Die Bücherjägerin: Roman
„Die Sache mit alten Landkarten ist, dass sie einen in die Irre führen. Die Sache mit der Kartografie insgesamt ist, dass sie die Dinge in einem Maßstab darstellt, der natürlich nicht der Realität entspricht.“ (Zitat Pos. 29)
Inhalt
Sarah ist beinahe zehn Jahre alt, ihre Schwester Milena sieben, als ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen. Sie wachsen bei Amalia von Richtershofen, der Schwester ihrer Mutter, in einer Villa bei Köln auf, mit einem Garten, groß wie ein Park. Tante Amalia ist eine Bücherjägerin und Kartensammlerin und Sarah teilt ihre Liebe zu Büchern. Heute ist Sarah ebenfalls eine Bücherjägerin, Kartensammlerin und Restauratorin von alten Büchern und Dokumenten. Seit dem Tod von Tante Amalia vor sechs Monaten lebt sie zurückgezogen allein in der Villa, umgeben von Büchern. Bis eines Tages nicht der Postbote an der Tür klingelt, sondern Benjamin Ballantyne, Wissenschaftler und Bibliothekar der British Library in London. Kurz vor ihrem Tod hatte Amalia die Britische Bibliothek kontaktiert, es ging um das seit Jahrhunderten verlorene erste Segment der Tabula Peutingeriana. Ben kann Sarah überreden, ihm bei der Suche zu helfen. Der Weg führt sie zu einem Weingut in der Champagne, nach London, und zu einem Landsitz in Essex.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um alte Bücher und besonders um die Suche nach dem ersten Segment der insgesamt zwölf Segmente umfassenden mittelalterlichen Kopie einer ursprünglich spätrömischen Straßenkarte, um Verlust, Trauer, aber auch um die vielen Facetten und Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen.
Charaktere
In der Familie galt Amalia als schwierig und exzentrisch, doch nun ist sie Mutter und Familie für ihre beiden Nichten. Ihr Satz „Das kriegen wir schon hin“ bleibt in all den Jahren eine sichere Konstante zwischen Amalia, Sarah und Milena. Nicht erst seit dem Verlust ihrer Tante Amalia zieht sich Sarah in die magische Welt der Bücher zurück, das tat sie schon immer, wenn ihr das reale Leben, die Menschen und die Umgebung zu laut wurden. Als sie auf den Engländer Ben trifft, der Deutsch spricht, als hätte er die Sprache mit Goethe und Schiller gelernt, merkt sie rasch, dass er sie so respektiert, wie sie ist.
Erzählform und Sprache
Sarah erzählt die Geschichte dieser Schatzsuche und gleichzeitig auch die Geschichte ihres bisherigen Lebens, daher ist der Roman in der Ich-Form geschrieben. Die Recherchen und die Reise auf den Spuren von diesem besonderen historischen Artefakt werden chronologisch geschildert. „Eine Karte also voller Abenteuer und Geschichten, deren verlorener erster Teil definitiv einige Umstände und eine plötzliche Reise wert ist.“ (Zitat Pos. 710). Ergänzt werden die aktuellen Ereignisse durch viele Rückblicke in Form von Sarahs Erinnerungen an prägende Erlebnisse ihrer Jugend, und vor allem an ihre Tante Amalia. Als sie den wenigen, kryptischen Notizen von Amalia folgen, tauchen sie auch in deren Vergangenheit ein. Die Sprache ist einfühlsam, humorvoll und angenehm zu lesen.
Fazit
Eine interessante, spannende Suche nach einem wertvollen alten Dokument, dazu sympathische Charaktere, dies ergibt in Summe eine rundum gelungene Geschichte, Lesevergnügen garantiert.
Ein Wohlfühlbuch
Nach dem Tod ihrer Eltern leben die beiden Geschwister Sarah und Milena bei ihrer Tante Amalia in Köln. Amalia nimmt sich ihren Nichten an und geht liebevoll, vor allem auf Sarahs Eigenarten ein. Später als die beiden bereits erwachsen sind, wird Sarah ebenfalls Restauratorin von alten Büchern und arbeitet mit ihrer Tante zusammen.
Als Amalia plötzlich stirbt bleibt die junge Frau mit Amalias Schildkröten und einer Menge ausstehender Zahlungen alleine in der Villa zurück. Bis ein junger Mann an ihrer Tür klingelt und sie bittet, ihr bei der Suche nach einer verschollenen und sehr alten römischen Karte zu helfen. Anscheinend hatte ihre Tante bereits eine heiße Spur. Gemeinsam machen sich die beiden auf die Suche voller Abenteuer.
Elisabeth Beer gelingt mit ihrem Debüt ein gelungener Auftakt. Als Leser ist man sogleich im Geschehen und an Sarahs Seite. Eine lange Einführung spart sich die Autorin. Die Geschichte nimmt zügig Fahrt auf, Geschehnisse aus der Vergangenheit, die bedeutend für die aktuelle Situation sind, werden mit in die Handlung eingebaut. So erklären sich die Zusammenhänge nach und nach von selbst. Das hat mir gut gefallen.
Schwierigen Themen wie der Tod eines geliebten Menschen, einen Platz im Leben bzw. in der Gesellschaft finden oder zu sich selbst als Person zu stehen, nähert sich Elisabeth Beer respektvoll und mit Bedacht. Manche Passagen gehen wirklich zu Herzen, doch bevor die Schilderungen drohen ins Sentimentale abzurutschen, fließt die Geschichte weiter.
Auch die Charaktere gewinnen schnell die Herzen der Leserschaft. Es macht Spaß mit ihnen in die Handlung einzutauchen und mit ihnen auf Schatzsuche zu gehen.
Der Roman ist ein absolutes Wohlfühlbuch, bei dem man nicht rechnen muss plötzlich mit etwas sehr Unangenehmen konfrontiert zu werden. Das einzige Manko ist, dass die Handlung stellenweise vor sich hin plätschert. Wenn man dann nicht aufpasst und sich konzentriert, verpasst man den Anschluss.
Fazit:
Eine Geschichte wie eine kuschelige Decke an kalten Regentagen. Reinkuscheln und entspannen.