Vinz Solo: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Vinz Solo: Roman' von Sebastian Beck
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Inhaltsangabe zu "Vinz Solo: Roman"

Vinzenz Karl Bachmeier, 1968 geboren in Artlhofen bei Landshut, unendlich weit entfernt von der Weltstadt München, ist Vollwaise, verhinderter Rockgitarrist, Beziehungstrottel und unehrenhaft entlassener Oberministrant. Vinz kämpft sich durch die späte Pubertät – im Grunde immer nur auf der Suche nach der einen großen Liebe. Eine Jugend in den 1980er-Jahren mitten in der tiefsten bayerischen Provinz, dort wo Kirche und Wirtshaus das Leben dominieren und wo die Oberlinke, die von Ihrem Hof aus einen Drogengroßhandel betreibt, genauso dazugehört wie Hochwürden "Onkel Willi", der Spendengelder veruntreut. Ob die drei Wünsche, die Vinz quälen, am Ende überhaupt noch eine Rolle spielen? Ob seine Suche nach einem Leben, das sich zu leben lohnt, ihn erwachsener gemacht hat? Schau ma moi, dann seng ma‘s scho...

Format:Taschenbuch
Seiten:280
EAN:9783784436579

Rezensionen zu "Vinz Solo: Roman"

  1. Jugend in Niederbayern

    Mein Lese-Eindruck:

    Vinz ist 18 und ist auf Krawall gebürstet. Das Leben in seinem niederbayrischen Dorf wird bestimmt von der Feuerwehr, vom katholischen Kirchenleben, dem Pfarrer und einer politischen Grundeinstellung, in der die alten Nazis noch ihre Heimat finden und die Sozis verteufelt werden. Diesem Mief will Vinz entfliehen, was man als Leser gut verstehen kann. Also eine typische Ausgangslage für einen Adoleszenz-Roman oder, wenn man Anglizismen mag, einen Coming-of-Age-Roman.

    Vinz hat Ziele: er will cool sein, er will eine feste Beziehung, er will eine spezielle E-Gitarre und in einer Rockband spielen, und er will ein eigenes Auto. Diese Ziele verfolgt er teilweise rührend unbedarft und nicht immer geradlinig. Und nicht immer erfolgreich: Frust und Misserfolge gehören zu seinem Erwachsen-Werden dazu.

    Der Autor lässt vor seinem Leser eine Dorflandschaft entstehen, die man als Niederbayer sofort wiedererkennt. Klar gibt es das: den Pfarrer, der sich an Spendengeldern bereichert! Und klar gibt es Missgunst und Eifersucht unter den Pfarrern, und der Pfarrer, der seine Ministranten abwatscht, den gibt es auch. Die fromme Mutter mit ihrem Maria-Goretti-Kreis, die Ausgrenzung eines polnischen Flüchtlings, die Sehnsucht nach einem starken Mann, das Haberfeldtreiben und so weiter – das kennt man, das ist nicht aus der Luft gegriffen, ebenso wenig wie die Drogenkommune auf dem Lande, die Wallfahrten nach Altötting bzw. die „Wallfahrten“ nach Wackersdorf etc.

    Der Autor kennt Niederbayern und seine Bewohner!

    Vinz‘ Gehversuche zum coolen jungen Mann werden mit viel Humor und vor allem mit viel Wortwitz erzählt. Als Leser muss man über seine originellen Assoziationen lachen und ist dankbar, dass der Humor nicht abrutscht in die Sparte der billigen Schenkelklopfer-Witze. Der Roman besticht von Anfang bis Ende durch seinen Wortwitz und seine sprachliche Souveränität.

    Vinz vergeht allerdings die Ironie, und der Autor schlägt sprachlich gekonnt eine Brücke zu einem ernsten Teil, in dem es für Vinz ganz nach unten geht und von wo aus er sein Leben neu ordnet, mit Hilfe einiger Freunde.

    Der Autor hält konsequent die Perspektive seines jugendlichen Helden ein, sprachlich und inhaltlich, und damit gelingen ihm einige anrührende Szenen, in denen Vinz‘ Gemütszustand nicht beschrieben, sondern nur an seinen Handlungen erkennbar wird.

    Und was mir so gut gefallen hat: Vinz möchte der Enge seines Dorfes entfliehen, was verständlich ist, aber Beck vermeidet jeden billigen Ausfall über das Provinzleben (was immer das ist). Statt dessen zeigt er, dass es auch auf dem Lande großherzige und unabhängige Naturen gibt und umgekehrt auch bei Münchnern Kleingeisterei anzutreffen ist.

    Fazit: Ein geistreicher Adoleszenz-Roman mit Wortwitz und Humor!