Die Nachbarn (Quartbuch)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Nachbarn (Quartbuch)' von  J.J. Voskuil
2.8
2.8 von 5 (10 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Nachbarn (Quartbuch)"

Nicolien begrüßt den Zuzug der neuen Nachbarn ins Mehrparteienhaus überschwänglich. Ihr Mann Maarten hingegen beschließt nach nur einer Begegnung, die beiden Männer völlig uninteressant zu finden. Der Kontakt zu Petrus und Peer ist zunächst bemüht freundlich, nimmt dann zusehends groteske Formen an. Die Auseinandersetzungen zwischen Maarten und Nicolien über die Nachbarn im Speziellen und Außenseiter im Allgemeinen werden immer fundamentaler. In fulminanten Streitszenen schafft J.J. Voskuil das bewegende und vor allem urkomische Porträt einer Ehe im Zeichen einer unlösbaren Frage. Dieses Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum, wie immer kongenial übersetzt von Gerd Busse, durfte erst nach dem Tod des Autors veröffentlicht werden. Zu groß war die Sorge, das Porträt der misslingenden Freundschaft könnte die realen Vorbilder verdrießen.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
EAN:9783803133588

Rezensionen zu "Die Nachbarn (Quartbuch)"

  1. 2 Sterne

    Klappentext:

    „Nicolien begrüßt den Zuzug der neuen Nachbarn ins Mehrparteienhaus überschwänglich. Ihr Mann Maarten hingegen beschließt nach nur einer Begegnung, die beiden Männer völlig uninteressant zu finden.

    Der Kontakt zu Petrus und Peer ist zunächst bemüht freundlich, nimmt dann zusehends groteske Formen an. Die Auseinandersetzungen zwischen Maarten und Nicolien über die Nachbarn im Speziellen und Außenseiter im Allgemeinen werden immer fundamentaler. In fulminanten Streitszenen schafft J.J. Voskuil das bewegende und vor allem urkomische Porträt einer Ehe im Zeichen einer unlösbaren Frage.

    Dieses Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum, wie immer kongenial übersetzt von Gerd Busse, durfte erst nach dem Tod des Autors veröffentlicht werden. Zu groß war die Sorge, das Porträt der misslingenden Freundschaft könnte die realen Vorbilder verdrießen.“

    Der Buchtitel sagt es bereits: es geht um eine Sicht auf die Nachbarschaft. Maartens und Nicoliens Geschichte rund um ihre neuen Nachbarn ist am Anfang des Buches ja noch recht interessant zu verfolgen. Das ändert sich aber von Seite zu Seite zusehest ins Negative. Beide hetzen sich gegenseitig so gegeneinander auf, dass aus dem vermeintlichen anfänglich „Spaß“ bald Ernst wurde und die Beziehung der Beiden leidet. Extrem leidet! Nicoliens Art empfand ich mehr als übertrieben. Ihr Beschützerinstinkt der neuen und noch dazu schwulen Nachbarn gegenüber war einfach unglaubwürdig bzw. man merkte Nicolien einfach an, sie brauchte eine Aufgabe der sie sich zu 100% widmen konnte - nur hat keiner gefragt ob man es möchte und auch ihr Ehemann wird bewusst nur noch falsch verstanden. Das Pärchen Peer und Petrus leben ebenfalls ihr Leben mit all ihren Macken und „Gewohnheiten“. Die bereits im Klappentext so hochgelobten Streitszenen nerven ab einem gewissen Zeitpunkt bis sie dann zum Schluss einfach nur noch langweilen. „Urkomisch“ empfand ich diese Geschichte überhaupt nicht, im Gegenteil. Es ist traurig mit anzusehen wie Nicolien immer weiter in eine für Maarten fremde Welt abtaucht, wo er ihr nicht folgen kann und will. Und Peer und Petrus gehen ebenfalls irgendwann einen seltsamen Weg des Unergründlichen.

    Der Schreibstil ist ebenfalls recht schnell zum gähnen: die Tagebuch-Form wird aus Maartens Sicht erzählt. Das geschieht alles recht steif und wie gesagt, es fällt schwer der Geschichte mit Genuss bis zum Schluss zu folgen.

    2 von 5 Sterne hierfür

  1. Eindringliches Psychogramm labiler Beziehungen

    Voskuil war mir vom Namen her bereits vor der Lektüre von "Die Nachbarn" ein Begriff. Vor Jahren stieß ich auf seine Büro-Reihe, las diese aber nie. Das Buch hat mich nicht zuletzt wegen der schönen Covergestaltung gleich sehr neugierig gemacht. Die Neugier stieg nach dem Hinweis der Witwe, dass der Roman via Verfügung des Autors erst posthum veröffentlicht werden durfte; alle Protagonisten des realen Lebens, die wohl für die Geschichte Pate gestanden haben, sollten verstorben sein. Den Roman nun zu veröffentlichen mag man in ethischer Hinsicht deswegen für diskussionswürdig halten, als Roman finde ich die Kernthematik dennoch sehr interessant.

    Es geht nicht nur um die Nachbarn, wie der Titel suggeriert. Vordergründig mag dies zutreffend sein, dahinter verbirgt sich jedoch auch ein Psychogramm einer labilen Ehe mit dysfunktionalen Kommunikationsstrukturen. Die Geschichte startet mit dem anstehenden Zuzug neuer Nachbarn in die Hausgemeinschaft, in der Maarten und Nicolien leben. Im Grunde erfahren wir kaum etwas über sie, weder was sie im Leben umtreibt, noch wie sie ihr Leben konkret gestalten oder auch, welche Kontakte sie pflegen. Wir nehmen sie im Miniaturformat wahr, die Perspektive zoomt sie ganz nah heran, ebenso wie die zuziehenden neuen Nachbarn Peer und Petrus.

    Die neuen Nachbarn sind ein großes Thema zwischen Maarten und Nicolien. Besonders Nicolien ist die Kontaktpflege von Beginn an fundamental wichtig - zumal die Nachbarn eine homosexuelle Partnerschaft führen. Ein Fakt, der zu immer wiederkehrenden, endlosen Streitgesprächen zwischen Maarten und Nicolien führt. Schließlich fühlt Nicolien sich dafür verantwortlich, mit ihren Mitteln für die 'Underdogs' einzustehen. Widerspruch zwecklos. Irgendwie aber sind die Nachbarn seltsam, sie scheinen etwas zu verbergen. Peer beispielsweise verheimlicht seinen wahren Nachnamen. Warum?

    Die Kommunikationsstrukturen und Rollenverteilungen sind klar: Maarten ist der, dessen zum Teil kritische Einschätzungen in jedem Fall zu unterbinden sind. Nicolien vermittelt ein Bild von ihm, demzufolge er die 'Underdogs' nicht zu respektieren vermag, fälschlicherweise Vorurteile gegen sie hegt. Sie ist die (vermeintlich) "Gerechte", die sich gegen Diskriminierung einsetzt, für die Rechte von 'Underdogs' kämpft. Und zwar unerbittlich und sehr verbissen. Sie bermerkt dabei gar nicht, dass sie das, was sie bei ihrem Mann mit Blick auf die Nachbarn anprangert, selbst von ihr in Streitgesprächen mit Maarten ständig produziert wird: Vorurteile über Vorurteile.

    Die Streitgespräche wiederholen sich, folgen der immergleichen Logik. Die Eheleute beißen sich fest. Auf Entwicklungen, verbesserte Kommunikationswege, Einsichten hofft man vergeblich. Nicolien tritt als verbissene, hysterisch anmutende Verfechterin der 'Underdogs' auf, Maarten weiß dem nichts entgegenzusetzen. Er versucht es nicht mal, sagt er doch, sie könne sich nicht ändern. Warum? Zugegeben da hätten mich die Hintergründe sehr interessiert.

    Den Einen mag das nerven, ich hingegen habe mich mindestens zum Teil über diese Streitgespräche, die über permanente Wiederholung sehr eindringlich wurden, köstlich amüsiert. Ich fühlte mich an den Film "Der Gott des Gemetzels" erinnert und hatte ein sehr ausgeprägtes Kopfkino. Daher könnte ich mir eine Verfilmung des Romans sehr gut vorstellen.

    Wie auch immer. Neben der toxischen Ehebeziehung mit ihren dysfunktionalen und festgefahrenen Kommunikationsmustern ist auch die Nachbarschaftsbeziehung toxischer Natur, was immer deutlicher wird. Nicht nur zeigt die Beziehung von Petrus und Peer Parallelen zu derjenigen zwischen Maarten und Nicolien. Auch die Nachbarschaftsbeziehung selbst entwickelt sich zunehmend in übergriffliche RIchtung. Nicht nur aufgrund der mit engen Nachbarschaftsbeziehungen einhergehenden ausgeprägten Kontrolle...

    Kann einem ein Buch über toxische Beziehungen und Strukturen gefallen? Meine persönliche ANtwort ist ein klares "Ja". Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, habe mich viel amüsiert, mitunter lauthals gelacht. Nicht am Ende. Aber das sei hier natürlich nicht verraten. Die Wiederholungen, die manchem Leser in der Leserunde zusetzten, empfinde ich persönlich als gelungenes Stilmittel mit dem Ziel eines angestrebten, eindringlichen Psychogramms labiler Ehe- wie auch nachbarschaftlicher Beziehungen. Zwar hätte ich mir zu Nicoliens und Peers Psyche wie auch zu den Hintergründen der erwähnten Problematik mit dem Nachnamen mehr Informationen gewünscht. Dies schmälert jedoch den Lesegenuss nur unwesentlich. Mit dem Hinweis auf Kommunikationsstörungen, die in einer Dauerschleife vorgeführt werden, empfehle ich das Buch vorsichtig weiter.

  1. 2
    14. Okt 2023 

    Grenzüberschreitungen...

    Die Rezension habe ich jetzt vor mir hergeschoben in der Hoffnung, dass sich meine Gefühlslage etwas beruhigt. Aber kaum setze ich mich daran, etwas über den Roman zu schreiben, kocht gleich wieder alles hoch. Ich bin genervt.

    Erzählt wird hier aus der Ich-Perspektive von Maarten, der tagebuchartig über den Alltag und das Zusammenleben mit seiner Frau Nicolien berichtet. Dies erfährt eine Zuspitzung, als in ihr Mehrparteienhaus neue Nachbarn einziehen. Der ältere Petrus und der jüngere Peer entpuppen sich als schwules Pärchen, was sogleich Nicoliens Beschützerinstinkt wachruft. Sie sieht sich als flammende Verteidigerin der sog. "Underdogs", die sie vor jedwelcher Diskriminierung zu verteidigen beschließt. Dies nimmt bald groteske Züge an - jedwelche noch so berechtigte Kritik an den Nachbarn wird als Diskriminierung interpretiert, und Maarten muss sich wiederholt von seiner Frau "Schwulenfeindlichkeit" vorwerfen lassen. Dies wird in immergleichen Streitszenen bis zum Erbrechen wiederholt, so dass das, was anfangs wie ein Loriot-Sketch anmutet, nur zu bald in redundante und damit nicht nur nervige, sondern in ihrer Häufung gar langweilige Szenen mündet.

    Maarten fungiert hier eher als Chronist denn als jemand mit einer eigenen Meinung. Mit der hält er lieber hinterm Berg, um nicht noch Öl ins Feuer seiner Frau zu gießen. Leider verhindert er so, dem Wahnsinn rechtzeitig ein Ende zu setzen. Nicolien zeigt für mein Empfinden starke Züge einer Borderline-Störung - keinen Argumenten zugänglich, willkürliche Uminterpretationen von Gesprächsinhalten, selbstgerechte Anklagen, hanebüchene Beschuldigungen ohne Ende. Dazu eine Wortwahl, die ihresgleichen sucht, gefolgt von kurzen Szenen vermeintlicher Reue: "Ich hab dich lieb. Das weißt du doch?" Ja, ist klar. Dazu die Nachbarn, die ebenfalls alles andere als sympathisch sind. Petrus bezeichnet sich selbst als Misanthropen, und ich würde ihm da nicht widersprechen wollen. Sehr engstirnig in seiner Meinung, niemandem zuhörend, an keinem anderen Menschen interessiert - außer vielleicht an Peer. Der - ach Mensch. Ein impulsiver, vielleicht lernbehinderter ADHSler, der sich schnell angegriffen fühlt und null Empathie für andere zeigt. In der Wahl der Mittel auch gerne mal komplett drüber ist. Die Empfindlichkeit nur einseitig, die andere Seite nicht wahrnehmend. Verdammt viel Psychokac... - ähm, Psychodrama.

    Durch Nicoliens Wunsch / Bedürfnis / Zwang, beweisen zu müssen, dass sie - komme was da wolle - für das schwule Pärchen einsteht, werden Verhaltensweisen der Nachbarn hingenommen, die sich normalerweise niemand bieten lassen würde. Wenn selbst Nicolien nicht umhin kann, gelegentlich negative Aspekte bei Peer oder Petrus zur Kenntnis zu nehmen, muss sie, wie um das gleich wieder wett zu machen, direkt den nächsten Streit mit Maarten anfangen oder wenn möglich den beiden Nachbarn wieder etwas Gutes zukommen lassen. Sie hat für nichts ein Maß, die einen nutzen das aus, der andere sitzt es aus. Grenzüberschreitungen überall. Dazu fließt literweise Generver oder Cognac, gerne auch mal Wein - nüchtern erträgt das Drama offenbar niemand. Die Situation dreht sich lange im Kreis, spitzt sich schließlich noch zu - da kann man eigentlich nur die Flucht antreten. Aber der Autor hat beschlossen, stattdessen lieber ein Buch zu schreiben.

    Tatsächlich scheint dies ein literarisch verwerteter Ausschnitt aus dem Leben des niederländischen Autors und seiner Frau zu sein. Der Roman durfte auch erst nach dem Tod des Autors und eines der Nachbarn erscheinen - und nachdem die Frau von J.J. Voskuil beschlossen hat, darüber hinwegzusehen, dass die zahlreichen Streitereien zwischen den Eheleuten hier zur Sprache kommen. Da kann man nur staunen. Tatsächlich hätte eine Raffung des Ganzen und die Einbettung in eine tatsächliche Handlung dem Ganzen gut getan. Diese unzähligen Tagebuchausschnitte (so zumindest wirkt es) wirken dagegen ermüdend, nervend, langweilig.

    Toxische Beziehungen sind einfach nur anstrengend, auch allein schon, darüber zu lesen. Solche Nachbarn möchte ich nicht, solch einen Ehepartner möchte ich nicht, das Buch leider auch nicht. Von mir gibt es daher keine Leseempfehlung...

    © Parden

  1. Wenn sich ein Ehepaar in Streitigkeiten verliert

    Im Roman " Die Nachbarn" spielen genau diese zwar eine große Rolle, doch sie sind im Grunde eher der Aufhänger, um die Diskrepanzen zwischen dem Ehepaar Nicolien und Maarten herauszuarbeiten.
    Die beiden wohnen in einem Mehrparteienhaus in den Niederlanden und pflegen kaum Kontakte mit irgendwelchen Nachbarn. Doch als das homosexuelle Paar Peer und Petrus dort einzieht, ändert sich dies schlagartig.
    Die beiden haben einen recht großen Altersunterschied und Petrus, der Ältere, scheint gut situiert zu sein. Peer hat viele Talente, doch arbeiten geht er nicht, schnell wird klar, dass es da ein paar Ungereimtheiten gibt.
    Nicolien hingegen ist fasziniert von den beiden, findet alles toll was sie machen, und alles dreht sich nur noch um die beiden Männer. Sie sieht sich als Befürworter und Beschützer aller Homosexuellen, sie stellt dieses Thema über alles, jede Alltagssituation, sehr zum Missfallen ihres Mannes, wird unter diesen Deckmantel gestellt.
    Maarten scheint derweil eine sehr vernünftige Einschätzung der neuen Bekannten zu haben. Petrus ist ein sehr mürrischer und rechthaberischer Mensch, was schnell zu Meinungsverschiedenheiten führt. Nicolien macht ihrem Mann anschließend die Hölle heiß, wirft ihm vor nicht mit genügend Rücksicht vorgegangen zu sein, da die zwei es doch eh schon so schwer haben und Petrus es sicher nicht so gemeint hat. Ist Maarten erst noch in der Lage sich zurückzunehmen, so wird er doch im weiteren Verlauf immer unnachgiebiger, was sicher an Nicoliens Verbissenheit liegt. Streit ist mittlerweile vorprogrammiert, und für mich als Leserin bald unerträglich, da sich die Themen nicht ändern, lediglich die Intensität nimmt zu. Außerdem befremdet es nach kurzer Zeit wie besessen sie davon ist, alles mit der Homosexualität in Verbindung zu bringen.

    Über das homosexuelle Paar erfährt man allerdings wenig, vieles wird nur angedeutet, macht neugierig, doch am Ende geht der Leser leer aus. Über das Ende möchte ich nicht viel sagen, nur soviel, dass auch das mir einfach zu wenig beantwortet hat.
    Der Anfang dieses Buches konnte mich durchaus begeistern. Die Beschreibungen der Unternehmungen des Vierergespanns lassen einen netten Einblick in das Land der Fahrradfahrer zu. Die Herausarbeitung der Eheprobleme haben mich nach kurzer Zeit allerdings sehr ermüdet.

  1. Ein Blick in toxische Beziehungen

    Nachbarschaft kann schwierig werden und das bewahrheitet sich in J.J. Voskuils Werk „Die Nachbarn" auf erstaunlich perfide Weise. Die neuen Nachbarn des älteren Ehepaares Maarten und Nicolien erscheinen von Anfang an schrullig, sind aber zunächst zumindest einigermaßen unterhaltsam und gesellig und kümmern sich im Urlaub um die Haustiere. Der ältere Petrus und sein jüngerer Partner Peer beeinflussen aber zunehmend das sowieso etwas angespannte Eheleben der beiden.

    Das stark autobiografisch geprägte Buch – das lässt zumindest das Vorwort vermuten – schafft von Beginn an eine oft beklemmende Atmosphäre, die nicht zuletzt durch die ewigen, sich im Kreise drehenden Streitgespräche zwischen Nicolien und Maarten hervorrufen wird. Da diese sich sowohl thematisch als auch im Ablauf der haltlosen Vorwürfe Nicoliens gegenüber Maarten, der meist ruhig zu bleiben versucht, wiederholen, hätten an dieser Stelle Kürzungen des Autors dem Buch mehr Prägnanz verliehen. Womöglich wollte Voskuil aber gerade dieses ewig Wiederkehrende literarisch darstellen.

    Im Roman werden verschiedene Eigenheiten der Hauptpersonen immer deutlicher. Nicolien etwa kann nicht anders, als auf äußerst irrationale Weise und unreflektiert Partei für alle in ihren Augen benachteiligten Personen, die „Underdogs“, zu ergreifen. Dazu zählt sie auch das schwule Pärchen Peer und Petrus, obwohl deren Verhalten zunehmend übergriffig, bevormundend und sogar unverschämt wird. Mitunter fragt man sich, warum trotz der immer offener zu Tage tretenden Konflikte der zum Teil recht persönliche Kontakt von beiden Seiten aufrechterhalten wird.

    Der Roman hat Tagebuchcharakter und ist sprachlich gelegentlich sehr direkt oder vielleicht auch authentisch, was die Verwendung von derben Kraftausdrücken anbelangt. Insbesondere der Umgangston zwischen Nicolien und Maarten ist zum Teil gewöhnungsbedürftig. Er bringt jedoch die Schwierigkeiten in deren Beziehung recht gut zur Geltung.

    Letztlich kreist der Roman für mich um drei Themen. Einerseits geht es um die Beziehung, die man zu Nachbarn haben kann oder muss, die man sich in der Regel nicht ausgesucht hat. Wieviel persönlichen Kontakt lässt man zu, wo sollte man Grenzen ziehen?
    Zweitens thematisiert er den Umgang mit Minderheiten und verdeutlicht die immerwährende Relevanz dieser Fragestellung, unabhängig von der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Situation.
    Ein drittes, übergreifendes Thema ist das Gefangensein von Menschen in Verhaltensmustern, die immer wieder zum Vorschein kommen, trotz aller Bemühungen, diese aufzubrechen und sich zu verändern.

    Trotz der erwähnten Redundanzen entfaltet der Roman einen unwiderstehlichen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann.

    Ein interessanter Einblick in toxische Beziehungen zwischen Eheleuten und zwischen Nachbarn.

  1. Gestörte Kommunikation

    Ein Roman, der laut Vorwort erst posthum erscheinen darf? Das macht neugierig! Und tatsächlich werden dem Leser Einblicke in eine Ehe gewährt, bei denen man nur hoffen kann, dass der Roman die Realität nicht widerspiegelt.

    Das Ehepaar Maarten und Nicolien bekommt neue Nachbarn: zwei offensichtlich homosexuelle Männer beziehen die Nachbarswohnung. Nicolien steht Kopf vor überschwänglicher Freude. Sie fühlt sich wie eine edle Ritterin zum Schutz und zur Verteidigung dieses Paares berufen und weitet ihre Sympathie aus zu einem Kreuzzug für alle Diskrimiierten, die sie allein aufgrund ihres Anders-Seins unkritisch zu den Guten zählt. Dabei irritiert es sie in keiner Weise, dass sich das Paar, als egozentriert, übergriffig, rechthaberisch, humorlos, kleinlich und äußerst übergriffig erweist. Maarten, ihr Mann, sieht das anders: er sieht in den homosexuellen Nachbarn keine Vertreter einer diskriminierten Gruppe, sondern will sie als Individuen betrachtet sehen.

    Der Zuzug des schwulen Paares wirkt daher auf das Leben des Ehepaares wie ein Katalysator, der tägliche Streitereien lostritt. Die hohen Erwartungen an eine freundschaftliche Nachbarschaft erfüllen sich nämlich nicht. Im Gegenteil: die Beziehung zu den Nachbarn besteht aus Machtkämpfen und ständiger Unterordnung, und dieses Muster zeigt sich auch in den täglichen Streitereien des Ehepaares.

    Alle Streitgespräche entzünden sich an Nichtigkeiten. Die Auseinandersetzungen laufen stereotyp ab und enden immer mit dem Vorwurf der Homophobie. Dieser Homophobie ihres Mannes stellt Nicolien ihre eigene vermeintliche Vorurteilslosigkeit gegenüber. Es gelingt dem Paar nicht, seine massiv gestörte Kommunikation wieder auf die Sachebene zu bringen. Im Gegenteil: so wie das Verhältnis zu den Nachbarn eskaliert, so eskalieren auch die Streitgespräche des Ehepaares.

    Das Buch besteht überwiegend aus kurzen Szenen mit Rede und Gegenrede. Und hier zeigt der Autor seine Sprachkunst. Genüsslich seziert er die Streitszenen des Paares und gibt ihre Dialoge scharf und pointiert wieder. Nicoliens Heiligsprechung aller Diskriminierten wird daher zum deutlichen Kontrapunkt zu Maartens eher individualisierender Ethik, die keine Generalisierungen kennt. Maarten selber zeichnet sich als langmütiges, allerdings auch humorvolles Opfer sowohl den Nachbarn als auch seiner Frau gegenüber, die für ihn und auch für seinen Beruf keinerlei Wertschätzung zeigt.

    Damit schafft der Autor zwischen dem Leser und seinen Figuren Distanz, und zwar in der Form, dass der Leser keine Gemeinsamkeiten findet und sich mit keiner Figur, auch nicht dem gequälten Erzähler, identifizieren kann. Es gibt keine gemeinsamen Gefühle mit keiner der Figuren.

    Dem Roman hätte eine energische Kürzung gut getan und mehr Biss gegeben. Gerade die Streitszenen wirken ritualisiert , weil sie in identischen Abläufen und Variationen stattfinden, was wiederum den Leser ermüdet und schließlich langweilt.
    Gut gelungen dagegen ist der Clou des letzten Satzes, der den Leser zwar ernüchtert, aber in dem der Autor souverän mit den Lese-Erwartungen seiner Leser spielt.

    3,5/5 Pkt.

  1. Kurzweiliges, zuweilen nerviges Kammerspiel

    J.J. Voskuil (1926 – 2011) schrieb das Manuskript zu „Die Nachbarn“ bereits vor gut 20 Jahren. Da sich die Handlung offenbar an der erlebten Realität entlang bewegt, verfügte er, dass der Roman erst nach dem Tod der Protagonisten veröffentlicht werden soll. Voskuils Witwe kam diesem Vermächtnis 2011 nach, obwohl sie selbst einen großen Anteil am Hergang hat, der ein durchaus nachteiliges Licht auf sie selbst wirft, wie sie im Vorwort einräumt. Gerd Busse hat den Roman jetzt ins Deutsche übersetzt.

    Ich-Erzähler Maarten ist seit Jahren mit Nicolien kinderlos verheiratet. Sie leben in einem Mehrfamilienhaus am Rande von Amsterdam. Als neue Nachbarn ins Haus ziehen, beobachtet das vor allem die nicht erwerbstätige Nicolien mit großem Interesse. Es handelt sich um zwei Männer. Petrus, der Ältere, wirkt zunächst wenig zugänglich, was sich ändert, als der jüngere Peer hinzukommt. Die Tatsache, dass die beiden Männer homosexuell sind, fasziniert Nicolien auf eigentümliche Weise. Sie stürzt sich mit aller Sympathie auf das Paar, sucht dessen Nähe und bietet ihre Freundschaft offensiv an. Maarten sieht die neuen Nachbarn wesentlich differenzierter, doch jegliche Kritik wird von Nicolien im Keim erstickt, indem sie ihrem Mann Diskriminierung der „Underdogs“ vorwirft. Nicolien sieht sich als Robin Hood der Ausgestoßenen, der Randgruppen. Sie idealisiert Petrus und Peer, entschuldigt deren teilweise rüdes, übergriffiges und verletzendes Benehmen. Die beiden Paare rücken immer näher zusammen, laden sich gegenseitig ein oder besuchen sich im Urlaub.

    Was sich daraus entwickelt, ist ein zeitweilig durchaus amüsantes Kammerspiel. Die einzelnen Charaktere verfügen über auffällige und ungewöhnliche Eigenschaften, bei denen es eigentlich klar ist, dass sie nicht miteinander harmonieren können. Dass die Zusammenkünfte der beiden Paare trotzdem weitgehend konfliktfrei verlaufen, ist Maartens ausgeglichenem Wesen sowie Nicoliens Beharrlichkeit zu verdanken, alles gut zu finden, was Petrus und Peer sagen, tun oder denken. Nicoliens Unterstützung fußt allein auf der Tatsache, dass Schwule ihrer Meinung nach einen besonderen Schutzstatus genießen und quasi einen Freifahrtschein besitzen. Maarten gegenüber verhält sie sich wenig tolerant. Ihre Exzesse, Vorwürfe und Beschimpfungen sind rational schwer zu begreifen. Die ausufernden, oft an den Haaren herbeigezogenen Streitereien des Paares nehmen groteske Formen an.

    J.J. Voskuil kann schreiben, er versteht es, insbesondere Dialoge gekonnt in Szene zu setzen. Der Text liest sich leicht, Gespräche wirken glaubwürdig und echt. Manche Szene erscheint bewusst überzeichnet, situative Komik blitzt immer wieder durch und ist gewollt. Anfangs fühlte ich mich an die Sketche von Loriot erinnert, herrlich dabei insbesondere Maartens trockene und pointierte Kommentare. Als Leser bekommt man ein anschauliches Bild von den Nachbarn. Voskuil entrollt sein Kammerspiel in zahlreichen Episoden, in denen die vier zentralen Figuren vorgestellt werden. Man wundert sich über die Dominanz des schwulen Paares, das Gastfreundschaft ausnutzt, Urlaubsplanungen torpediert oder ohne Empathie persönliche Kritik abfeuert. Zweifellos arbeitet Voskuil mit Schablonen. Spätestens wenn Petrus kundtut, dass er gerne „Hoden und Penis eines Stiers“ als Fleischmahlzeit verzehrt, wird das deutlich.

    Petrus und Peer sind absolut keine sympathischen Figuren. Daran ändert auch ihre sexuelle Orientierung nichts. Die latente Verteidigung durch Nicolien entwickelt von daher skurrile Züge. Als Leser spürt man die zunehmende Spannung, eine Eskalation des Nachbarschaftskonflikts schwingt im Raum – allerdings weiß man lange nicht, in welche Richtung sie ausbrechen wird.

    Ein straffes Lektorat hätte dem Text gut getan. Nicht jede Episode ist gleichmäßig interessant. Besonders nervig sind die von Nicolien ausgehenden Verbalattacken, die sich inhaltlich wiederholen und im Kern wenig Neues zutage fördern. Mancher mag über die Szenen dieser Ehe lachen können. Ich empfinde Nicoliens Verhalten nur peinlich sowie unreflektiert und störe mich zudem an dem übermittelten Frauenbild.

    Am Ende fehlt mir auch eine klare Aussage. Als Antwort auf die überkorrekte Wokeness-Bewegung der letzten Jahre eignet sich der Roman leider nicht. Wahrscheinlich ist das Buch tatsächlich nur ein „Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum“, wie der Klappentext verspricht. Sein „urkomisches Portrait“ hat sich mir leider nicht erschlossen. Aber das mögen andere Leser vielleicht ganz anders beurteilen. Wem die „Büro-Reihe“ des Autors gefallen hat, der kommt gewiss auch hier auf seine Kosten.

  1. Es wiederholt sich alles zu oft - und langweilt deshalb

    Dieser Roman wurde erst posthum veröffentlicht aus Rücksichtnahme auf einen der "Nachbarn" des Autors Voskuil, der ein Hauptprotagonist in dieser Geschichte ist. Gleichzeitig erfahren wir im Vorwort, dass die Ehefrau des Autors den Roman am liebsten auch aus einem anderen Grund nicht veröffentlichen wollte: "Es wurde darin wieder einmal sehr viel gestritten [...]". Und bei diesen Streitigkeiten geht es um keine Geringeren als den Autor selbst und eben jene Ehefrau.

    Nach Beenden der Lektüre würde ich nun sagen: Recht hat sie. Sie hätte es lieber lassen sollen ;) Aber da sie das Buch wunderbar findet... nunja.

    Aber kurz von vorn:
    das ältere Ehepaar Nicolien und Maarten lebt schon länger in einem Mehrfamilienhaus in Amsterdam, in dem kürzlich ein neues Nachbar-Pärchen zusammengezogen ist. Petrus und Peer. Schon ist Nicolien Feuer und Flamme für die "Underdogs" (weil homosexuell), will sie in allem unterstützen und für sie da sein, weil Underdogs von Natur aus natürlich immer diskriminiert und schlecht behandelt werden. Sie richtet ihr Leben komplett auf die eventuellen Wünsche dieser neuen Nachbarn aus und gerät darüber regelmäßig mit ihrem Ehemann Maarten in Streit. Anfangs haben mich diese Streitgespräche noch leicht amüsiert - sie erinnerten zuweilen an Loriot oder den "Gott des Gemetzels". Doch die Endlosschleife dieser immer gleichen Streitabläufe hat mich schon sehr schnell genervt. Nicolien wird hier als fast schon psychopathisch gezeichnet. Haltlose Vorwürfe ihrem Maarten gegenüber, seine Worte verdrehend, Neues hinzudichtend, ihm immer heftiger den Mund verbietend bis hin zu Handgreiflichkeiten - so eine Frau hätte ich schon längst aus dem Haus gejagt oder zumindest erstmal zu einem Psychologen.

    Ansonsten passiert in diesem Roman nicht sonderlich viel. Die Paare freunden sich mehr oder weniger an, es wird sich gegenseitig oft besucht, es wird viel getrunken, über das Wetter und das Radfahren erzählt und es werden gegenseitig Haustiere gehütet. So weit so hübsch. Würde Maarten nicht ab und zu etwas sagen, dass anderen misfällt. Maarten selbst durchschaut die Nachbarn und ihr schrulliges, eigennütziges Verhalten schnell, und er hat eigentlich kein großes Interesse an einem engeren Kontakt. Nicht so Nicolien. Sie kämpft für Peer und Petrus bis aufs Blut - so, als wären es ihre Kinder. Und dabei hinterfragt sie niemals (ernsthaft) deren Verhalten, mit welchem es oftmals nicht zum Besten steht. Übel.

    Der Roman gleicht Tagebuchaufzeichnungen, denn hier berichtet ganz offensichtlich der Autor höchstselbst über seine eigenen Erlebnisse (siehe Vorwort). Deshalb bleiben leider auch viele Dinge unklar zu den Hintergründen bei den einzelnen Personen. Diese hätten mich aber durchaus interessiert. Einfach, um mal diesem Zickentheater ein wenig auf den Grund gehen zu können. Die psychologische Komponente bei alledem hätte es für mich vielleicht noch etwas interessanter gemacht. Es fehlte jegliche (positive) Entwicklung bei den Charakteren. Ganz im Gegenteil. Und in dieser Art - als stupide Aneinanderkettung von sich wiederholenden Streits, Besuchen, Heulereien und Handgreiflichkeiten - hat mich der Roman leider die meiste Zeit abwechselnd genervt oder gelangweilt. Also nein, nicht immer, es gab auch wenige nette Passagen! Trotzdem wirklich schade, für mich war das leider nix.

  1. Schwierige Beziehungen

    Wie der Buchtitel sagt, geht es um Nachbarn, aber nicht nur. Es geht auch darum, ob man alles akzeptieren muss, ob man wirklich befreundet sein sollte oder doch lieber Abstand hält. Aber es geht auch darum, zu welchen Verwerfungen es in einer Ehe kommen kann, wenn die Partner so unterschiedliche Meinungen haben.
    Kaum ist Peer zu Petrus in die nachbarschaftliche Wohnung gezogen, solidarisiert sich Nicolien mit den Underdogs, denn Underdogs jedweder Couleur – hier die Homosexuellen - haben es ja so schwer im Leben, werden immer diskriminiert. Maarten würde lieber die Menschen nach ihrem Charakter beurteilen und legt keinen Wert auf nähere Kontakte, da er die beiden uninteressant findet. Es kommt zu ständigen Streitereien zwischen Nicolien und Maarten. Egal was er sagt, Nicolien versteht ihn falsch, reißt seine Aussagen aus dem Zusammenhang und verdreht sie. Ihre Angriffe gehen immer mehr unter die Gürtellinie und Maarten übt sich in Geduld. Je enger der Kontakt zu den Nachbarn wird, umso besserwisserischer und übergriffiger werden diese.
    Wie uns der Klappentext und Vorwort verraten, durfte dieses Buch erst nach dem Tod des Autors veröffentlich werden aus Sorge, man könne die realen Vorbilder verdrießen. Durch die jetzige Veröffentlichung erlaubt die Witwe des Autors J. J. Voskuil aber auch sehr intime Einblicke in ihre Beziehung. Erzählt wird diese Geschichte fast wie eine Art Tagebuch. Wir erfahren wenig darüber, was die Protagonisten vorher erlebt haben und was sie bewegt.
    Nicoliens Vorwürfe Maarten gegenüber werden immer drastischer. Immer und immer wieder erhebt sie die gleichen Anschuldigungen. Ihren unreflektierten Einsatz für Underdogs finde ich entsetzlich. Maarten versucht zunächst noch seine Meinung zu vertreten, doch er wird zunehmend zurückhaltender, da er einsieht, dass eine Diskussion nichts bringt. Erst amüsierten mich diese Dialoge, doch als sich die Anschuldigungen ständig wiederholten und massiver wurden, nervte mich dieser Kleinkrieg. Die Nachbarn dagegen bestimmen immer mehr das Leben von Nicolien und Maarten. Petrus ist ein Grantler, der keine anderen Meinungen gelten lässt. Peer ist jünger als sein Partner, offener, aber auch jähzorniger. Beide eint, dass sie nur an sich selbst interessiert sind und übergriffiger werden. Selbst als Nicolien das zu viel wird, verteidigt sie immer noch die Underdogs, die für sie „wie ihre Kinder“ sind. Dann nach einer Zeit mit einigen Kontaktpausen, eskaliert die Sache.
    Hat mir dieser Roman gefallen? Vom Schreibstil sicherlich, doch am Ende bleiben mir zu viele Fragen offen und auch die ständigen Wiederholungen waren mir zu viel. Mich hat dieser Roman nicht fesseln können.

  1. "Der Wirklichkeit mangelt es oft an einer strengen Lektorin"

    ... Zitat von Charles Lewinsky.

    An diese Worte musste ich bei der Lektüre von "Die Nachbarn" denken.

    Das in diesem Buch beschriebene Nachbarschaftsverhältnis offenbart die Konsequenzen von nicht klar abgsteckten Grenzen und lässt Hilfsbereitschaft in Übertretungen, Gespräche in Doktrinen und Freizeitaktivitäten in Fluchten enden. Die erst nach dem Tod des Autors und des Nachbarn veröffentlichten Aufzeichnungen machen einen bruchstückhaften Eindruck mit offenem Ende, liebevoll im Klappentext als "Puzzlestücke" bezeichnet. Die Witwe des Autors kündigt die Beseitigung ihrer Bedenken zu Lebzeiten der beiden Protagonisten an und überlässt dem Leser großzügig intimste Einblicke auch in ihre ganz eigene Streitkultur und Meinung über Freundschaft und Homosexualität. Die Ereignisse scheinen also auf wahre Begebenheiten zu beruhen.

    Aufhänger für die Fokussierung auf die neue Nachbarschaft ist nämlich die Homosexualität der beiden sehr unterschiedlichen Männer. Nicolien und Maarten reimen sich schon bald ihre Geschichte auf das neue Paar. Während Maarten nicht recht warm mit diesen einfach gestrickten Zugezogenen wird, entflammt Nicolien regelrecht für die vermeintlichen Underdogs und tut dies mit übertriebenen Gesten kund. Das wiederum beschwört Maartens Missmut hervor, doch sein ruhiges Gemüt lässt die Streitereien mit seiner Ehefrau in fruchtlosen Kreisen drehen.
    Das Zusammenleben im Haus entpuppt sich mal als wunderbare Nachbarschaftshilfe und Unterstützung, dann aber zunehmend als Verpflichtung und Unterordnung. Doch Nicolien hat sich zu sehr in ihre Hilfsbreitschaft hineingesteigert, als dass sie sich diese lebensfüllende Aufgabe durch ein paar eigenartige Zwischenfälle kaputt machen lässt. Es ist Maarten, der als erster unter Peers Jähzorn zu leiden hat.

    Das offene Ende unterstütz meinen Verdacht, dass die Puzzlestücke aus einer Art Tagebuch stammen und noch zu einer zusammenhängenden Geschichte hätten ausgebaut werden können. Es war ein interessanter und an manchen Stellen zu intimer Einblick in das Leben aller Beteiligten. Man darf aus dem Buch getrost ein paar wunderschöne Radausflugsziele in den Niederlanden mitnehmen und sich von kulinarischen Tipps inspirieren lassen.

    Ich habe ein wenig den angekündigten Humor vermisst, die Verschrobenheiten dafür aber umso mehr genossen. Letztendlich waren aber die ergebnislosen Aktionen und Streitereien ziemlich unbefriedigend. Wohl ein Buch für Voskuil-Fans und/oder Amsterdam-Kenner.