Julius oder die Schönheit des Spiels: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Julius oder die Schönheit des Spiels: Roman' von Tom Saller
5
5 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Julius oder die Schönheit des Spiels: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:368
Verlag:
EAN:9783471360422

Rezensionen zu "Julius oder die Schönheit des Spiels: Roman"

  1. Tennis in Höchstform

    Julius von Berg ist Tennisspieler. Besser gesagt, er lebt Tennis. Aufgewachsen auf einer Burg über dem Rhein ermöglichen die Eltern und der Großvater schon früh das Spielen auf einem eigenen Platz. Dazu kommt die Begabung, die ausreichen wird, ihn bis an die Weltspitze des Tennis zu bringen.

    Tom Saller orientiert sich in seinem neuen Buch an der Lebensgeschichte des Gottfried von Cramm, auch der schöne Deutsche genannt und einer der Weltbesten Tennisspieler der dreißiger Jahre. Bekannt wurde er nicht nur durch sein Tennisspiel, sondern auch durch seine ausgeprägte Fairness auf dem Platz. Der Autor orientiert sich an Cramms Leben, bezieht sich aber zum Großteil auf die Jugendjahre von Cramms, über die nicht so viel bekannt ist. Dadurch ist die Geschichte von Julius nur bedingt die Gottfrieds. Je älter er wird, desto ähnlicher wird der Plot dem wahren Leben.

    Daneben gibt es noch die Geschichte eines alten Mannes, der im Jahre 1984 von Wimbledon an den Rhein reist, um dort vermeintlich Wiedergutmachung zu leisten. Viel mehr will ich zu diesem Plot gar nicht sagen, da sich hier die Zusammenhänge erst sehr spät ergeben. Auf jeden Fall fand ich diesen Strang sehr passend und interessant.

    Mir hat das Buch gut gefallen und das Interesse an Gottfried von Cramm geweckt. Der Schreibstil war fesselnd und ich fand es sehr interessant über die sogenannte Rheinische Republik zu lesen, die es im Jahre 1923 für ein paar Wochen gab. Und auch Julius Entwicklung vom etwas einsiedlerischen Adelssohn zum gefeierten Tennisstar und seine Problemen mit den Machthabern der dreißiger Jahre fand ich glaubwürdig geschildert.

    Ich kann das Buch auch jenen empfehlen, die sich ansonsten nicht für Tennis interessieren. Es bringt den Sport auf jeden Fall näher.

  1. Anstand in dunkler Zeit

    Klappentext von der Verlagsseite:

    Wimbledon, 1937.

    Das legendäre Daviscup-Match zwischen Deutschland und den USA. Nicht nur die Sportwelt hält den Atem an, als Julius von Berg den Ball vor tausenden von Zuschauern in den blauen Himmel wirft. Aufgewachsen auf einer Burg über dem Rhein, hat er sein Tennistalent im Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre zur Reife gebracht; ein internationaler Star, auf dem alle Blicke ruhen. Gebannt verfolgt Julie, seine Ehefrau, das Geschehen auf dem Rasen – ebenso wie die NS-Größen in der Nachbarloge, denn es steht so viel mehr auf dem Spiel als der greifbare Sieg. Selbstbestimmung oder Mitläufertum? Ruhm oder Schande? Unten, auf dem Centre Court, trifft Julius eine folgenschwere Entscheidung …

    Julius oder die Schönheit des Spiels erzählt davon, was Menschen ausmacht, und erinnert – bei allem Eintauchen in eine andere Zeit – leise daran, dass Begriffe wie Anstand und Haltung zeitlos sind.

    Autoreninfo von der Verlagsseite:

    Tom Saller, geboren 1967, hat Medizin studiert und arbeitet als Psychotherapeut. 2018 erschien sein Debütroman Wenn Martha tanzt und wurde umgehend ein Bestseller, Ein neues Blau knüpfte 2019 an den großen Erfolg an. Tom Saller lebt in Wipperfürth, einer kleinen Stadt im Bergischen Land.

    Erster Satz:

    Der alte Mann passte nicht.

    Meinung:

    Ein Buch über Tennis? Das muss ich lesen, war mein erster Gedanke und ich bin froh darüber, dass ich es getan hat. Geht es nun mal nicht nur über Tennis, sondern auch über die Zeit des Nationalsozialismus und was es bedeutet in dieser Zeit anständig, respektvoll und fair zu sein.

    Tom Saller entführt uns ins Rheinland zu Julius von Berg, einen jungen Mann aus einem Adelsgeschlecht, der ein unheimliches Talent für Tennis. Er kann ein Spiel lesen und lebt Tennis. Wort wörtlich er lebt Tennis. So sehr, dass er sich nichts sehnlicher vorstellen kann, als Tennisspieler von Beruf zu werden. Für die damalige Zeit, den frühen 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ein Unding. Seine Eltern bevorzugen eine juristische Ausbildung, die ihr Sohn, dann letztendlich in Berlin auch antritt, aber noch lieber steht er auf den Tennisplatz von Rot-Weiß Berlin.

    Mit Julius von Berg hat Tom Saller einen Charakter geschaffen, der ganz nah an Gottfried Freiherr von Cramm ist, den deutschen Tennisbaron. Wie er ist Julius völlig dem Tennis verschrieben und Tennis bedeutet für ihn nicht nur gewinnen, sondern auch die Schönheit des Spiels, Anstand, Fairness und Respekt. Gerade letzteres wird nach der Machtergreifung 1933 immer schwieriger und Julius von Berg muss erkennen, dass es schwierig wird sich an die Werte seiner Kindheit zu halten, wenn die Politik etwas ganz anderes fordert.

    Ich bin begeistert von dem jungen Mann und wie Tom Saller ihn dargestellt hat. Er zeigt ihn in all seinen Facetten und seinen Gedanken. Sei es in der Kindheit, wo er schon von den Mitschülern gehänselt wird, weil er anders ist, in der Jugend, wo er verstärkt sich um sein perfektes Tennis kümmert oder seine Anfangsjahre in Berlin. Saller bringt einen Julius nah, ohne einen alles auf dem Silbertablett zu servieren, man muss öfters zwischen den Zeilen lesen, um alles zu erfassen.

    Julius bewahrt auch Anstand und Respekt seinen Gegnern gegenüber, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und ihn für ihre Zwecke vereinnahmen wollten. So wird das Tennismatch auf dem Center Court im Davis-Cup gegen die USA zu einem Stellvertreterkrieg.

    Eingebettet ist dieser Charakter in eine wunderbar leicht zu lesende Handlung mit drei Erzählsträngen. Das hört sich im ersten Moment, vielleicht kompliziert an, aber das ist es gar nicht. Man kann sie sehr gut auseinander halten.

    Der eine Erzählstrang handelt von Julius in den Jahren 1909 bis 1937 und erzählt seine Tenniskarriere, sein Leben und die drohende Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten. Dieser Teil wird direkt aus Julius Perspektive in der Ich-Form erzählt, so ist man ihm auch direkt ganz nah und man bekommt hautnah mit wie er seinen jüdischen Mitspielern zur Flucht verhilft, wie er sich in einen Mann verliebt und wie er in Gefahr kommt.

    Der zweite Erzählstrang handelt wieder von Julius, allerdings aus der Jahr 1938. Hier gibt es uns seine Gedanken wieder und all dies wird in Präsens geschrieben. Sehr direkt, deutlich und auch erschütternd.

    Der dritte Erzählstrang spielt im Jahr 1984 wieder in Wimbledon und hier ist nun Julius von Bergs Finalgegner der Erzähler. Gerade das erste Auftreten von ihm hat mich begeistert, wie er einschritt und erkennt, dass sich nicht viel verändert hat zu der Zeit von damals. Jedenfalls nicht, wenn es um die Sexualität geht.

    Alle drei Erzählstränge zusammen ergeben ein gutes Bild von Julius von Berg und dem Geschehen damals.

    Als besonders habe ich es empfunden, dass auf von der Stimmung her schöne Kapitel traurige gekommen sind. Wobei die schönen Kapitel länger waren und die traurigen immer sehr kurz gefasst waren. Ein tolles Stilmittel und hat für mich dieses Buch zu etwas besonderen gemacht.

    Fazit

    “Julius und die Schönheit des Spiels” von Tom Saller ist ein wundervoller Roman mit historischem Hintergrund über was es bedeutet auch in dunklen Zeiten an seinen Werten Anstand, Fairness und Respekt festzuhalten.

  1. Eine eindrucksvolle Geschichte, nicht nur für Tennisbegeisterte

    „Mit unendlicher Ruhe verfolgte ich seine Flugkurve, nahm Maß, und noch bevor ich den Schläger nach vorn gebracht hatte, wusste ich – war gewisse – es wäre mir unmöglich, einen Fehler zu machen. Ich traf den Ball im perfekten Moment.“ (Zitat Seite 44)

    Inhalt
    Eines Tages wird der junge Julius von einem ungewöhnlichen Lärm geweckt, sein Großvater legt einen privaten Tennisplatz auf dem weitläufigen Areal der heimischen Burg im Rheinland an. Rasch begeistert sich die Familie für diesen Sport, doch für Julius bedeutet Tennis weit mehr. Als er für sein Jura-Studium nach Berlin zieht, genießt er das Nachtleben, tagsüber trainiert er hart, spielt erste Turniere und macht Tennis endgültig zum Mittelpunkt seines Lebens.
    Am 1. Juli 1984 verfolgt ein alter Mann das Einzelturnier der Herren in Wimbledon. Ein junger Deutscher gewinnt und der alte Mann erinnert sich an seinen damaligen Rivalen Julius von Berg und ihr legendäres Match in Wimbledon 1937, als er selbst für die USA gegen Julius, der für Deutschland spielte, auf dem Platz stand. Sie waren einander ebenbürtig, doch Julius liegt im letzten, entscheidenden Durchgang in Führung.

    Thema und Genre
    Dieser Roman ist fiktiv, der zeitgeschichtliche Hintergrund ist jedoch real und einige der darin vorkommenden Personen sind mit ihren echten Namen genannt. Im Mittelpunkt steht der Tennissport. Auch für den fiktiven Julius von Berg gibt es ein reales Vorbild, den deutschen Tennisspieler Gottfried von Cramm, damals Platz 2 der Weltrangliste. Ein eleganter Sportler, überzeugt von der Haltung Fair play, Sportsmanship, der sich nicht von den Nationalsozialisten vereinnahmen ließ.

    Charaktere
    Julius von Berg liebt das Leben, auch das Berliner Nachtleben, doch sein Lebensmittelpunkt ist der Tennissport. Natürlich will er gewinnen, doch wichtiger als der Sieg ist für ihn die Schönheit des Spiels, sowie Respekt vor dem Gegner, Haltung, Anstand und Fairness. Er muss erkennen, dass sich Sport und Politik nicht trennen lassen. „Sag das nicht, Julius. Sobald du doch für ein Turnier meldest, bist du in den Augen der Öffentlichkeit nicht nur Sportler, sondern auch Deutscher und damit automatisch Vertreter deines Heimatlandes. Ob du willst oder nicht.“ (Zitat Seite 177)

    Handlung und Schreibstil
    Die angenehm und flüssig zu lesende Geschichte wird in drei Erzählsträngen erzählt, die einander abwechseln. Den ausführlichen Hauptteil, sein Leben bis zu den Ereignissen in Wimbledon 1937 schildert Julius als Ich-Erzähler, chronologisch, beginnend mit Episoden aus seiner Kindheit. Im zweiten Erzählstrang lässt uns Julius 1938 an seinen Gedanken teilhaben und die Erzählsprache wechselt ins Präsens. Der dritte Handlungsstrang findet 1984 statt und hier steht der damalige Finalgegner, nun ein alter Mann, personal im Mittelpunkt. Zusammengefügt ergeben diese drei Teile ein umfassendes Bild, schließen sich zu einer ganzen Geschichte mit allen Hintergründen und Details, die manche offene Fragen beantworten.

    Fazit
    Ein eindrucksvoller Roman, eine fiktive Geschichte mit einem realen zeitgeschichtlichen Hintergrund, deren Schilderungen der lebhaften Stadt Berlin in den Zwanzigerjahren, verbunden mit vielschichtigen Themen, dieses Buch nicht nur für Tennisbegeisterte zu einer interessanten, unterhaltsamen Lektüre machen.