Eine moderne Familie
Inhaltsangabe zu "Eine moderne Familie"
Broschiertes BuchEine ganz normale norwegische Familie: Mama, Papa, die erwachsenen Kinder Liv, Ellen und Håkon und die Enkel Agnar und Hedda. Alle gehen ihren interessanten Berufen nach, verstehen sich gut. Feiern gemeinsam die Feste des Jahres. Treffen sich sonntags mit ihren zum Teil wechselnden Partnern zum Essen bei den Eltern. Im Sommer verbringt man Zeit in der Familien-Hütte in den Bergen.
Und dann das: Am siebzigsten Geburtstag von Papa verkünden die Eltern, daß sie sich scheiden lassen wollen. Plötzlich ist nichts mehr, wie es war. Wie in einem Mikado-Spiel, bei dem ein herausgezogenes Stäbchen die Balance zum Einsturz bringen kann, bricht die Familienidylle zusammen, es gibt scheinbar keinen sicheren Boden mehr. Auch das Leben der Kinder gerät in profunde Unordnung. Erzählt wird diese spannende Geschichte über die Untiefen des Familienlebens abwechselnd von Liv, Ellen und Håkon. Durch diesen Kunstgriff gewinnt der Roman einen einzigartigen Perspektivenreichtum und zeichnet konturscharf das Bild moderner Menschen und ihrer Kämpfe, Verletzungen und Träume.
Muster, Rollen, alte Bahnen
Es ist Sverres 70. Geburtstag. Die norwegische Familie findet sich anlässlich einer gemeinsamen Italienreise zum Jubelfest zusammen. Doch statt einer gemütlichen Familienfeier kommt alles ganz anders. Die Eltern verkünden den drei erwachsenen Kindern, dass sie sich trennen werden.
„Wir werden und scheiden lassen…es ist eine wohlüberlegte Entscheidung…..Wir sehen im anderen keine Zukunft mehr!“….“Auseinandergelebt? Zukunft“? Mal im Ernst, ihr seid siebzig!“
Wie die drei „Kinder“, Liv, Ellen und Hakon, mit dieser Botschaft umgehen, ist Hauptthema des Romans „Eine moderne Familie“ der norwegischen Autorin Helga Flatland. Die Konstruktion einer heilen Familie mit Vorbildwirkung gerät ins Wanken. Dabei geht es der Autorin nicht darum, was Auslöser oder Grund für die Entscheidung der Eltern ist. Es geht nicht um Betrug oder Ehebruch oder Schuldzuweisungen. Helga Flatland zeigt anhand der Reaktionen der drei Geschwister, wie unterschiedlich die eigene Wahrnehmung ist über sich selbst, aber auch über das Leben, die Beziehung anderer und zu anderen. Aus der jeweiligen Ich-Perspektive von Liv, Ellen und Hakon, erfahren wir, welche Bedeutung die Scheidung der Eltern jedem von ihnen zukommt.
Ganz deutlich treten die kindlichen Rollen wieder zu Tage: Liv, die Älteste und Verantwortungsvolle kann nur ganz schlecht mit Veränderungen umgehen. Die scheinbar stabile Ehe der Eltern war für sie von jeher Vorbild uns Stützpfeiler ihrer eigenen ins Wanken geratenen Ehe mit Olaf. Der schon in Kindheit und Jugend schwelende Konkurrenzkampf zwischen Liv und Ellen um Anerkennung und Zuneigung bricht erneut auf. Liv ist nun selbst überbehütende Mutter zweier Kinder, während Ellen an ihren vergeblichen Versuchen schwanger zu werden beinahe scheitert. Hakon hingegen, der Nachzügler, dem man als Jüngsten und kränklichem Kind viel Nachsicht entgegengebracht hat, wirkt er - von Ehe und Monogamie nicht angetan - von der gegenwärtigen Situation zunächst unbeeindruckt. Bis er sich selbst verliebt.
Die Konstruktion Familie steht in diesem Roman unter scharfer Beobachtung. Helga Flatland hat ein ungemein gutes Auge für die alltäglichen Geschichten, die das Leben schreibt. Sie bleibt dabei unaufgeregt, analysiert die Familienbeziehungen fernab von Dramatik oder süßlichem Kitsch. Es sind Beobachtungen mit großem Wiedererkennungswert über Muster, Rollen, alteingelaufene Bahnen und wie eine Veränderung das bisherige Leben in Frage stellen kann. Souverän erzählt!