Die Kieferninseln: Roman
Inhaltsangabe zu "Die Kieferninseln: Roman"
Gilbert Silvester, Privatdozent und Bartforscher im Rahmen eines universitären Drittmittelprojekts, steht unter Schock. Letzte Nacht hat er geträumt, dass seine Frau ihn betrügt. In einer absurden Kurzschlusshandlung verlässt er sie, steigt ins erstbeste Flugzeug und reist nach Japan, um Abstand zu gewinnen. Dort fallen ihm die Reisebeschreibungen des klassischen Dichters Basho in die Hände, und plötzlich hat er ein Ziel: Wie die alten Wandermönche möchte auch er den Mond über den Kieferninseln sehen. Auf der traditionsreichen Pilgerroute könnte er sich in der Betrachtung der Natur verlieren und seinen inneren Aufruhr hinter sich lassen. Aber noch vor dem Start trifft er auf den Studenten Yosa, der mit einer ganz anderen Reiselektüre unterwegs ist, dem Complete Manual of Suicide.
Die Kieferninseln ist ein Roman von meisterhafter Leichtigkeit: tiefgründig, humorvoll, spannend, zu Herzen gehend. Im Teeland Japan mischen sich Licht und Schatten, das Freudianische Über-Ich und die dunklen Götter des Shintoismus. Und die alte Frage wird neu gestellt: Ist das Leben am Ende ein Traum?
Wenn aus Träumen Realität wird ...,
... kann daraus eine tiefgründige und humorvolle Reise nach Japan werden; so wie in diesem Buch.
Gilbert Silvester ist einer jener Männer, die irgendwann feststellen, dass sich ihr Leben nicht so entwickelt hat, wie sie es sich in jungen Jahren vorstellten. Statt wie viele seiner früheren Kommilitionen Karriere zu machen, hangelt er sich von Projektvertrag zu Projektvertrag, während seine Frau als Gymnasiallehrerin erfolgreich ist. Eines Nachts träumt er, dass sie ihm untreu ist und als er erwacht, ist klar, dass dieser Traum die Wahrheit darstellt. Fassungslos verlässt er das Haus und fliegt schnellstmöglich so weit weg wie es geht - nach Tokio. Dort plant er eine Reise auf den Spuren des Dichters Bashō, doch noch bevor er sie antritt, kann er den Selbstmord des jungen Japaners Yosa verhindern. Dieser schließt sich ihm an und gemeinsam machen sie sich auf den Weg.
Es ist eine ruhige, stellenweise poetische und auch philosophische Geschichte, die jedoch nicht ohne Humor ist. Gilbert ist ein etwas dröger 'Held', der sich seines beruflichen Mißerfolges zwar durchaus bewusst ist, verantwortlich dafür sind aber die Fehler der Anderen: die Kritikunfähigkeit seines Doktorvaters, der nicht geschätzte Auslandsaufenthalt - irgendwas war immer. Stets ist er das Opfer, nun das seiner Frau, die ihn mit ihrer Untreue (wenn auch nur geträumt) nach Japan getrieben hat. Wirklich amüsant wird es, als er Yosa begegnet und versucht, ihm die Welt zu erklären, die japanische natürlich. Und ihm (gedachte) Vorhaltungen macht, die exakt auf seine eigene Person zutreffen, was mir Gilbert aber wieder sympathischer machte (wie häufig, wenn ich über Personen lächeln muss ;-)).
Voller Poesie sind die zahlreichen Naturbeschreibungen, ganz im Sinne des Dichters Bashō, für den Poesie einen eigenen Lebensstil darstellte; selbst die des Selbstmörderwaldes, der tatsächlich existiert. Und auch die philosophischen Gedankengänge Gilberts von der Bartbetrachtung (seinem aktuellen Forschungsprojekt) bis zum Allmachtsparadoxon sind lesenswert-amüsant.
Ein ungemein vielschichtiges Buch, das mit Genuss und Aufmerksamkeit gelesen werden sollte und aus dem man viel über Japan erfahren kann.