Der Liebende
Monsieur Josef Haslinger, kath. Pfarrer im Ruhestand, hat sich sein Leben in Brüssel beschaulich eingerichtet: er liebt Pflanzen und pflegt sie hingebungsvoll, betreibt Seelsorge und spielt gelegentlich Schach mit einem alten Freund.
Und dann zieht mit Frau Elise Janssen eine neue Nachbarin ein: ehemalige Diplomatin, weltoffen, gutaussehend, selbstsicher und spontan und es war eine wahre Freude für mich, zu verfolgen wie aus gegenseitigem Interesse langsam Gefühle entstanden.
Wir erfahren ihrer beiden Lebensläufe, ihre Einstellungen zu Zölibat und auch zur Sexualität. Monsieur Haslinger: „Geholfen (beim Verzicht) hat mir der Gedanke, dass ein erotisches Vergnügen nicht Glück bedeutet. Denn ein Vergnügen ist flüchtig, es wechselt sich ab, vergleichbar mit einer kurzen Freude. Glück hingegen ist ein Zusammenspiel von Liebe, Seelenstärke und innerem Frieden.“
Leider ist die Zeit, die beiden miteinander bleibt, sehr begrenzt. (Dabei empfand ich große Dankbarkeit, dass mein Mann und ich unsere Liebe schon über 49 Jahre ausleben dürfen!)
Ich war begeistert von warmherzigen, einfühlsamen Personenbeschreibungen, der Liebeserklärung an den belgischen Küstenort Knokke und von wunderschönen, passenden Erkenntnissen („Alle Menschen bräuchten jemanden, der sie bei der Hand nahm und führte“).
5 Sterne vergebe ich an dieses zärtliche, lebenserfahrene und zum Nachdenken anregende Buch und empfehle es besonders Liebenden, die nachvollziehen können, dass Liebe kein Alter kennt und alles möglich macht!
Monsieur Haslinger ist als Seelsorger in der pittoresken Altstadt von Brüssel tätig, ansonsten lebt er sehr zurückgezogen. Bis Madame Janssen ins Nachbarhaus zieht und ihn mit ihrer Lebensfreude ansteckt. Beide verbindet die Liebe zu allem, was grünt, sie treffen sich zu anregenden Gesprächen und zu gutem Essen. Madame Janssen spricht schließlich aus, wie sehr sie den attraktiven Geistlichen mag, und bittet ihn, mit ihr an die Nordsee zu reisen. Dort geschieht, was der zölibatär lebende Monsieur Haslinger nie erwartet hat: Sie lieben sich. Für ihn ist es das erste Mal, für Madame Janssen jedoch das letzte Mal... (Verlagsbeschreibung)
Monsieur Haslinger führt ein ruhiges Leben. Als pensionierter katholischer Pfarrer lebt er in einer Einraum-Wohnung, arbeitet gelegentlich noch als Seelsorger, trifft sich regelmäßig mit einem Freund zum Schachspiel und findet seinen Seelenfrieden bei der Pflege seiner Blumen auf dem Balkon. Eines Abends kann er nicht schlafen, weil im Haus gegenüber eine Party gefeiert wird - laute Musik und Gelächter sind eher ungewöhnliche Geräusche in der pittoresken Altstadt von Brüssel. Monsieur Haslinger beobachtet das Geschehen und entdeckt die Gastgeberin - eine lebensfrohe Frau ungefähr in seinem Alter, voller Lachen, Tanzen, Umarmen.
Im Verlauf kommt es zu kurzen Gesprächen und Begegnungen - doch erst als Monsieur Haslinger seiner Nachbarin zufällig im Krankenhaus über den Weg läuft, wo er als Seelsorger eine alte Dame besucht, wird der Kontakt intensiver. Nun gibt es zwei Menschen, die der pensionierte Pfarrer täglich besucht, und aus seiner scheuen Zuneigung gegenüber Madame Janssen wird zusehends mehr. Als diese ihn jedoch nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus bittet, mit ihr einen Urlaub an der belgischen Nordseeküste zu verbringen, schreckt er doch zurück. Wem gegenüber ist er verpflichtet? Seinem Schwur gegenüber der katholischen Kirche und damit auch dem Zölibat? Oder doch der Liebe und dem Leben? Er trifft eine Entscheidung, doch nur zu bald muss er erkennen: Wo Sonne ist, ist auch Schatten...
Dies ist eine kurze Erzählung über eine späte Liebe, und neben der Zartheit schwingt auch viel Melancholie mit. Von den Charakteren wird durchweg als Monsieur Haslinger und Madame Janssen gesprochen, was die beiden zum einen als respektable Persönlichkeiten auszeichnet (ein gebildeter ehemaliger katholischer Pfarrer und eine weltgewandte ehemalige Diplomatin), zum anderen aber auch eine Distanz des Hörers / der Hörerin zu den Figuren wahrt. Ich mochte diese zarte, leise Geschichte sehr, auch wenn mir die Rollenverschiebung im Verlauf etwas aufstieß. Monsieur Haslinger fährt letztlich nicht nur als Liebender mit in den Urlaub, auch der seelsorgerische Anteil erhält da zunehmend Raum - wurde deshalb die Figur des Pfarrers gewählt? Trotz auch schwerer Themen ist diese Erzählung dennoch in erster Linie eine Ode an das Leben. Jeder Tag zählt...
Sehr gut gewählt wurde der Sprecher der ungekürzten Hörbuchausgabe (4 Stunden und 45 Minuten). Hans Jürgen Stockerl führt mit seiner warmen Stimme durch die Geschichte, sehr behutsam und überaus passend zur Figur des ruhigen Monsieur Haslinger.
Ein kurzer Roman vom überraschenden Glück und vom tiefen Respekt vor dem anderen. Zart, melancholisch, bittersüß.
© Parden
!ein Lesehighlight 2023!
Klappentext:
„Zwei einsame Menschen, eine letzte große Liebe
Monsieur Haslinger ist als Seelsorger in der pittoresken Altstadt von Brüssel tätig, ansonsten lebt er sehr zurückgezogen. Bis Madame Janssen ins Nachbarhaus zieht und ihn mit ihrer Lebensfreude ansteckt. Beide verbindet die Liebe zu allem, was grünt, sie treffen sich zu anregenden Gesprächen und zu gutem Essen. Madame Janssen spricht schließlich aus, wie sehr sie den attraktiven Geistlichen mag, und bittet ihn, mit ihr an die Nordsee zu reisen. Dort geschieht, was der zölibatär lebende Monsieur Haslinger nie erwartet hat: Sie lieben sich. Für ihn ist es das erste Mal, für Madame Janssen jedoch das letzte Mal.“
Autor Martin Ehrenhauser hat mit „Der Liebende“ ein mehr als außergewöhnliches und so besonderes Buch auf den Markt gebracht. Die Geschichte rund um Monsieur Haslinger und Madame Janssen ist von so viel Wärme und Gefühl durchzogen, dass es ein wahrer Jammer war, als die Geschichte sich dem Ende neigte. Er erzählt dabei komplett ohne Wertung und spricht Themen an, die wohl gerade bei der Kirche eher Tabu-Thema sind, aber was kann man denn gegen die große Macht der Liebe tun? Eben! Gar nichts! Ein anderes Thema ist aber auch die Liebe im Alter an sich. Für viele nicht vorstellbar aber ja, es gibt sie und warum sollen Menschen im (hohen) Alter keinen Sex mehr haben oder sich gar so richtig verlieben? Wer nimmt sich heraus es ihnen abzusprechen? Wohl nur die, die keine wahre Liebe je erfahren haben. Die Geschichte um Herrn Haslinger und Frau Janssen beginnt still und unaufgeregt. Wir streifen durch Brüssel (grandios bildhaft beschrieben) und dennoch erinnert der Einzug Frau Janssen‘ eher an einen alten Schlager. Wie einst schon Roland Kaiser mit voller Stimme sang - „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben“ so trifft dies wohl mehr als treffend auf Herrn Haslinger zu. Da hat er die schöne Nachbarin erblickt und die Gemeinsamkeiten und Vorlieben der beiden werden DIE Bindung. Seine Arbeit, sein Glauben scheinen irgendwie Bremse gegen die Liebe zu sein aber der Anziehung und eben seinen Gefühlen Frau Janssen gegenüber kann er sich nicht mehr entziehen! Und als Frau Janssen genau das ausspricht, was beide irgendwie schon länger wussten, so bricht selbst beim Leser die emotionale Bande und Tränchen kullern vor Freude und Erstaunen. Erstaunen? Ja, denn es kommen viele Fragen auf und zudem die Neugier wie beide mit ihren Gefühlen umgehen. Die Liebe ist so viel mehr als nur Sex! Und genau das zelebriert hier Ehrenhauser mit ganz feiner Stimme. Sein Ausdruck, seine Schreibweise sind stets passend und hüllen den Leser ein. Man klebt an den Buchseiten und erfreut sich stets daran, dass hier kein Kitsch und vor allem keine Klischees zu finden sind. Ehrenhauser vermag genau zu wissen wo er wie und wann welche Tonart am besten anschlagen kann und muss. Er schreibt so herrlich unaufgeregt, dass es nur so ein Fest ist.
Liebe ist auch Verantwortung, Liebe kann Freude bringen und auch Leid und Liebe ist eine Macht, gegen die selbst der liebe Gott keine Schranke gesetzt hat…Die beiden erleben jedenfalls etwas ganz wunderbares und ja, auch wir Leser erlesen hier etwas ganz wunderbares, nämlich ein grandioses Buch mit einer extrem tiefgreifenden Thematik die unter die Haut geht. 5 Sterne inkl. Leseempfehlung für dieses Highlight!
Sieben Monate für die Ewigkeit
Als Jugendlicher glaubt man ohnehin, dass man alles vor sich hat. Dass alles nochmals kommt, immer und immer wieder, immer noch besser. Neue Begegnungen, neue Chancen. Da trennt man sich leichter, ohne es zu bereuen. Erst wenn man alt ist, ändert sich der Blick. Dann weiß man, dass vieles einmalig war, dass vieles nicht noch einmal kommt, und man beginnt es zu vermissen (Zitat Seite 153).
Monsieur Haslinger und Madame Janssen lernen sich kennen, als sie in Brüssel seine Nachbarin wird. Es bleiben ihnen sieben Monate, von denen sie die längste Zeit in Knokke an der belgischen Nordseeküste verbringen. Sie erleben eine späte Liebe, die Monsieur Haslinger, den pensionierten katholischen Priester, für immer verändern wird.
Ich wollte das Buch vor allem wegen des Schauplatzes lesen. Ich wollte sehen, wie Ehrenhauser Brüssel beschreibt, was er am Meer für beschreibenswert hält, wo sich die Protagonisten aufhalten – weil ich einen persönlichen Bezug zu Brüssel (Kindheit) und der Küste (viele Urlaube in De Haan) habe.
Einen fünften Stern möchte ich trotzdem nicht geben, dafür war es mir dann trotz allem, trotz der klugen Gedanken und nachdenklich machenden Szenen, stellenweise fast zu kitschig. Aber ich bin froh, es gelesen zu haben.