Nie, nie, nie: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Nie, nie, nie: Roman' von Linn Strømsborg
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4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nie, nie, nie: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:256
EAN:9783832181338

Rezensionen zu "Nie, nie, nie: Roman"

  1. 4
    06. Okt 2024 

    Mutterschaft - Eine Kontroverse

    Linn Strømsborg erzählt eine Geschichte, die aktueller nicht sein könnte: Eine 35-jährige Frau möchte keine Kinder haben. Sie ist gesund, hat einen Partner, der sie liebt, einen guten Job und eine gesicherte Existenz. Und doch möchte sie keine Kinder bekommen. Wie despektierlich eine Gesellschaft reagiert, wenn eine Frau keinen Kinderwunsch hat, davon berichtet „Nie, nie, nie“, hier in der Übersetzung von Stefan Pluschkat.

    Schon früh ist für die Protagonistin klar, dass sie keine Kinder möchte. Nicht weil sie Kinder prinzipiell ablehnt oder weil sie selbst unter ihrer Mutter gelitten hatte, sondern weil sie es sich nicht wünscht. Mit dieser ganz einfachen und nur sie selbst und ihren Körper betreffenden Entscheidung stößt sie jedoch ihr Umfeld vor den Kopf. Ihr Partner Philipp, mit dem sie schon viele Jahre zusammen ist, entdeckt jetzt, Mitte 30, in sich durchaus einen Kinderwunsch. Ihre beste Freundin Annika, die doch auch keine Kinder wollte, ist plötzlich schwanger – und glücklich damit. Ihre Mutter, die selbst kaum ein Verhältnis zur eigenen Mutter hat, da diese sobald die Kinder alte genug waren das Land verlassen hat um endlich ihr wahres Leben leben zu können, strickt vorsorglich Babykleidung.
    Darf sie sich wirklich frei entscheiden, keine Kinder zu bekommen, wenn doch alle um sie herum etwas anderes von ihr erwarten? Kann sie nur aus Liebe zum Partner Mutter werden, damit sein Kinderwunsch in Erfüllung geht?

    Es ist ein sehr grundlegendes und mitunter schmerzhaftes Thema, dass Linn Strømsborg hier aufgreift. Über Frauen, die sich nicht gesellschaftskonform verhalten, meint jeder eine Meinung zu äußern und ein Urteil erlauben zu können. Dass es hierbei um eine ganz persönliche, den eigenen Körper und die eigene Psyche betreffende Entscheidung geht, ist wohl den meisten Menschen nicht bewusst. Ich fand es sehr gut dargestellt, wie mit Argumenten und Gegenargumenten das Thema Kinder und Kinderlosigkeit umkreist wird und doch nicht der Kern getroffen wird. Dass nämlich letztlich jeder Lebensentwurf gleichberechtigt ist und zu akzeptieren ist und niemand das Recht hat, über andere Menschen zu urteilen. Leider sind wir heute gesellschaftlich noch nicht so weit und als eine Frau in den Dreißigern kann ich persönlich es sehr gut nachfühlen, was hier thematisiert wird.

    Der große Wert des Buches liegt darin, dass die Protagonistin sehr klar und nüchtern reflektiert, dabei aber nicht die unterschiedlichen Emotionen, die so eine Entscheidung bedeutet außen vor lässt. Dabei betreibt die Protagonistin keine Nabelschau, sie versetzt sich durchaus auch in ihren Partner, ihre Freundin und ihre Mutter hinein. Es ist ein sehr ehrliches, schnörkelloses und fesselndes Buch, das trotz des emotional aufgeheizten Themas nicht in Klischees verfällt.
    Sprachlich ist es leicht und eingängig zu lesen, allerdings ohne große Finesse. Dafür mit klaren Worten und deutlicher Botschaft. Anhand der kurzen Kapitel wird sowohl die Entwicklung der Charaktere gezeigt, als auch die Reflexionen der Protagonistin, so dass man auch immer wieder kurz inne halten und seine eigenen Gedanken beim Lesen reflektieren kann.

    Für mich ist es ein starkes Buch, das Frauen dazu ermutigen soll, ohne Scham für sich und ihren Lebensentwurf einzustehen. Und gleichzeitig ist es ein Appell für mehr Akzeptanz und Fingerspitzengefühl im Umgang mit diesem Thema, das uns alle tangiert.