Der Große Garten

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Große Garten' von Lola Randl
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4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Große Garten"

"Ein Trieb wird als unwiderstehlicher Drang empfunden. Pflanzen und Tiere denken gar nicht daran, diesem Trieb etwa entgegenzusetzen, wohingegen der Mensch seine Triebe immer häufiger aufschiebt oder umwandelt."
Ein Roman über die Schwierigkeit, auf dem Land der Fülle des modernen Lebens zu entkommen und in Ruhe sein Gemüse zu ziehen. Und wenn sich dann zum Mann und den Kindern noch die Mutter, ein Liebhaber, ein Analytiker und Wühlmäuse in den Garten gesellen, weiß selbst die Therapeutin aus der Stadt nicht mehr weiter.

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Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
EAN:9783957577092

Rezensionen zu "Der Große Garten"

  1. Gartenseelen und Lebenssinn-Nomaden

    Viele der kurzen Kapitel sind auf schlichte Art ungemein charmant und sprühen vor feinem Humor, andere entpuppen sich als wahre Schatzkästchen des Gartenwissens. Blumen, Gemüse, Setzlinge, Schädlinge, verschiedene Bodenarten – für jemanden, der (wie ich) keinerlei Ahnung von Gartenbau hat, sind das böhmische Dörfer. Bisweilen beschlich mich der Gedanke, dass dieser Teil des Buches an mich verschwendet war, oder dass diese Kapitel sich womöglich besser als Teil der Gartenkolumne einer Tageszeitung eignen würden.

    Gott sei Dank ranken sie sich verspielt um die Menschen herum, die Lola Randl zu Wort kommen lässt: Da ist die Ich-Erzählerin (Lola Randl selber?), die keine Ahnung hat vom Landleben, aber zurückwill zur Natur. Meistens jedenfalls. Da sind ihr Mann und ihr Liebhaber – und ihr Analytiker, der irgendwie ebenfalls ihr Liebhaber ist, und die alte Künstlerin, deren Liebhaberin sie manchmal gerne wäre. Und ihre Therapeutin, die nicht mehr weiterweiß. Da ist ein altes Ehepaar, das Herzblut in die Bestellung von Saatgut steckt und sich jetzt damit auseinandersetzen muss, dass er zum Pflegefall wird. Dann gibt es noch die jungen Japanerinnen, die wieder alle Erwartung sehr viel Erfolg damit haben, mitten in der Uckermark ein japanisches Café aufzuziehen. Und, nicht zu vergessen, da ist die Kommune, die der Liebhaber aus Versehen beherbergt – inklusive seines selbsterklärten Sklaven, der die Freiheit darin sucht, keine Entscheidungen treffen zu müssen.

    Und natürlich die Mutter der Erzählerin, die sich als Expertin für Gartenwissen schwer damit tut, ihrer Tochter in deren Garten den ersehnten Freiraum zu lassen. Bedeutet das doch, dass die Fehler macht und Gewächse kreuz und quer in den falschen Boden und die falschen Lichtverhältnisse setzt. (Der Hinweis, wie gut sich das als Metapher übertragen lässt auf das Tochterleben, erübrigt sich.)

    Lola Randls Garten entpuppt sich als Kaleidoskop des alltäglichen menschlichen Chaos: da wuchern die Befindlichkeiten; da blüht die Hoffnung; da stellt sich heraus, dass Gefühle sich in etwa so gut herausrupfen lassen wie die Gemeine Quecke. Das Leben ist kompliziert, die Sprache schlicht. Bisweilen wirkte sie auf mich wie das literarische Äquivalent zur naiven Bauernmalerei, sodass Inhalt und Sprache ein schlüssiges Gesamtbild ergaben.

    Fazit

    Eine Frau sucht neuen Sinn in ihrem Garten auf dem Land – auch wenn sie keine Ahnung vom Gartenbau hat und einfach kreuz und quer pflanzt, was sie gerade schön findet. Ihre gartenaffine Mutter, händeringend, tut sich schwer damit, ihre erwachsene Tochter Fehler machen zu lassen. Und überhaupt, eigentlich sollte auf dem Land doch alles ruhig und einfach sein, aber die Erzählerin muss feststellen, dass sie sich das Leben schon selber kompliziert macht. Da ist ihr Mann, da sind ihre Kinder, da sind ihr Liebhaber, ihr Analytiker und ihre Therapeutin. Und die ewigen Quecken, Maulwürfe und Wühlmäuse.

    Lola Randl lässt ein kurzes Kapitel auf das nächste folgen, und die sind randvoll mit Gartenwissen und kurzen prägnanten Einblicken in das Leben der Menschen, die ihr Glück im Garten suchen.

    Zugegeben: Manchmal tat ich mich schwer mit Kapiteln, die mit Gartenwissen allzu sehr an die nicht vorhandene Gärtnerin in mir appellierten. Manchmal fand ich die Erzählerin ermüdend in ihrem ewigen Tanz rund um Mann und Liebhaber und Analytiker. Und dennoch, immer zog das nächste kurze Kapitel mich dann wieder mitten rein in den Garten, und dann konnte ich mich dem Charme der Erzählung nicht mehr entziehen…

  1. 4
    23. Sep 2019 

    Liebhaberhaus

    Manchmal wird die Fülle des Lebens zu viel und man zieht aufs Land, weil es dort wohl ruhiger zugeht. Die Empfehlung, einen Garten anzulegen, nimmt man gerne an. Natürlich stellt man fest, dass das nicht so einfach ist. Besonders nicht, wenn die Mutter alles besser weiß und einen mit guten Ratschlägen überhäuft. Leider hat sie auch noch meistens recht, sie kennt sich eben aus mit dem Gärtnern. Und wenn da noch ein Liebhaber ist in seinem Liebhaberhaus und der Mann und die Kinder und Irmi und Hermann. Die Ruhe auf dem Land ist auch nicht so das. Vielleicht kann es die Therapeutin richten oder der Analytiker.

    Man könnte sich diesen Roman auch gut als App vorstellen. Kurze Kapitel die gut mit Zeichnungen, Fotos oder kleinen Filmen ausgeschmückt werden. Es ist schon klug, sich mit dem Anlegen eines Gartens zu beschäftigen. In der schnelllebigen Zeit heute gibt ein Garten eine tolle Gelegenheit zur Entschleunigung. Man weiß, wie schön es ist, die Blumen zu betrachten, die man selbst eingepflanzt oder ausgesät hat. An einem sonnigen Tag lässt sich die Blütenpracht genießen und die Pflege nimmt man gerne in Kauf. Die Erzählerin des Gartens hat schon eine spezielle Persönlichkeit. Ihre umherflatternden Ideen lassen sich zum Glück gut in dem entstehenden Garten kanalisieren.

    Beim Erzählen über den Garten entfaltet sich eine kluge, ein wenig chaotische Geschichte, die die Augen umschmeichelt. Man bemerkt die Eigenheiten der Erzählerin, doch sie entwickelt eine so erfrischende Art, dass sie immer sympathisch bleibt. Sicher wird man einiges am Dorfleben wieder erkennen, wenn man selbst auf dem Land aufgewachsen ist und manchmal etwas genervt, meist aber schmunzelnd denken, ja, so kann es sein. Zugleich erfährt man, dass man einfach drauf los gärtnern kann oder auch planvoll vorgehen kann. Dieser Roman flattert leicht dahin und ist dabei doch gehaltvoll und lebensnah. Ein Jahr im Garten mit seinen Höhen und Tiefen und einer anheimelnden Wärme.