Ein Ort für immer
![Buchseite und Rezensionen zu 'Ein Ort für immer' von Graham Norton](https://m.media-amazon.com/images/I/41InhnuHBVL._SL500_.jpg)
Kurzmeinung: Ich habe mich herrlich amüsiert!
Der deutsche Titel bringt es nicht so richtig auf den Punkt, er klingt nach Cottage, auf jeden Fall nach Heimeligkeit, Forever Home jedoch, der Orginaltitel, trifft den Nagel auf den Kopf. Carol, unsere Protagonistin, trotz erwachsenem Sohn, kehrt nach gescheiterter Beziehung ins Elternhaus zurück. Forever. Hoppla.
Mit der gescheiterten Beziehung ist das so eine Sache, denn Declan, ihr Lebensgefährte ist „nur“ dement geworden und lebt jetzt im Pflegeheim, wohin Carol jeden Tag hindackelt, um ihm Gesellschaft zu leisten. Aber warum ist sie in ihr Elternhaus zurückgeschlüpft? Und das für immer?
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Mich hat der Roman „Forever Home“ gleich "Ein Ort für immer" amüsiert. Nicht wegen des verheißenen Krimianteils, der ist nebbich, kurz und gut eine Leiche ist zu entsorgen, so what? - sondern wegen der Charaktere, die Mr. Graham Norton entworfen hat beziehungsweise wegen der Nichtcharaktere. Denn gibt es solche Leute wirklich? (Nein, hoffentlich nicht). Denn Carol ist butterweich. Seit sie Declan kennt, hat sie ihm zuliebe ihren Beruf aufgegeben und ist in sein Haus eingezogen, nun warum nicht, das machen viele Frauen. Aber Declan ist noch verheiratet, keiner weiß, wo seine Frau ist, und Carol hat sich in keinster Weise abgesichert, sie hat weder Mietvertrag noch Nießbrauchrecht, noch sonst irgendwas und fragt auch nach Jahren nicht nach einer möglichen Scheidung, geschweige denn, dass sie sie fordern würde - denn Declan kann richtig wütend werden. (Ach was?). Als Declan eines Tages nach langen gemeinsamen Jahren mit Carol von seinen Kindern kurzerhand ins Pflegeheim verfrachtet wird, verkaufen sie das Haus und sie bekommt keinen Heller von dem Verkaufspreis! Auch die Ehefrau kehrt kurzfristig zurück, gesteht einen Mord und wird bedauert. Herrlich!
Zum Glück ist Moira stets zur Stelle, Carols Mutter, die ihr ein Leben lang jeden Schritt diktiert hat. Das ist immer noch so. Carol wird klar, dass sie sich immerzu herumscheuchen lässt, zuerst von Mama, dann von Declan, und nun eben wieder von Mama und auch von ihrem Sohn und den Kindern von Declan lässt sie sich auf der Nase herumtanzen. Carol hat das Muster durchschaut, aber etwas daran ändern, ist zu unbequem. Man müsste ja eigene Entscheidungen treffen und wenn die sich dann als falsch herausstellen? Also lieber nicht. Mama Moira ist mit ihren zarten 80 Lenzen noch sehr agil und regelt die Chose.
Die Nebencharaktere sind nicht minder unwirklich. Die Kinder Declans sind auf der weiblichen Seite rückgratlos, - da ist die liebe Sally, freudlos vor sich hin arbeitend, beziehungs- und erkenntnisunfähig (Mama ist schuld), eifersüchtig und missgünstig - und auf der männlichen Seite rücksichtslos. Der homosexuelle Killian auf dem besten Wege in ein etabliertes Leben mit festem Partner und Verantwortung für ein Kind, überlegt es sich anders und wählt das Leben, das er kennt, ungezügelter Hedonismus. Ah!
Zum guten Ende hin sind die Probleme gelöst, von Moira natürlich, von wem sonst, und Carol hat sich mit dem elterlichen Heim als Home forever abgefunden, angefreundet und arrangiert. Nur ein wenig ängstlich schaut sie in die Zukunft, was wird sein, wenn Moira nicht mehr da sein wird, die ihr Leben regelt?
Fazit: Ein Krimikomödie, die deshalb Spaß macht, weil man sich unaufhörlich über die Figuren lustig macht, ein Roman, den man nicht ernst nehmen kann und soll und bei dessen Lektüre man sich fragt, warum der Autor "solche Kröten" geschaffen hat und vom Leser verlangt, ebensolche zu schlucken. Moral von der Geschichte: es ist gar nicht schlimm, wenn man eine Leiche im Keller hat. Einfach Moira anrufen, sie regelt schwierige Angelegenheiten ohne Wimpernzucken.
Gelesen als Hörbuch: die Sprecherin Cathlen Gawlich tut ihr Möglichstes, kann den Roman aber trotz erheblichen Einsatzes nicht höher als bis zu drei Sternen hieven. Gelacht habe ich aber wirklich häufig. Ein Sommerspaß!
Katgorie: Leichte Muse
Verlag: Argon als Hörbuch/Kindler 2024
Gebrochene Herzen, soweit das Auge reicht...
Mein Hör-Eindruck
Carol ist knapp 50 Jahre alt, als sie das Haus verlassen muss, in dem sie mit ihrem Lebensgefährten gelebt hat. Ihre betuchten Eltern kaufen es zurück und entdecken die sprichwörtliche Leiche im Keller.
Damit ist der Plot in etwa umrissen. Der Genremix aus Familienroman und Krimi stört weniger als die Art und Weise, wie er umgesetzt wird. Es dauert lange, bis Spannung aufkommt, und die verpufft auch wieder sehr schnell. Die Handlung wird künstlich gelängt durch Wiederholungen und Nebensächliches wie z. B. wer neben wem steht oder wer wo warum parkt.
Das Verhalten der Figuren bleibt zu häufig unklar. Wieso zwingt Declan seine Partnerin dazu, ihre Kontakte abzubrechen? Wieso lehnen seine Kinder die neue Frau an der Seite ihres Vaters ab? Wieso wird die neue Beziehung in der Kleinstadt nicht akzeptiert? Im Unterschied zur Homo-Ehe des Sohnes? Die Liste ließe sich verlängern. Das Verhalten der meisten Figuren ist schlecht nachvollziehbar und wirkt unglaubwürdig konstruiert. Vor allem bleibt völlig unklar, wieso die totgeglaubte Ehefrau plötzlich auftaucht.
Carol, die Protagonistin, ist eine passive Frau, die andere Menschen über sich bestimmen lässt. Ist es zunächst Declan, so ist es jetzt ihre temperamentvolle und überaus übergriffige Mutter Moira, die das Heft in der Hand hält und Carol bevormundet, erst recht, weil Carol wieder in ihr altes Kinderzimmer gezogen ist. Das alles führt zu witzigen Dialogen, wobei das Komödiantische aber nur streckenweise anhält. Carol erkennt zwar die Dominanz ihrer Mutter, aber sie erkennt ihr eigenes Lebensmuster nur ansatzweise. Daher geht sie ihr Problem nicht an und entwickelt sich nicht.
Die komödiantischen Elemente verdichten sich am Schluss der Geschichte, aber dieser Schwenk ins Lustige passt nicht zum Plot.
Die Sprecherin Cathlen Galwich macht ihre Sache hervorragend. Ab und zu blitzt ihr thüringischer (?) Zungenschlag durch; sehr charmant!
Wer einen sommerlichen Hängematten-Roman will und Spaß an witzigen Dialogen hat, ist mit dem Roman gut beraten.