zu einem Roman von Gailey greift. Zuletzt hat er den Roman „Die Schuld“ veröffentlicht, in dem es um eine junge Frau geht, die vor Jahren von zu Hause ausgerissen ist und seitdem ein Leben im Abseits der Gesellschaft führt. Miese Jobs und dem Alkohol verfallen, keine Bindungen zu anderen Menschen, hat ihr jetziges Leben wenig mit ihrem alten gemeinsam. Als 15-Jährige war sie ein Teenager wie viele andere auch, mit einem geregelten Alltag als Schülerin, mit liebevollen Eltern und einer 4-jährigen Nervensäge von einem Bruder. Eines Tages trat das Unvorstellbare ein: Als die beiden Kinder allein zuhause sind, kommt der kleine Bruder auf tragische Weise ums Leben. Alice, die auf den Kleinen aufpassen sollte, fühlt sich für den Tod ihres Bruders verantwortlich.
    Kurze Zeit danach beschließt sie, von zuhause wegzulaufen, denn die seelische Last ist für sie, genau wie für ihre Eltern kaum zu ertragen. Das junge Mädchen bricht darauf hin jeglichen Kontakt zu ihren Eltern ab.
    Sechs Jahre später kommt es zu einer weiteren entscheidenden Episode in diesem Roman: Alice gerät per Zufall zwischen die Fronten von Kriminellen aus der Drogenszene. Dabei stiehlt sie eine große Geldsumme, die sie als Chance ansieht, ihrem verkorksten Leben eine Wendung zu geben. Da ihr klar ist, dass der Diebstahl nicht unbemerkt bleiben wird, flieht sie mit dem Geld. Sie macht sich auf den Weg zu einem Freund, der ihr schon einmal geholfen hat, damals, als sie von zuhause ausgerissen ist. Was sie nicht weiß: der eigentliche Besitzer des Geldes – ein Krimineller namens Sinclair – ist ihr auf der Spur.
    Der Roman „Die Schuld“ erzählt die Geschichte von Alice, erzählt die Geschichte ihrer Flucht, auf der ihr die unterschiedlichsten Menschen begegnen, erzählt aber auch ein Stück weit die Geschichte von Sinclair, der sich als ein Bösewicht der besonderen Art erweist. Natürlich läuft die Handlung in diesem Roman auf einen Showdown zwischen den beiden Charakteren hinaus.

    Alice und Sinclair sind sehr ambivalente Protagonisten.
    Alice, die von der wohlbehüteten Tochter zu einer Frau mutiert ist, die nicht mehr ohne Alkohol durch den Alltag kommt, ist am Bodensatz der Gesellschaft angekommen. Die Menschen, mit denen sie zu tun hat, sind Kriminelle und Drogenabhängige, und machen auch den größten Teil der Charaktere in diesem Roman aus. Die Welt von Alice ist hässlich geworden, doch die junge Frau hat über die Jahre gelernt, in diesem Milieu zu überleben. Sie versucht zwar, sich so weit es geht von anderen Menschen fernzuhalten, scheut sich aber auch nicht, sich körperlich zur Wehr zu setzen, wenn die Situation dies erfordert.
    Natürlich hat man als Leser Mitleid mit Alice, die seit dem Tod ihres Bruders eine unvorstellbare Last mit sich durchs Leben trägt. Dennoch hegt man insbesondere am Anfang des Romans nur wenige Sympathien für sie, dafür hat sie sich zu sehr an ihr negatives Umfeld angepasst. Im Verlauf der Handlung macht sie aber eine Entwicklung durch, die sie immer mehr ins positive Licht rückt. Einen großen Anteil an dieser positiven Entwicklung hat die emotionale Verbindung zu weiteren Figuren in diesem Roman, die Alice mit ihrer Zuneigung und ihrem Vertrauen wieder auf den rechten Weg bringen.
    Alices Widersacher in diesem Roman ist Sinclair, der sich als eine interessante Mischung aus bildungsnahem und kultiviertem Schöngeist entpuppt, kombiniert mit der Skrupellosigkeit eines perfiden Fieslings. Stets höflich und liebenswürdig, manipuliert er die Menschen und erreicht seine Ziele durch den Einsatz von Psychotricks, die er perfekt beherrscht. Und sollte er damit einmal nicht weiterkommen, hat er immer noch seinen „Gorilla“, einen Handlanger mit vielen Muckis und wenig Hirn, der sich für Boss Sinclair die Hände schmutzig macht.
    Der böse Sinclair ist also hinter Alice her, denn schließlich ist es sein Geld, das sie gestohlen hat.

    Im Verlauf des Romans verändert sich die Stimmung sowie der Erzählton. Der Roman beginnt als hard-boiled Milieustudie. Mit Alice bewegen wir uns in einer Umgebung, die von Kriminalität, Gewalt, Boshaftigkeit und Hässlichkeit geprägt ist. Gewaltszenen werden dargestellt, als habe man es mit einem Auszug aus einem Tarantino-Film zu tun. Hinzu kommt die Dauer-alkoholisierte Alice, die perfekt in dieses Szenario passt. Genauso wie sich Alice im Verlauf der Handlung wandelt, ändert sich auch die Stimmung in diesem Roman. Mit der positiven Entwicklung von Alice, erscheint das Setting gemäßigter und weicher als zuvor, bietet aber gleichzeitig einen krassen Kontrast zu dem finalen Showdown des Romans, der es in sich hat.

    Auch wenn der Vergleich mit Steinbeck und McCarthy, den ich anfangs erwähnte, nur bedingt richtig ist, sich eher auf das Milieu sowie das Seelenleben der Figuren bezieht als auf die Sprachkunst, hat mir der Roman „Die Schuld“ sehr gut gefallen, was insbesondere an Alice und ihrer Entwicklung liegt, die sie während der Handlung durchläuft. Die spannende Geschichte hat mich durchweg in Atem gehalten, so dass ich auch über manchen fragwürdigen und irritierenden Moment im Handlungsverlauf hinweglesen konnte, ohne diesen in Frage stellen zu wollen. Von einem Krimi erwarte ich eine Handlung, die schwer vorhersehbar ist, Höchstspannung und dass am Ende die Bösen auf der Strecke bleiben. Samuel W. Gailey hat mit „Die Schuld“ meine Erwartungen dahingehend voll und ganz erfüllt.

    ©Renie

  1. Flucht vor sich selbst

    Der US-amerikanische Schriftsteller Samuel W. Gailey hat mit die "Die Schuld" einen außergewöhnlichen Krimi geschrieben. Ich sehe eine Nähe zu den Geschichten von Patricia Highsmith, insofern es auch dort in der Regel um "Durchschnittsmenschen" geht, die durch ein bestimmtes Ereignis aus dem Gleichgewicht geraten.

    So ergeht es in "Die Schuld" der Protagonistin Alice. Sie ist eine gute Schülerin und ambitionierte Schwimmerin und führt mit ihrer Familie ein geordnetes Leben. Doch diese Idylle findet durch einen tragischen Unfall ein abruptes Ende. Wie es zu diesem tragischen Vorfall ganz konkret kommt, wird nicht im Detail aufgeklärt, steht doch im weiteren Verlauf der Geschichte Alices! Verarbeitung des Erlebten im Mittelpunkt. Was man erfährt ist, dass die 15 jährige Alice auf ihren 4jährigen Bruder Jason aufpassen soll, als die Eltern ausgehen. Jason treibt Alice auf die Palme, indem er ihre Zimmerwände mit Nagellack bemalt. Sie schreit ihn an, schimpft und konzentriert sich darauf, diese "Schmierei" zu beseitigen., bis dumpfe monotone Geräusche zunehmend ihre Aufmerksamkeit erregen. Als sie diesen nachspürt und in den Keller geht, bemerkt sie, dass die Geräusche vom Trockner ausgehen, in dem sich ihr kleiner Bruder befindet. Er überlebt dies nicht. Dies geschah im Jahr 2005. Es gibt eine zweite Erzählebene, die 6 Jahre später Alices' Leben beleuchtet. Inzwischen lebt sie auf der Straße, ist dem Alkohol zugeneigt und jobbt in einer Art Stripperlokal. Während sie sich Normalität und Vergebung ihrer Eltern wünscht, prägen schicksalhafte Begegnungen ihren weiteren Lebensweg. Sie gerät wiederholt in prekäre Situationen und läuft Gefahr, bei der Flucht vor sich selbst ihre Lebensperspektive komplett zu verlieren. So wacht sie eines Tages neben der Leichte ihres Chefs Terry auf und findet eine Tasche mit Drogen und 91000 Dollar Bargeld bei ihm. Alice hat einen Filmriss und erinnnert sich nicht, wie sie in diese Situation hineingeraten konnte. Zwar lernt sie Handlanger der Drogenmafia höchstpersönlich kennen, aber sie scheint sich nicht bewusst, dass deren Chef Stanley ihr auf den Fersen ist und ihr dadurch große Gefahr droht...

    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und habe insbesondere mit Alice mitgefiebert. Auch wenn es durch die Verfolgungsjagd reichlich Action und Spannung gibt, so überzeugte mich Gailey eher durch die tiefen Einblicke in die Psyche und die charakterliche Entwicklung von Alice. Ob es gerechtfertigt erscheint, ihn deshalb in die schriftstellerische Nähe des großen John Steinbeck zu rücken, sei dahin gestellt. Aber hier wie dort geht es um besonderes vulnerable Charaktere, die mit ihrem Platz im Leben struggeln. Ich finde das Buch für einen Krimi in dieser Hinsicht außergewöhnlich tiefgründig. Über den zweiten Strang der Geschichte insbesondere mag man geteilter Meinung sein. Die Verfolgungsjagd war nicht ganz meins, aber die Sprache, die Gailey hier verwendet, scheint dem Milieu, in dem wir uns thematisch befinden, angemessen. Die Geschichte ist am Ende für mich rund, auch wenn eine Frage mir lange Zeit Kopfzerbrechen bereitete. Aber auch darauf fand ich dann doch eine Antwort, der Leserunde sei Dank.

    Insgesamt empfehle ich den Krimi, in dem die Motive Schuld und Vergebung eine zentrale Rolle spielen, sehr gerne weiter und freue mich auf weitere Werke aus dem Polar Verlag.

  1. Ein rasanter Kriminalroman um Schuld, Moral und Vergeltung

    Die 14-jährige Alice ist eine gute Schülerin, eine passionierte, ehrgeizige Schwimmerin. Sie lebt mit ihren Eltern und dem kleinen Bruder Jason in geordneten Verhältnissen. Doch im September 2005 ändert sich ihr Leben kolossal. Ein schreckliches Unglück geschieht, bei dem Jason ums Leben kommt und sich Alice die Schuld an diesem tragischen Unfall gibt.

    Wir begegnen Alice sechs Jahre später wieder. Offenbar ist sie von zu Hause abgehauen. Sie haust in einem schäbigen Motel, arbeitet als Kellnerin in einer zwielichtigen Bar und betäubt sich mit hochprozentigem Alkohol: „Der Alkohol erledigte zu gegebener Zeit, was er erledigen sollte – sie betäuben -, aber morgens war die Reue wieder da. Und zwar mächtig. Dann spielte sich der Unfall immer wieder vor ihrem geistigen Auge ab, so klar, als wäre er eben erst passiert.“ (S. 22)

    Drogen nimmt Alice nicht, darauf legt sie Wert. Dennoch erwacht sie eines Morgens splitternackt im Bett ihres schmierigen Chefs Terry. Wie kommt sie hierher? Hat er sie vergewaltigt? Warum liegt er tot neben ihr? In ihrem alkoholisierten, übernächtigten Zustand ist Alice überfordert. Verführerisch liegt zudem eine mit 91.000 Dollar gefüllte Reisetasche neben Terrys Bett. Mit einem Schlag könnte sie all ihre Geldsorgen los sein. Alice nimmt das Geld an sich, aber es dauert nicht lange, bis mit Henry und Pig zwei Typen der Drogenmafia auftauchen, die für ihren Boss Sinclair die Drecksarbeit erledigen… Es fließt reichlich Blut, drastisch und dabei wahrscheinlich höchst authentisch wird das Milieu auch in der Sprache wiedergegeben. Man darf nicht zu zart besaitet sein, wenn man in diesen facettenreichen Roman eintaucht.

    Alice kann zwar zunächst entkommen, ist aber nicht allzu optimistisch, dass sie glimpflich aus der Sache rauskommt: „Die Probleme folgten ihr wie Hundewelpen der Hundemutter. Weit weg waren sie nie. Hingen an ihren Fersen. Und wenn ausnahmsweise die Probleme nicht zu ihr fanden, stolperte garantiert Alice darüber.“ (S. 52). Wir begleiten Alice auf ihrem gefährlichen, rasanten Roadtrip, bei dem die rücksichtslosen Verfolger ihr dicht auf den Fersen bleiben. Parallel füllen Alices Rückblicke die Wissenslücken des Lesers, man erfährt, wie es mit der Familie nach dem Tod Jasons weiterging, wie sie langsam zerbrach, wie Alice mit ihren Schuldgefühlen keinerlei Unterstützung oder Halt finden konnte. Hier entwickelt der Autor eine für das Genre ungewohnte Tiefe, indem er sich intensiv seinen gebeutelten Figuren zuwendet. Eine davon ist Delilah, die vor den sexuellen Übergriffen ihres Stiefvaters geflohen ist. Später lernen wir mit Elton einen wahren Menschenfreund kennen, der sich in einem Umfeld von Rassismus und Intoleranz behaupten muss. Selbst der hochintelligente Bösewicht Sinclair verfügt über mehr als nur eine Seite. Niemand in diesem Spannungsroman hat ausschließlich Fehler oder ist vollkommen davon befreit. Der Autor zeichnet vielschichtige Charaktere, die eine Entwicklung unterlaufen, es bleibt niemand auf der Stelle stehen.

    Der Roman punktet durch seinen kontinuierlich hoch gehaltenen Spannungsbogen, der zum Ende richtig Fahrt aufnimmt und zu einem furiosen Showdown führt. Auch hier zeigt der Autor, dass sein Schreibkonzept ebenso durchdacht wie stimmig ist, denn Anfang und Ende geben sich die Hand, greifen ineinander. „Die Schuld“ zeigt uns den ländlichen amerikanischen Süden (Trump-Land) mit seiner abgehängten, vorurteilsbeladenen Gesellschaft sehr realistisch. Die Handlung wartet immer wieder mit überraschenden Wendungen auf. Mit zunehmender Lektüre habe ich stetig mehr Tiefe empfunden. Neben aller Action gibt es zahlreiche nachdenkliche Textstellen und Dialoge zu entdecken. Neben den dargestellten Gewaltverbrechen geht es um Schuld, Moral und Vergeltung. Es geht um Lebensfragen, um latenten Rassismus, um Intoleranz gegenüber Minderheiten, um Misogynie und sexuelle Gewalt. Es steckt viel Gesellschaftskritik in diesem Kriminalroman, der jedoch an keiner Stelle überfrachtet oder belehrend wirkt. Eine Verfilmung kann man sich prima vorstellen.

    Die gekonnte Übersetzung von Andrea Stumpf lässt keine Wünsche offen. Neben der haptisch ansprechenden Gestaltung hat der Verlag auch noch ein Nachwort von Journalist Carsten Germis beigefügt. Erwähnenswert ist auch immer wieder die „Polar Gazette“, das Magazin des Polar Verlags, die die Neuerscheinungen um interessante Interviews und Informationen ergänzt.

    „Die Schuld“ sollte eine breite Leserschaft begeistern. Sowohl reine Spannungsleser als auch Freunde von Familien- oder Gesellschaftsromanen sollten auf ihre Kosten kommen. Mich hat dieser besondere Kriminalroman begeistert. Große Leseempfehlung!

  1. Eine spannende Flucht

    Die 15 jährige Alice soll auf ihren kleinen Bruder Jason aufpassen, doch leider ereignet sich ein tragischer Unfall, doch für Alice wird das Leben zu Hause zur Qual, zerrissen von Schuldgefühlen reißt sie aus.
    Dies ist der erste Handlungsstrang aus dem Jahr 2005, aus dem der Leser immer mal wieder Rückblenden geliefert bekommt.
    Der zweite Strang setzt gut 5-6 Jahre später an. Alice hängt an der Flasche, flieht vor der Vergangenheit, die sie immer wieder einholt. Sie wohnt in einem Motel, wechselt oft die Stadt, um Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.
    Als sie morgens neben ihrem toten Chef aufwacht, ohne Erinnerungen, findet sie eine Tasche mit Geld und Drogen. Als zwei Handlanger sie dort finden, als sie Geld und Drogen einkassieren wollen, führt es zu schrecklichen Ereignissen. Alice flieht…..mit dem Geld

    Auf der Flucht lernt sie ein junges Mädchen kennen, hilft ihm und gerät gemeinsam mit Delilah in neue Schwierigkeiten. Derweil ist der Gangsterboss schon auf ihren Fersen, denn er kann es nicht auf sich sitzen lassen, dass jemand ihn um sein Geld betrügt, er hat einen Ruf zu verlieren.
    Was soll Alice nun tun? Sie wendet sich an die einzige Person, die ihr in den letzten Jahren versucht hat zu helfen. Elton, ein betagter, schwuler Kammerjäger hat sie schon einmal aufgenommen, wird er es wieder tun? Doch Alice ahnt nicht, dass sie ihn in Gefahr bringt.

    Der Autor baut eine sehr spannende Handlung auf. Alice hatte direkt mein Mitgefühl, als Leser hofft und bangt man, dass sie heil aus der Sache herauskommt, und dass sie es schafft die alten Dämonen hinter sich zu lassen. Das junge Mädchen Delilah ist der perfekte Gegenpart, denn sie ist ungefähr in dem Alter in dem Alice war, als sie ausgerissen ist. Alice bekommt damit eine Aufgabe, sie muss nicht nur sich selbst um dem Sumpf ziehen.
    Sinclair, ihr Verfolger, wird interessant dargestellt. Er ist zwar der Bösewicht durch und durch, skrupellos, und macht sich selbst die Hände nicht schmutzig. Doch er bringt eine eigene Geschichte mit in die Handlung, die ich sehr spannend fand.
    Alles in allem muss ich sagen, dass der Krimi mir sehr gut gefallen hat. Über ein paar Unstimmigkeiten konnte ich daher gut hinwegsehen.

  1. Schuld und kann ich mir selber vergeben?

    "Schicksalsschläge lassen sich ertragen, sie kommen von außen, sind zufällig. Aber durch eigene Schuld leiden, darin liegt der Schmerz des Lebens." (Oscar Wilde)
    Während die Eltern ihren Hochzeitstag feiern, soll die 15-jährige Alice O’Farrell auf ihren 4-jährigen Bruder Jason aufpassen. Doch dann beschmiert Jason Alice Zimmer mit Nagellack und sie ist stocksauer auf ihn. Während Alice versucht, ihr Zimmer wieder sauber zu bekommen, hört sie ungewöhnliche Laute aus dem Keller. Als sie nachschaut, findet sie ihren Bruder tot im angeschalteten Trockner. Ihre Eltern machen ihr zwar selbst keine Vorwürfe, doch das Familienleben verändert sich dennoch. Alice hält die Stille nicht mehr aus und haut von zu Hause ab. Sechs Jahre sind seit dieser Zeit vergangen. Eines Morgens wacht Alice betrunken neben ihrem toten Chef Terry Otis auf. Nachdem sie die Polizei verständigt hat, klopfen zwei Typen, die mit Terry Geschäfte machen, an die Tür seines Trailers. Als kurz danach die Cops eintreffen, kommt es zu einem tödlichen Showdown zwischen Polizei und Verbrecher. Alice schnappt sich das Geld und flieht, ohne zu ahnen, welcher Gefahr sie sich damit aussetzt.

    Meine Meinung:
    Das recht unscheinbare Cover kann mich nicht gerade überzeugen, doch ich halte mich sowieso lieber an Klappentext und Leseprobe. In Samuel W. Gailey Buch haben wir es mit einem ganz speziellen Krimi zu tun. Dabei geht es weniger um Ermittlungen und Ermittler, sondern eher um Verbrechen und dessen Auswirkungen. Der Schreibstil ist recht angenehm, unterhaltsam und das, obwohl er mitunter eine derbe, vulgäre Sprache an den Tag legt. Doch ich finde das nicht weiter schlimm und irgendwie gehört es zu so einer Gangstergeschichte. Der Plot selbst wird in zwei Handlungssträngen erzählt, was alles noch interessanter macht. Während wir im einen Strang mehr über Alice Vergangenheit erfahren, spielt die andere Handlung in der Gegenwart. Der Krimi selbst beginnt schon recht heftig mit dem Tod von Jason und dem Aufeinandertreffen von Gut und Böse. Der Autor geht hier teilweise extrem ins Detail, doch das stört mich selbst eher weniger. Mitunter habe ich beim Lesen sogar den Eindruck, in einem alten Gangsterfilm zu stecken. Was mich dagegen mehr stört, ist Jasons Unfall. Weil ich nicht glauben kann, wie ein 4-jähriges Kind einen Trockner schließen und einschalten kann, während er selbst drinsteckt. Allerdings als ich im Netz recherchiere, finde ich dann doch ein paar Einträge mit Trocknerunfällen von Kindern ähnlich wie hier beschrieben. Bei unserem Gerät jedoch würde das niemals funktionieren. Etwas übertrieben fand ich außerdem das Buchende. Hier gibt es einige Ungereimtheiten, die ich mir einfach von Alice schmächtiger Statur her nicht vorstellen kann. Doch ansonsten hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen. Ich finde dafür, dass es sein erster Krimi gewesen ist, hat es der Autor hervorragend geschrieben. Sehr gut durchdacht sind im Übrigen seine Charaktere. In erster Linie faszinierend finde ich Alice mit ihrer belasteten, misstrauischen Art und dem Drang nach Alkohol tut sie mir schon extrem leid. Das Schicksal um ihren Bruder hat sie nie wirklich losgelassen, weshalb sie versucht, ihre Albträume in Alkohol zu ertränken. Ein weiterer imposanter Charakter ist der Drogenboss Sinclair, der schon alleine mit seiner kleinen Statur und der arroganten, klugscheißerisch Art extrem auffällt. Seine Hände selbst macht er sich nie schmutzig, dafür hat er ja Phillip, seinen kräftigen Fahrer und Handlanger. Doch noch beeindruckende finde ich Alice älterer Freund Elton, der für sie mehr wie ein Vater ist. Seine Liebe zu Alice und seine weisen Ratschläge finde ich wirklich signifikant. Zwar bleiben am Ende noch ein paar Fragen offen, die ich gerne gewusst hätte, doch ansonsten gebe ich dem Buch gute 4 von 5 Sterne.

  1. Leben mit Schuld

    Ein Unfall ändert alles für die junge Alice – wie damit umgehen? Wie weiter leben?

    Dieser 'Krimi' war für mich Neuland, denn mit 'Crimes noir' habe ich mich bisher wenig beschäftigt. Wir finden hier keinen typischen Krimi mit Ermittlungsarbeit vor, sondern steigen in menschliche und gesellschaftliche Abgründe hinab, sprachlich anfangs grenzwertig, manchmal brutal, aber mit psychologischer Tiefe und auch mitmenschlicher Wärme.

    Gerade noch war alles gut, die fünfzehnjährige Alice strebt nach einer Schwimm-Medaille, da schlägt das Schicksal zu: ein schreckliches Unglück mit dem kleinen Bruder, wofür sie sich die Schuld gibt, wirft sie und die ganze Familie aus der Bahn, so sehr, dass sie von zu Hause ausreißt und ihr Leben zuerst auf der Straße, dann mit zweifelhaften Jobs und in verrotteten Unterkünften weiter lebt.

    Als Leser tauchen wir mit ihr in eine trostlose Umgebung ein, die wahrscheinlich eine bestimmte amerikanische Gesellschaftsschicht abbildet, was sich auch in der Sprache ausdrückt: Fäkalausdrücke und Klischeesätze häufen sich. Für mich hätten das ruhig ein paar weniger sein dürfen. Aber vielleicht wollte der Autor damit die hoffnungslose Situation, in der Alice sich befindet, besonders deutlich machen. Sie ist inzwischen in die Alkoholsucht abgeglitten und hat ihr Leben nicht mehr im Griff. Ganz schlimm wird es, als sie eines Morgens neben ihrem toten Chef aufwacht, eine Tasche mit viel Geld findet und damit flieht, weil sie die Hoffnung hat, vielleicht ein neues Leben beginnen zu können. Allerdings waren auch zwei Kriminelle hinter diesem Geld her, was in einer brutalen Gewaltszene mit zwei Cops endet.

    Alice hat nur noch eine Hoffnung: wieder zu einem gewissen Elton zu fahren, der ihr damals, als sie von zu Hause ausgerissen war, über die ersten Wochen hinweggeholfen hat. Unmerklich geht es mit ihr bergauf. Sie hat ihr menschliches Mitgefühl noch nicht verloren, denn sie trifft auf die junge Delilah, die in einer ähnlich ausweglosen Situation zu sein scheint und hilft ihr. Dieser Hoffnungsschimmer verstärkt sich noch, als sie tatsächlich vom alten schwulen, warmherzigen Elton aufgenommen werden, der Alice in ernsten Gesprächen klar macht, dass sie vor ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Schuld nicht davon laufen kann. Das ist sehr anrührend und tiefsinnig geschildert.

    Doch leider ist das Unheil schon unterwegs, was Spannung ins Buch bringt: Sinclair, der kleinwüchsige Drogenboss, ist hinter Alice und dem Geld her und findet sie mit intelligenten logischen Überlegungen und akribischer Spurensuche, begleitet von einem brutalen Schläger, der für ihn die Drecksarbeit erledigt. Wie wird es für Alice, Delilah und Elton ausgehen? Was wird passieren? Es sei nur so viel verraten, dass es am Ende einen furiosen Showdown gibt...

    Es hat mir gefallen, dass die Geschichte abgerundet endet, auch wenn einige Fragen offen bleiben. Die Spannung lässt auch darüber hinwegsehen, dass es einige inhaltliche Unwahrscheinlichkeiten gibt und versöhnt mit der anfangs so rüden Sprache, die am Ende anders ist und Alices' positive Entwicklung zu zeigen vermag.

    Im Nachwort von Carsten Germis heißt es: 'Dem Autor geht es um die Innenwelten, die Ängste und Dämonen des Lebens. Auch wenn Freunde helfen, ihre Erlösung müssen die Figuren aus eigener Kraft finden und lernen mit der Schuld zu leben.' (308)