Gussie
Auguste "Gussie" Amalie Julie Adenauer (geb. Zinsser)
* geboren 07.12.1895 in Köln
† gestorben 03.03.1948 in Bonn
Zweite Ehefrau von Konrad Adenauer
Gussi liegt im Johannes-Hospital in Bonn. „Sie weiß, dass sie sterben wird.“ (S.9) An ihrer Seite sitzt Konrad Adenauer. Sie schaut zurück und erinnert sich.
Der Schriftsteller Christoph Wortberg läßt die Zeit zwischen 1895 und 1948 wie in einem historischen Film aufleben. Wer bisher nicht viel über Konrad Adenauer weiß, wird nun mehr von ihm und Gussi erfahren. Der Leser taucht ein in eine Vergangenheit, die heute Geschichte ist. Er zeigt uns den Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer der nach dem Tod seiner ersten Frau 1919 Gussi heiratet. Seine drei Kinder brauchen eine Mutter und Gussi und er verstehen sich auf Anhieb sehr gut.
„[…], ich tanze durch mein Leben. Schön wie der junge Frühling. Mit dem Mann, den ich liebe.“ (S. 206)
Die Familienidylle wird durch die Nationalsozialisten, die Konrad Adenauer verfolgen, zerstört und zusätzliche Repressalien haben schwere Auswirkungen auf die Familie.
Der Verrat Gussis, durch die Gestapo erzwungen, belastet schwer. Doch bis zum Schluss ist Konrad Adenauer an ihrer Seite.
Der Schreibstil ist flüssig, die politischen Umstände werden sachlich und gut geschildert. Die biografische Geschichte ist eingebettet zwischen Adenauers Lieblingsporträt von Gussi.
Der Roman hat mich sehr berührt und beeindruckt. Er gibt Einblick in das Leben zweier Menschen, die ein außergewöhnliches Schicksal erfahren mussten.
Wir tauchen ein in ein Stück Zeitgeschichte.
Auguste Adenauer betrachtet ihr Leben - sie liegt bereits im Sterben, als wir ihr in „Gussie“ begegnen. Das ist auch, was die Lektüre nicht im ganz leicht macht, Gussies langsames Dahinsiechen nimmt breiten Raum ein, viele kleine Abschiede gilt es zu meistern. Den von Konrad zum Beispiel, ihrem zwanzig Jahre älteren Ehemann, Kölner Oberbürgermeister und später Kanzler der neu gegründeten Bundesrepublik. Gussie ist seine zweite Frau und übernimmt als solche ein schweres Amt, denn als sie Adenauers Ehefrau wird, hat er bereits drei Kinder aus erster Ehe. Deren Herz zu gewinnen, ihren eigenen Kindern eine gute Mutter zu sein und Konrad zur Seite zu stehen - insbesondere während der Terrorherrschaft der Nazis - ist alles andere als einfach. Das gilt um so mehr, da Konrad Adenauer hier als etwas wortkarger, sehr kluger, aber doch schwer zugänglicher Mensch geschildert wird.Gussie meistert diese Aufgabe, setzt überdies noch eigene Akzente - in diesen Szenen ist das Buch stark und lesenswert. Schwerer fiel es mir persönlich, Gussie als Sterbende in gefühlt jeder dritten Szene wieder zu begegnen. Natürlich ging es zu Herzen, doch ob es notwendig war, uns das in diesen Details zu präsentieren? Für mich persönlich wäre hier weniger mehr - oder jedenfalls genug gewesen.
Gussie liegt im Bonner Johannes-Hospital und weiß, dass ihr Leben zu Ende geht. Sie erinnert sich an die Zeit mit Konrad Adenauer. Sie lernte ihn im Haus ihrer Eltern kennen und heiratete den fast zwanzig Jahre älteren, verwitweten Kölner Bürgermeister mit drei Kindern. Mit ihm bekommt sie fünf Kinder, doch der Erstgeborene stirbt kurz nach der Geburt, was sie ein Leben lang nicht verwunden hat. Sie steht ihrem Mann zur Seite, ganz besonders in den politisch schwierigen Zeiten nach Hitlers Machtübernahme. Ihrem Mann verhilft sie zur Flucht, nachdem man ihn verhaftet hat, und dann verrät sie ihn, um ihre Kinder zu schützen.
Es ist ein wunderbarer Roman über eine starke Frau, der einen berührt und manchmal fassungslos macht, der mich aber auf jeden Fall gefesselt hat, obwohl ich gar nicht einmal so viel Neues erfahren habe. Der Schreibstil von Christoph Wortberg ist sehr angenehm zu lesen, er fängt die Atmosphäre jener Zeit sehr gut ein. Zu Beginn jeden Kapitels finden wir Auszüge aus der Korrespondenz zwischen Gussie und ihrem Vater.
Auguste Zinsser kommt aus gut bürgerlichem Haus und hat ein inniges Verhältnis zu ihrem Vater. Auch wenn ihr abgeraten wird, so heiratet sie den viel älteren Konrad Adenauer. Sie liebt den verschlossenen Mann, ist seinen Kindern aus erster Ehe eine gute Mutter und muss dann unter den Politischen Verhältnissen so viel ertragen. Doch immer steht die lebensfrohe Frau zu ihrem Mann, der seine Überzeugungen hat und nicht von ihnen ablässt. Glücklicherweise haben sie Freunde, welche die gleichen Überzeugungen haben und ihnen zur Seite stehen. Aber die Nazis lassen sie nicht in Ruhe und Gussie muss eine Entscheidung treffen, die über ihre Kräfte geht.
Ich habe diese starke Frau bewundert, die zwar manchmal innerlich zerrrissen ist und oft Angst hat, aber trotzdem zu ihrem Mann steht und für ihre Familie kämpft. Doch ihre Gegner kennen keine Skrupel und keine Menschlichkeit.
Ein großartiger Roman, den ich nur empfehlen kann.
Das Leben einer faszinierenden Frau
Cover:
-----------------
Das gemalte Portrait der Frau, um die es in diesem Buch geht, macht neugierig und ist passend für diesen historischen Roman gewählt. Auguste Adenauer sieht dem Betrachter direkt ins Gesicht, sodass ich mich auf den ersten Blick angesprochen fühlte.
Inhalt:
-----------------
Auguste "Gussie" Adenauer ist die zweite Frau des ehemaligen Politikers Konrad Adenauer.Nachdem seine erste Ehefrau verstarb, heiratete sie ihn mit nur 24 Jahren und wurde im selben Moment Stiefmutter seiner drei Kinder und später noch Mutter von 5 weiteren gemeinsamen Kindern. Nach schönen, aber auch schwierigen Zeiten liegt sie gezeichnet von einer Krankheit im Sterben und lässt ihr Leben in Rückblenden passieren.
Mein Eindruck:
-----------------
"Die Neugier hat sie immer begleitet, das Unbekannte hat ihr nie Angst gemacht. Auch jetzt macht es ihr keine Angst. Das einzige Unbekannte, das noch vor ihr liegt, ist der Tod. Sie weiß nicht, was danach kommt. Aber wenn es etwas gibt, wird es gut sein. Die sichtbare und die unsichtbare Welt. So viele Fragen, so wenige Antworten. Ihr Vater sagte immer: »Es kommt nicht auf die Antworten an, es kommt darauf an, die richtigen Fragen zu stellen.«Damals hat sie das nicht verstanden, jetzt weiß sie, was er damit meinte."
Der Roman spielt sich ausschließlich in den Erinnerungen von Gussie ab. Jedes Kapitel beginnt mit einem Zitat, das meistens aus einem der Briefwechsel zwischen Gussie und ihrem Vater stammt. Die Handlung wird dabei im Wesentlichen in den beiden Zeitebenen Aufenthalt im Krankenhaus 1948 und der Vergangenheit erzählt. Die Vergangenheit ist nicht immer chronologisch, aber man findet sich anhand der Zeitangaben gut zurecht.
Mir gefielen die Einblicke, die man nicht nur in die Familiengeschichte Konrad Adenauers, sondern auch in das Innenleben von Gussie erhält. Dem Autor ist es gelungen, ihren Charakter so zu beschreiben, dass man sich in die Person einfühlen kann. Trotz des Altersunterschiedes zwischen den beiden und den widrigen Umständen (Eltern anfangs gegen die Vermählung, Stiefkinder, Tod des ersten eigenen Kindes, Verfolgung durch das Nazi-Regime), ist es Gussi immer wieder gelungen, aufzustehen und den Widrigkeiten zu trotzen. Sie hat es verstanden, sich in die Menschen einzufühlen, sie mit ihrem Lachen und ihrer Musik für sich einzunehmen und hatte den Mut zu handeln, um den Nazis Widerstand zu leisten. Eine starke und bewundernswerte Frau!
Der Schreibstil hat mich sofort gefesselt. Die Zitate machen neugierig und die Erinnerungen, gemischt mit den Gefühlen und Gedanken Gussies, bilden eine gute Mischung, um in die Vergangenheit einzutauchen und sich von den Ereignissen fesseln zu lassen. Vor allem die klugen poetischen Gedanken, die sich Gussi über ihr Leben und das im Allgemeinen macht, haben mich gerührt. Ich musste mir einige Zitate notieren.
Fazit:
-----------------
Eine gelungene Romanbiografie über das Leben und den Charakter einer starken und mutigen Frau!