If We Were Villains: M.L. Rio

Buchseite und Rezensionen zu 'If We Were Villains: M.L. Rio' von M. L. Rio
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "If We Were Villains: M.L. Rio"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:429
EAN:9781785656477

Rezensionen zu "If We Were Villains: M.L. Rio"

  1. 4
    30. Dez 2023 

    Almost Shakespeare

    Sie sind die Sieben. Die Schüler einer Theaterklasse in einem kleinen Eliteinternat. Drei Jahre lang lief alles bestens. Sie waren richtig eng. Egal, das Meredith und Richard zusammen waren. James und Oliver ein Zimmer teilten. Wren und Pippa gut mit einander konnten. Alexander lieber Männer mochte. Sie waren ein Team. Und so hätte das Abschlussjahr zwar stressig werden sollen, aber es hätte in einer herausragenden Abschlussaufführung münden sollen. Doch die Veranstaltung zu Halloween gerät aus den Fugen. Und bei Caesar eskaliert die Unstimmigkeit so, dass einer von ihnen sein Leben verliert.

    Eine Schule, an der ausschließlich Stücke von Shakespeare gespielt und gelehrt werden. Das ist doch interessant. Obwohl man sich fragt, wie so eine Schauspielausbildung auf eine Karriere vorbereiten soll. Oder kann Shakespeare alles lehren, was man später braucht. Wie sehen die Schüler das? Oder sind sie so mit ihren Studien, dem Lernen der Stücke, verbunden, dass sie die Welt da draußen nicht mehr brauchen? Oliver Marks ist nicht der große Schauspieler. Er ist der Nette. Manchmal wirkt er wie der Stichwortgeber. Und doch hat er gegen den Willen seiner Familie das Schauspielstudium aufgenommen. Er brennt genauso wie die anderen, wenn nicht mehr.

    Shakespeare in die Moderne übertragen, so wirkt dieser Krimi, der eigentlich keiner ist. Denn eigentlich scheint alles klar als die Handlung zehn Jahre später einsetzt. Nur der ermittelnde Detektive hat seine Zweifel. Und er überredet Oliver Marks ihm von dem Abschlussjahr zu erzählen. Dadurch bekommt der Roman eine ganz besondere Form, die fesselt und das Buch aus der Masse heraushebt. In die Tiefe kennen muss man die Stücke von Shakespeare nicht, er wird genug erklärt. Mögen sollte man Shakespeare vielleicht schon. Jedenfalls hat das Geflecht zwischen den sieben Studenten dieses Abschlussjahrgangs eine Wildheit und Zartheit, wie man sie auch in der klassischen Tragödie finden kann. Nicht alles wird bis zum letzten entschlüsselt, doch das passt zu diesem packenden Roman, der die positive Überraschung des Jahresausklangs darstellt.

  1. Die Tapfern kosten einmal nur den Tod

    M.L. Rio entwirft ein düsteres Panorama von Freundschaft, Verrat und unstillbarem Ehrgeiz, quasi als Bühnenbild für eine Geschichte epischen Ausmaßes, die Akt für Akt zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechselt.

    Vor zehn Jahren war Oliver Marks einer von sieben jungen Menschen, die am renommierten (fiktiven) ‘Dellecher Classical Conservatory’ Shakespeare studierten und aufführten. Bösewicht, Held, Verführerin? Die Grenzen zwischen Realität und Performance verschwammen, Bühnenrivalitäten führten zu echter Gewalt und schließlich zu Mord. Oliver wurde dafür verantwortlich gemacht, doch die Schuldfrage blieb nebulös.

    In der Gegenwart wurde Oliver gerade aus dem Gefängnis entlassen und ist endlich bereit, Detective Colborne die ganze Wahrheit zu sagen, was eine beinahe shakespearesche Tragödie offenbart.

    Die Geschichte ist von einem subtilen Gefühl des Unheils durchdrungen, auch in Szenen des bunten Theaterbetriebs. Es ist eine langsame, schwelende Spannung, die letztendlich zum dramatischen Konflikt eskaliert.

    Die Charaktere und ihre überaus komplexen Beziehungen sind meisterhaft geschrieben, der Roman enthüllt ihre verborgenen Absichten und lotet die tiefsten Tiefen ihrer Persönlichkeiten aus. Wie üblich im Genre Dark Academia, sind die wenigsten von ihnen Sympathieträger, aber dennoch interessante Figuren.

    M. L. Rio hat einen Master-Abschluss in Shakespeare-Studien, und das merkt man diesem Roman an. Ihr Schreibstil erschafft mühelos eine reiche Atmosphäre, findet genau die richtigen Bilder und Formulierungen. Die Charaktere haben ihre eigene Sprache, ein Mischmach von Shakespeare-Zitaten und prätentiöser Nachahmung.

    In einem zeitgenössischen Roman wirkt die Verwendung von shakespearischer Sprache und einer Fünf-Akt-Struktur sowohl irritierend als auch faszinierend – ein originelles Stilmittel, das dem Werk ganz neue Bedeutungsebenen hinzufügt.

    Fazit

    Eine düstere Geschichte, die sich im Umfeld einer Bildungsreinrichtung abspielt – das ist ‘Dark Academia’, ergeht sich aber nicht in müden Klischees. Der perfekte Roman für Leser:innen, die Shakespeare und/oder atmosphärische Geheimnisse mögen.