Frau in den Wellen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Frau in den Wellen: Roman' von Beatrix Kramlovsky
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Inhaltsangabe zu "Frau in den Wellen: Roman"

Joni wächst in der provinziellen Enge der Nachkriegsjahre auf. Als junge Diplomatengattin beschreitet sie das politische Parkett Ostberlins. Zu ihren Kindern, die beim Vater leben, hält sie engen Kontakt, während sie als Regierungsberaterin um die Welt jettet. Und während Joni versucht, den Erwartungen als Frau und Mutter zu genügen, wird ihr unangepasstes Leben plötzlich öffentlich debattiert. Sie muss erkennen: Auch ein noch so unabhängiges Frauenleben bleibt fragil. Beatrix Kramlovsky erzählt die mitreißende Geschichte einer willensstarken, unkonventionellen Frau, die stets auf dem Drahtseil zwischen Unabhängigkeit und Eingebundensein balanciert.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: hanserblau
EAN:9783446274792

Rezensionen zu "Frau in den Wellen: Roman"

  1. Wenn man zu viel will...

    Ein Roman über eine Frau, die unabhängig, erfolgreich und angesehen ist, an mehreren Orten einen Zufluchtsort hat, ohne wirklich daheim zu sein und sich den traditionellen Regeln eines konservativen Familienlebens widersetzt – das hätte ein Volltreffer mit viel Diskussionspotenzial werden können. Leider verflachen die Wellen um die Frau in Beatrix Kramlovskys Roman sehr rasch, denn obwohl wir Einblicke in die Vergangenheit der Protagonistin Joni erhalten und auch bestens über ihr gegenwärtiges Leben informiert werden, bleibt sie dem Leser seltsam fremd, bisweilen gar undurchsichtig, und taugt weder zur Sympathieträgerin noch zur Identifikationsfigur. So wird das zu erwartende Hauptthema, die Tatsache, dass Joni ihre Kinder in sehr jungem Alter bei ihrem Mann zurücklässt, sich nur um diese kümmert, wenn ihr Terminplan es zulässt und ansonsten eine brillante Karriere hinlegt, kaum diskutiert. Von schlechtem Gewissen, Zerrissenheit oder versäumten Gelegenheiten wird – wenn überhaupt – nur ganz am Rande gesprochen. Stattdessen reist der Roman fast "Traumschiff"-artig mit dem Leser an die schönen Orte der Welt, Joni wird von ihrem – überwiegend – männlichen Freundeskreis sehr geschätzt und alle scheinen sich nach ihr auszurichten, damit ihr Leben so bequem wie möglich ausfällt. So weit, so geschönt – wie gesagt, es fehlt an fundierter Auseinandersetzung mit dem enorm wichtigen Thema der Mutterschaft, das viele beschäftigt.

    Leider verliert der Roman mit zunehmendem Verlauf dann sein ohnehin schon geringes Interesse an den Herausforderungen, denen eine Frau zwischen Karriere und traditionellem Familiensystem täglich ausgesetzt ist und begibt sich neben der Einflechtung fast aller aktuellen Themen (von Klimawandel über Migration) auf die Spur von Cybermobbing. Jonis heranwachsender Sohn hat mit einem unbedachten, harmlos erscheinenden Social Media-Post eine Lawine von Shitstorms und Hasskommentaren losgetreten, die allerdings in ihrem Ausmaß stark überzogen wirken. Joni ist zu wenig überzeugend eine Person des öffentlichen Lebens als dass die dargestellten Konsequenzen glaubhaft wirkten. So wird die Protagonisten, die unfehlbar zwischen allen Kulturen und Problemen navigiert und bis dato ausnahmslos von jedem gemocht wurde, zum Opfer stilisiert – aber genau da hapert es: Empathie ist mit der Figur kaum möglich, weil keine Bindung zwischen Leser und Figur stattgefunden hat. In Kombination mit der Tatsache, dass mit dem Cybermobbing noch ein weiteres aktuelles Thema berücksichtigt wird, erscheint der Roman am Ende nur wie eine Geschichte einer überprivilegierten Frau, die durch unsere harten Zeiten navigiert.

    Dennoch: der Roman ist sehr ansprechend geschrieben, die eingeschobenen Rückblicke sorgen für Abwechslung und starten zumindest den Versuch, Joni zu erklären. Insgesamt will der Roman jedoch zu viel Aktualität bedienen und verpasst dabei, sich mit dem Wesentlichen auseinanderzusetzen.