Die Akademiemorde: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Akademiemorde: Roman' von Martin Olczak
4
4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Akademiemorde: Roman"

Format:Broschiert
Seiten:480
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442747290

Rezensionen zu "Die Akademiemorde: Roman"

  1. Literatur kann tödlich sein

    Ein literarisch bewanderter Mörder, der seine Opfer so gerissen wie stilvoll zur Strecke bringt. Die Opfer: Mitglieder der Schwedischen Akademie, die Jahr für Jahr wieder den Gewinner des Nobelpreises für Literatur bestimmen. Passend dazu wird jedem Kapitel der Name eines Preisträgers vorangestellt, mit einem kurzen Auszug aus der Begründung der Akademie. Kann es einen perfekteren Krimi für Leser geben, die an akuter Bibliophilie leiden? Ich sage nein. Es fließen immer wieder Informationen über diverse Autoren ein, sowie faszinierende Blicke hinter die Kulissen der Schwedischen Akademie.

    Ich fand das Buch unglaublich spannend, mit vielen unerwarteten Wendungen. Zum einen wollte ich natürlich unbedingt dahinterkommen, wer denn nun der Mörder ist, und zum anderen befindet sich die Polizei in einem ständigen rasanten Wettlauf mit ihm. Denn auch, nachdem die Mitglieder der Schwedischen Akademie unter Schutz gestellt werden, findet der Akademiemörder Mittel und Wege...

    Das ist intelligente Spannung, die sich nicht in Litern von Blut messen lässt. Besonders bestechend ist in meinen Augen, mit welcher Genialität der Mörder seine Taten plant. Er ist der Polizei immer mehrere Schritte voraus, jede Spur verläuft im Sande oder erweist sich als Sackgasse... Er inszeniert seine Rache wie ein Schauspiel. Manches fand ich im ersten Moment nicht 100%ig glaubhaft (der Mörder erschien mir gelegentlich fast allmächtig), aber der Autor löst immer auf, wie der Mörder dieses oder jenes möglich gemacht hat.

    Meiner Meinung nach lässt die Polizei das naheliegendste Mordmotiv völlig außer acht. Auch wenn es sie nicht unbedingt direkt zum Mörder geführt hätte, hätte dahingehende Recherche sie vielleicht wenigstens auf die richtige Spur gebracht! Aber darüber möchte ich mich gar nicht weiter beschweren, denn die Auflösung stellte sich als wesentlich komplexer und ungewöhnlicher heraus, als ich erwartet hatte. Der naheliegendste Gedanke ist sozusagen gerade mal die Spitze des Eisbergs!

    Die Idee, einen Krimi in der literarischen Szene anzusiedeln, ist meiner Auffassung nach sehr originell, denn wann man an Autoren, Literaturagenten, Bibliothekare und Buchhändler denkt, kommen einem sicher eher Begriffe wie "friedlich" oder "Bildungsbürgertum" in den Sinn als solche wie "Serienkiller" oder "Blutrache".

    Im Mittelpunkt stehen die Kommissarin Claudia Rodriguez und der Buchantiquar Leo Dorfmann.

    Claudia ist eine hervorragende Ermittlerin, die es aber nicht einfach hat, sich auch als solche zu behaupten. An ihrem Namen und Aussehen ist sie direkt als Ausländerin zu erkennen - oder besser gesagt, als Schwedin mit Migrationshintergrund, denn Schweden ist alles, an das sie sich erinnern kann. Obwohl sie perfekt Schwedisch spricht, hat sie es mit Vorurteilen zu tun. In diesem Fall ist sie auch noch gezwungen, mit einem Kommissar zusammenzuarbeiten, der sie darüber hinaus wegen ihres Alters und Geschlechts nicht ernst nimmt - ein sexistischer, selbstherrlicher Platzhirsch mit Macho-Allüren.

    Claudia war mir sehr sympathisch, denn sie ist nicht nur intelligent, entschlossen und mutig, sondern auch bereit, für ihre Prinzipien einzustehen.

    Auch Leo ist ein interessanter, liebenswerter Protagonist. Er muss heimlich in seinem Antiquariat schlafen, weil er nicht genug damit verdient, um sich eine Wohnung leisten zu können, und dennoch liebt er seine Bücher heiß und innig.

    Der Autor schafft es, dem Leser einen Charakter mit wenigen Worten näher zu bringen. Die meisten Charaktere fand ich dreidimensional und überzeugend, nur Claudias unsympathischer Widersacher war mir manchmal zu einseitig widerlich.

    Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Besonders die Dialoge lesen sich natürlich und glaubhaft, und der Autor hat meines Erachtens ein gutes Gespür für Szenenaufbau, Erzähltempo und die richtige Balance: bildreich und detailliert, aber nicht überfrachtet. Der Schreibstil ist intelligent, dabei aber lebendig und unterhaltsam.

    Fazit:
    Ein Serienkiller treibt sein Unwesen im literarischen Milieu: seine Opfer sind die Mitglieder der Schwedischen Akademie, deren Aufgabe es ist, den Literaturnobelpreis zu vergeben. Diese Idee fand ich schon ungewöhnlich und originell, aber die Umsetzung hat mich dann vollends überzeugt - denn der Autor zaubert noch viele ungewöhnliche, originelle Einfälle aus dem Hut. Die Geschichte enthüllt eine Ebene nach der anderen, und ich fand das hochspannend!

    Auch die Charaktere haben mir gut gefallen. Ich bin noch selten einem Buchbösewicht begegnet, der seine Taten so perfide bis ins kleinste Detail durchplant.

  1. 4
    29. Nov 2014 

    Noble Tote

    Wie in jedem Jahr hat er verkündet, wer den Literatur-Nobelpreis bekommen soll, den Empfang zum 100. Todestag des Dichters August Strindberg überstanden und nun liegt er tot im Park, Hubert Rudqvist, der ständige Sekretär der schwedischen Akademie. Wer kann seinen Tod gewollt haben? Ein ehrbares Mitglied der Gesellschaft. Claudia Rodriguez von der zentralen Mordkommission wird zum Tatort gerufen, was die örtliche Polizei nicht gerade begeistert, sieht es doch im ersten Moment eher wie ein verunglückter Raubüberfall aus. Doch schon bald werden Indizien ermittelt, die doch auf einen anderen Zusammenhang hindeuten. So hat der Täter einen über 150 Jahre alten Revolver verwendet. Eine solche Waffe dürfte nicht leicht zu finden sein. Schließlich werden weitere Akademie-Mitglieder getötet.

    Gibt es mit Claudia Rodriguez und dem Buchantiquar Leo Dorfman ein neues Ermittler-Team? Das wird aus diesem Erstlingswerk im Bereich der Erwachsenenliteratur nicht eindeutig klar. In diesem Fall jedoch ergänzen sich die beiden unterschiedlichen Charaktere perfekt. Nahezu gleich alt (ungefähr Mitte 30) treffen sich Rodriguez und Dorfmann nach Jahren wieder, wobei man als Leser schnell in die Falle tappt, dass ein Buchantiquar eigentlich mindestens 60 oder 70 und schon leicht verstaubt sein sollte. Nun dieser Vorstellung wird durch Leos Beschreibung schnell ein Ende bereitet. Nachdem Claudia bei ihren Polizeikollegen heftig angeeckt ist und auch noch zwischen die Fronten der Chefs zweier Abteilungen geraten ist, hält sie sich bei den Ermittlungen eher an Leo. Besonders nachdem sich ein gewisser Bezug des Täters zu Strindberg herauskristallisiert, können Claudia und Leo ihr Wissen kombinieren.

    Die schwedische Akademie und die Hintergründe der Nobelpreisvergabe. Ein ausgesprochen interessanter Teilaspekt dieses Krimis, der mit einem spannenden und schlüssig konstruierten Fall kombiniert ein Lektüre ergibt, die man im Nachhinein nicht mehr missen möchte. Rodriguez und Dorfman sympathische Ermittler, die den Leser durch den Fall begleiten und vielleicht einige Zweifel an der Auswahl der Preisträger aufkommen lassen, wenn die Dinge denn tatsächlich so laufen wie der Autor schildert. Auf jeden Fall bekommt man einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise der Akademie. Ein Literatur-Krimi, dem gerne ein zweiter folgen dürfte, wenn sich für die Ermittler eine weitere Thematik finden lässt, bei der sie ihre Fähigkeiten in einen gemeinsamen Topf werfen könnten.