Der belgische Konsul
!ein Lesehighlight 2023!
Klappentext:
„Sein erster Posten führt Patrick Nothomb in den jüngst unabhängig gewordenen Kongo. In Stanleyville soll er als Generalkonsul Belgien vertreten. Aber das Jahr 1964 hält anderes bereit, und so muss er, der kein Blut sehen kann, um das Leben Hunderter Geiseln verhandeln. Doch wer ist dieser junge Mann? Amélie Nothomb zeichnet das Bild seiner Kindheit zwischen belgischer Hautevolee und wilden Ardennen. Ein intimes Familienporträt, aber auch die Geschichte einer Welt im Wandel.“
Es ist wohl bislang das privateste Buch von Autorin Amélie Nothomb - in diesem Buch erzählt sie dem Leser die (kurze, knappe) Geschichte ihres Vaters Patrick. Einerseits, sie lässt ihren Vater in der Ich-Form erzählen, erlesen wir etwas aus seiner Kindheit und Jugend und später geht es dann an eben den besagten Posten der auch als Buchtitel gewählt wurde. Nothombs Art und Weise diese Geschichte zu erzählen ist ihr einfach wieder grandios gelungen. Kurze, präzise Sätze wie man es von ihr gewohnt ist, geschichtliche Aspekte fließen selbstredend gekonnt mit ein und geben einerseits Zeitzeugnis ab aber auch gleichzeitig ist es eine Reflektion einer anderen Zeit. „…aber auch die Geschichte einer Welt im Wandel“ - besser kann man es einfach nicht beschreiben! Nothombs Stil ist einfach anders und dabei so genial! Die Beschreibungen aus Patricks Kindheit waren teils so amüsant und humorvoll, dass man sich fast hinein träumen konnte, so bildhaft beschreibt sie, aber es gab auch trübe und düstere Erzählungen (hiervon hätten es gern ein paar mehr sein dürfen!) aus seinem späteren Leben (siehe Erschiessungskommando) eben als Konsul.
Die Schicksalsschläge prägte ihn, die Erziehung der Großeltern prägte ihn, Belgien prägte ihn aber auch der Kongo und so geht Amélie Nothomb nicht nur ihrem Vater selbst auf die Spur in die Vergangenheit sondern auch irgendwie zu ihren Wurzeln. Es ist eine Art Biografie aber irgendwie auch nicht, es ist keine reine Erzählung einer Lebensgeschichte, es ist halt einfach eine wahre Geschichte mit besonderem Style aus der Feder von Amélie Nothomb! Für ihre Fans ist dieses Buch wieder ein Volltreffer mit Sahnehäubchen! 5 Sterne inkl. Leseempfehlung!
Amèlie Nothombs Vater
Der gemeinsame Geburtsort Kobe von Amélie Nothomb und unserer Schwiegertochter ist nicht der einzige Grund für meine Vorliebe für diese Ausnahme-Schriftstellerin! Ich schätze sehr ihre kurze prägnante Art, Begebenheiten zu erzählen und die große Vielfältigkeit ihrer Themen. Dazu kommt der feine Humor und auch die Fähigkeit, den größten Herausforderungen etwas Positives abzugewinnen.
Diesmal geht es um ihren Vater und sie schreibt, als wenn er seine Geschichte selbst erzählt hätte. Mit 8 Monaten schon Halbwaise geworden, ist seine Mutter beim Zusammenleben mit ihm emotional überfordert und überlässt ihren Eltern die Erziehung. Besonders Oma verwöhnt ihn dabei hemmungslos! Opa erkennt jedoch die Gefahr und schickt ihn kurz vor dem Schuleintritt zum ‚Stählen’ zum anderen Zweig der Familie, den Nothombs, in die Ardennen. Das ist eine völlig andere Welt und Patrick muss in der großen Familienmitglieder-Ansammlung mit einer Horde Kinder, die jedoch trotz ihrer jungen Jahre seine Onkel und Tanten sind, seinen Platz behaupten.
Wir begleiten Patrick kurz während der Schulzeit und des Studiums und dürfen auch seine berührende große Liebe miterleben. In den diplomatischen Dienst eingetreten, wurde 1964 seine 1. Auslandsdienststelle als belgischer Konsul Stanleyville im frisch unabhängig gewordenen Kongo. Und das war eine Riesen-Herausforderung: bestand doch seine Aufgabe bei der größten Geiselnahme des 20. Jahrhunderts (die Anerkennung ihres Staates, der Volksrepublik Kongo sollte erzwungen werden) das Überleben der 1500 Geiseln zu sichern. Stundenlanges eindringlichstes Reden war gefordert! (Ein Stück der Geschichte Kongos wird dadurch auch gleich mitgeliefert!)
Erst einmal angefangen mit diesem Buch, konnte ich es nicht mehr zur Seite legen, so schlug es mich in Bann. Ich schmunzelte, freute mich und litt mit den Protagonisten. Nur schade, dass es so bald zu Ende ging. (Aber die schmalen Büchlein sind auch ein Markenzeichen dieser Autorin!) Mir bleiben nur 5 Sterne, die ich vergeben kann, bedaure dabei, dass nicht die Möglichkeit zu mehr Sternen besteht und spreche eine große Leseempfehlung aus!