When The King Falls
Ich habe ein kleines Faibles für Romantasy und auch wenn ich absolut nicht zur Hauptzielgruppe für dieses Buch gehöre, hatte ich damit ziemlich viel Spaß. Mir hat die Idee gefallen, dass die Dynastie der Tudors eigentlich Vampire sind, die seit Jahrhunderten in Großbritannien auf dem Thron sitzen, das Land regieren und alte Rituale am Leben erhalten. Wobei da auch schon mein erster Kritikpunkt ins Spiel kommt. Über die menschlich-vampirische Gesellschaft erfährt man als Leser sehr wenig. Hier hätte ich mir den einen oder anderen Exkurs ins historische gewünscht. Es muss absolut keine ausgeklügelte Welt wie bei Tolkien sein, aber ein bisschen mehr über das Drumherum hätte ich mir schon gewünscht.
Florence ist mir als Hauptfigur durchaus sympathisch. Sie ist klug, schlagfertig und mitfühlend. Sie wurde von ihrer Familie ihr ganzes Leben lang auf diesen Racheplan eingeschworen. Jetzt stellt sie alles in Frage, was sie bislang über Vampire zu wissen glaubte. Wobei man auch sagen muss, der Plan ist aufgrund vieler fehlender Informationen nicht der ausgeklügelste. Kritikpunkt Nummer zwei: man erfährt als Leser auch nur sehr wenig über Florence Familie. Einzig ihr Bruder Valerian taucht in der Geschichte auf. Über ihre Eltern und ihr eigentliches Leben wird wenig erzählt. Auch warum die Rache grade jetzt so wichtig ist, wird nicht so richtig deutlich. Ja, es gibt einen Grund aus der Familiengeschichte heraus. Allerdings erscheint mir dieser für den betriebenen Aufwand und das schon fast fanatische Handeln von Valerian schon beinahe überzogen zu sein.
Auch Benedict ist mir durchaus sympathisch. Man tendiert ja als Leser vorab schon ein kleines bisschen dazu auch "Nieder mit den Vampiren!" zu brüllen. Und muss dann feststellen, dass da nicht zwangsläufig das erwartete Monster auf dem Thron sitzt, sondern ein Mann, der mit seinem Job als König auch nicht immer wahnsinnig glücklich zu sein scheint. Der durchaus mitfühlend, verantwortungsbewusst und auch verletzlich ist, es aber niemals zeigen darf.
Ein bisschen zäh gestaltet sich die Annährung von beiden dann gelegentlich dann doch und man möchte seufzen, dass man Florence' Gefühlschaos zwar verstehen kann, ihre Aufopferung für die größere Sache auch verstanden hat und man es nicht in (fast) jedem Kapitel wiederholt lesen muss. Wobei - ein wenig leid tut sie mir letztlich doch. Denn für ihre Familie scheint sie nur ein beliebiger Spielstein in ihrem Plan zu sein. Da meldet sich dann mein Gerechtigkeitsempfinden und Florence Familie sammelt an der Stelle jede Menge Minuspunkte bei mir.
Klasse Spannung, zu wenig Worldbuilding
Das Cover ist super schön geworden und passt mit der düsteren Stimmung und dem so fragil wirkenden Blümchen perfekt zum Inhalt des Buches. Auch die innere Gestaltung überzeugt auf ganzer Linie und macht den Roman rein optisch schon einmal sehr ansprechend. Einzigartig finde ich, dass die Playlist nicht einfach nur am Anfang platziert wurde, sondern dass die Kapitel dem konkret zugeordnet werden, sodass die Lieder in die Geschichte einbezogen werden.
Hinsichtlich des Inhalts an sich gilt zu betonen, dass die Idee sehr spannend wirkt und ich diesbezüglich auch keineswegs enttäuscht wurde. Die ersten Kapitel werfen den Leser direkt in das Geschehen und bieten bereits die ersten spannungsgeladenen Momente, derweil es danach für ein paar Seiten ruhiger wird, aber definitiv nicht so, als dass man es als langatmig oder gar langweilig beschreiben könnte. Denn nach einem unerwarteten Vorfall droht eine durchgehende Gefahr für mehrere Charaktere und auch durch weitere, interessante Geschehnisse wird die Spannung aufrechtgehalten. Hinzu kommt Florences fortlaufende Zerrissenheit zwischen ihrer Pflicht und ihren Gefühlen, wobei man als Leser darum bangt, dass sie auf ihr Herz hört. Das Ende birgt einen absolut gemeinen Cliffhanger, dementsprechend konnte ich mich von den letzten Seiten kaum mehr losreißen und habe mit den Protagonisten mitgefiebert, wodurch definitiv ausreichend Interesse am zweiten Teil geweckt wird. Die Charaktere sind mit einer lebensfreudigen Lyra, einer zunächst eher abweisenden Bonnie und einem nicht immer so leicht durchschaubaren Benedict abwechslungsreich und tragen der Spannung dementsprechend auch bei. Florence selbst ist eine sympathische Protagonistin, auch wenn man ihr in der zweiten Hälfte einfach nur gerne mal einen Schups geben möchte, damit sie ehrlich zu sich selbst wird. Dennoch ist ihre anfängliche Angst gut ausgearbeitet und nachvollziehbar, wobei sie sich stets tapfer gibt und keineswegs anstrengend wirkt. Auch der Schreibstil konnte mich von sich überzeugen, da man mit dieser Leichtigkeit geradezu durch die Seiten fliegen und in einen richtigen Leseflow kommen kann.
Nun aber zu dem Punkt, der mich doch zunehmend mehr gestört hat, denn so gut das Buch in allen anderen Aspekten abschneidet, wurde das Worldbuilding leider vernachlässigt. Man erfährt weder viel darüber, inwieweit sich die Vampire von den Menschen unterscheiden, noch wie Florences Training vor ihrem Aufenthalt im Schloss aussah oder gar, wie das Leben in der Gesellschaft gedacht ist. Der Streit zwischen Florence und Benedict hat mich somit auch nicht wirklich gepackt, da man keine Seite wirklich nachvollziehen kann. Oftmals werden kleine Andeutungen gemacht, doch eine konkrete Beschreibung bleibt aus und somit mangelt es einfach auch an Verständnis hinsichtlich Florences oder Benedicts Perspektive.
Trotz allem ist der Roman allen Vampir- und Fantasyliebhabern zu empfehlen, da er sowohl hinsichtlich Idee, der Charaktere als auch dem Schreibstil überzeugt. Ich hoffe dennoch, dass im zweiten Teil ein wenig mehr über die Welt verraten wird, um Florences und Benedicts Meinungen besser nachvollziehen zu können.