Inhaltsangabe zu "Irgendwo. Aber am Meer: Roman"
In Arnold Stadlers Roman »Irgendwo. Aber am Meer« reist ein Schriftsteller zu einer Kulturveranstaltung in den Westerwald, wo er an einem »Talk« teilnehmen soll. Aber der »Event« wird zum Fiasko. Befragt, was sein Beitrag zur Energiewende sei, wie er zu Greta Thunberg und den im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlingen stehe, verstrickt er sich in einen hilflosen Antwortversuch. »Das ist ja das reinste weiße Altmännergeschwätz!«, schallt es aus dem Publikum.
Erholungsbedürftig bricht der »Experte im Nichtwissen«, dem die Gegenwart fremd geworden ist, zu einem Sehnsuchtsort seines Lebens auf: ein Haus mit Blick auf die griechische Insel Ithaka. Es wird eine tragikomische Reise durch Erinnerungen, Geschichten und Gedanken, eine Suche nach unserem Platz in der Welt: dem Ort, an dem wir – trotz allem! – glücklich sein können. Irgendwo. Aber am Meer.
Poetisch, klug, herausfordernd
„Ich hatte den Verdacht, dass sie auf Schloss Sayn eigentlich Greta Thunberg hatte hören wollen und mir übelnahmen, dass ich nicht Greta Thunberg war, sondern ein weißer Alter, der für alles verantwortlich gemacht werden konnte.“ (Zitat Seite 13)
Inhalt
Seit etwa zwanzig Jahren verbringt ein Schriftsteller mehrere Wochen im Sommer auf der griechischen Insel Lefkada, als Gast im Haus seines Schwagers Micha und mit nachdenklichem, sehnsüchtigen Blick auf die Insel Ithaka. Diesmal freut er sich noch mehr als sonst auf diese Reise, denn er fährt mit seinem neuen Auto, einem nicht unbedingt klimafreundlichen SUV. Doch vor diesen glücklichen Sommertagen liegt eine Lesung aus seinem nächsten neuen Buch, auf Schloss Sayn im Westerwald, am Himmelfahrtstag. Die anschließende Diskussion, im Programm modern als „Talk“ bezeichnet, wird für ihn zum Fiasko, denn plötzlich dreht sich die Diskussion nicht um sein Buch, sondern um die Energiekrise und Greta Thunberg und aus dem Publikum tönt der Ruf „Altmännergeschwätz“. So wird Sayn zu einem Fixpunkt in seinen Gedanken, der ihn auch auf seiner Reise nach Lefkada begleitet, zusammen mit der Frage, wo sein Platz im Leben ist und ob jemand, der wie er schon viele Jahre durch das Leben wandert, unbedingt ein Ziel haben muss.
Thema und Genre
Im Mittelpunkt dieses Romans steht ein älterer Schriftsteller mit seinen Gedanken zu aktuellen Themen unserer Zeit, mit seinen Fragen, Lebenserfahrungen, und Erinnerungen, mit seiner Sehnsucht nach einem Ort, wo er dem Leben zuschauen kann.
Erzählform und Sprache
Die Handlung verläuft chronologisch während der Sommermonate, im Mittelpunkt stehen Reisen, die Rückreise von einer Lesung, und einige Wochen später die Reise nach Griechenland, und dann die Wochen auf Lefkada. Doch dies ist nicht mehr als eine Art Rahmen, der die Vielfalt der Gedanken und Überlegungen des Schriftstellers als Ich-Erzähler umfasst. Wer wissen möchte, wie sich eine moderne, immer wieder überraschende Interpretation der Erzähltechnik „stream of consciousness“ (Bewusstseinsstrom) liest, wird in diesem Buch fündig. Da genügt ein Satz, um die Überlegungen zu einem bestimmten Gedanken oder Ereignis einzuleiten, und etwas später beginnt mit genau dem gleichen Satz eine neue Gedankenreihe, diesmal jedoch eine völlig andere Sichtweise. Es ist dieses scheinbar so Ungeordnete im Bewusstsein des Ich-Erzählers und die gekonnte Umsetzung, dazu die Ausdruckskraft der Sprache, die den Sog dieses Romans ausmachen.
Fazit
„Und so schöne Fragen, die mir auch nicht weiterhalfen, drängten sich schon wieder in meinem verqueren Inneren. Würde ich als Mann der schönen Sätze enden?“ (Zitat Seit 151) Diese Sorge des selbstkritischen Ich-Erzählers ist unbegründet, auch wenn er für die Fülle seiner Fragen, die er an sich selbst und an das Leben stellt, nicht immer Antworten findet und wenn, dann mehr als eine. Ein literarisches, poetisches, aber auch herausforderndes Leseerlebnis.