Der Zopf meiner Großmutter
Inhaltsangabe zu "Der Zopf meiner Großmutter"
Gebundenes BuchMeine Großmutter, mein Großvater, seine Geliebte und ich.
"Ich kann mich genau an den Moment erinnern, als mein Großvater sich verliebte. Es war klar, dass die Großmutter nichts davon mitkriegen sollte. Sie hatte schon bei geringeren Anlässen gedroht, ihn umzubringen, zum Beispiel, wenn er beim Abendessen das Brot zerkrümelte."
Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky: Max' Großmutter soll früher einmal eine gefeierte Tänzerin gewesen sein. Jahrzehnte später hat sie im Flüchtlingswohnheim ein hart-herzliches Terrorregime errichtet. Wenn sie nicht gerade gegen das deutsche Schulsystem, die deutschen Süßigkeiten oder ihre Mitmenschen und deren Religionen wettert, beschützt sie ihren einzigen Enkel vor dem schädlichen Einfluss der neuen Welt. So bekommt sie erst als Letzte mit, dass ihr Mann sich verliebt hat. Was für andere Familien das Ende wäre, ist für Max und seine Großeltern jedoch erst der Anfang.
Ein Roman über eine Frau, die versucht, in einer Gesellschaft Fuß zu fassen, die ihr entgleitet. Über einen Mann, der alles kontrollieren kann außer seine Gefühle. Über einen Jungen, der durch den Wahnsinn der Erwachsenen navigiert und zwischen den Welten vermittelt. Und darüber, wie Patchwork gelingen kann, selbst wenn die Protagonisten von so einem seltsamen Wort noch nie gehört haben.
Oma Rita
Maxim ist beinahe sechs, seine Großeltern sind mit ihm von Russland nach Deutschland gekommen. Sie wohnen noch im Übergangsheim. Die Großmutter betüdelt Max zum einen von hinten und vorn, zum anderen jedoch führt sie auch ein strenges Regiment. Es gibt einfach zu viele Dinge, die Max nicht darf. So vieles ist verboten, weil es gefährlich sein könnte. Max’ Opa ist dagegen die Ruhe selbst, kaum je sagt er etwas, immer wirkt er zuverlässig. Und doch ist er es, der sich in der Fremde neu verliebt. Und Max ist der, der mit der Tochter der neuen Liebe zur Schule geht.
Wo sind denn seine Eltern? Schließlich ist Max mit den Großeltern da. Und die Großmutter, die die Bekanntschaft ihres Mannes mit Nina eher noch bestärkt. Merkt sie nichts oder macht sie es absichtlich. Man kann sie nicht durchschauen, allerdings traut man ihr so einiges zu. Schließlich wird vermutet, dass sie mal eine gefeierte Tänzerin war. Indessen quält sich Max mit seiner Nicht-Schwester Vera, die schon in jungen Jahren geschäftstüchtig ist. Doch auch Max entledigt sich findig der vielen Einschränkungen, die ihm die Großmutter auferlegt. Man stelle sich nur das erste Eis spendiert vom Großvater vor, das er kaum zu essen wagt.
Sie sind schon sehr skurril die Mitglieder dieser ungewöhnlichen Patchwork-Familie. Aus Sicht des erwachsenen Lesers wirken die Kinder noch am normalsten, obwohl das bei den Eltern nicht so einfach ist. Die Großmutter scheint so ein russisches Urgestein zu sein, die eigentlich an Deutschland am liebsten kein gutes Haar lassen würde. Man fragt sich, wieso sie überhaupt eingewandert sind. Das hat dann aber wohl etwas mit Max zu tun, der, obwohl er in den Augen der Großmutter nicht viel taugt, doch eine bessere Zukunft haben soll. Man kann sich richtig vorstellen, wie Oma Rita mit nur wenigen deutschen Worten alle einschüchtert und sich nur mit ihrem Tonfall auch auf russisch verständlich machen kann. Und so schmunzelt man mit ihnen, leidet manchmal und schüttelt auch mal den Kopf, über die etwas gewöhnungsbedürftige Auffassung der Einwanderer. Mit Leichtigkeit schafft es die Autorin uns deren Lebenswelt nahe zu bringen, einfach im Sinne, so sind sie eben. Diese erfrischende Familiengeschichte hat Tiefgang, zum Glück ohne Schwermut auszulösen.