Der Gesang der Berge: Roman
![Buchseite und Rezensionen zu 'Der Gesang der Berge: Roman' von Nguyễn Phan Quế Mai](https://m.media-amazon.com/images/I/41XGkI7KnaS._SL500_.jpg)
Ich gebe es zu, ich hätte das Buch niemals in die Hand genommen wenn dieses Buch nicht von anderen sehr empfohlen wurde. Mir sagte der Titel und die Aufmachung des Covers überhaupt nicht zu. Ich dachte es wäre eine Schmonzette, Kitsch oder eine Aneinanderreihung von dramatischen Szenen. Aber weit gefehlt.
Diese Geschichte fängt in den 1970er Jahren während des Vietnamkrieges an. Die Hauptpersonen sind Huong und ihre Grossmutter (Name vergessen). Die Großmutter erzählt wie sie groß geworden ist, von der großen Hungersnot, wie Japaner ihren Vater (Huongs Urgroßvater) ermordet haben, die Landreform u.s.w. Mir war gar nicht bewußt was die Menschen in Vietnam alles ertragen mussten. Auch nicht dass Süd und Nordvietnam getrennt waren. Für mich war das alles neu und es wurde mir sehr plastisch als Leser diese Themen näher gebracht.
Auch dieser Guerilla- Krieg in dem Dschungel wurde sehr packend und intensiv beschrieben. Wie die Amerikaner dieses Gift Agent Orange auf diesen Urwald gesprüht haben. Auch diese Kriegsschauplätze wurden sehr gut beschrieben.
Im Endeffekt geht es um diese Geschichte um das pure Überleben. Dabei werden die Personen nicht als Opfer dargestellt. Und das Buch lebt von den starken Frauenfiguren/ besonders von der Großmutter, die eine sehr heftige Lebensgeschichte erlebt hatte.
Alles in allem kann ich nur jedem raten zu diesem Buch zu greifen, der sich für die Geschichte von Vietnam interessiert. Das Buch lebt von den Figuren. Es hat mich berührt und ich habe es wirklich weggesuchtet!
Vietnam, 1972. Hương wächst mitten im kriegsgebeutelten Hanoi auf. Ihre Großmutter Diệu Lan, kümmert sich liebevoll um sie, während der Vater auf dem Schlachtfeld kämpft und die Mutter ihm freiwillig nachfolgt. Damit sie nicht verhungern, arbeitet die Großmutter erst als Lehrerin und später als Händlerin, was die ganze Familie jedoch zu Geächteten macht. Hương und Diệu Lan haben nur einander und so beginnt die Großmutter eines Tages, ihrer Enkelin die Geschichte ihrer Familie zu erzählen.
„Der Gesang der Berge“ ist der erste in englischer Sprache verfasste Roman der Schriftstellerin Nguyễn Phan Quể Mai und von den Erlebnissen von Familienmitgliedern, aber auch Fremden geprägt, die ihre Geschichte mit der Autorin teilten. Die Handlung wird von Hương rückblickend aus der Gegenwart erzählt und umfasst somit einen Zeitrahmen zwischen den Jahren 1930 und 2017. Auf der einen Seite begleiten wir Großmutter und Enkelin durch die letzten Jahre des Vietnamkriegs, auf der anderen Seite breitet Diệu Lan in Erzählungen ihr bisheriges Leben aus: das Aufwachsen vor und während des Zweiten Weltkrieges, das Schicksal der Familie im Ersten Indochinakrieg und nach der Landreform 1955.
Es ist ein emotionales, sprachgewaltiges Bild, das die Autorin von der gesamten Familie Trấn zeichnet, die im Prinzip aber stellvertretend für viele vietnamesische Familien steht. Diệu Lan ist eine starke Frau, welcher der Krieg Unmenschliches abverlangt hat. Nach dem Tod ihres Mannes versucht sie allein, ihre sechs Kinder zu beschützen. Während der Landreform wird sie als Grundbesitzerin zum Feind und enteignet, dem Tod entgeht sie nur knapp und muss mit ihren Söhnen und Töchtern fliehen. Die Teilung Vietnams in Norden und Süden reißt die Familie dann endgültig auseinander. Erst in und dank Hươngs Generation scheint endlich wieder eine Aussöhnung möglich.
Teilweise ist es nur schwer zu ertragen, was die Figuren in diesem Roman erdulden müssen. Hươngs Mutter Ngọc beispielsweise kehrt völlig traumatisiert aus dem Krieg zurück und findet zu ihrer eigenen Tochter keinen Zugang mehr. Einer ihrer Brüder hat beide Beine verloren, ein anderer kämpft mit den grauenvollen Nachwirkungen des berüchtigten Entlaubungsmittels Agent Orange, das über den Schlachtfeldern versprüht wurde. Dennoch – oder gerade deshalb – ist der Roman absolut lesenswert und eines meiner Highlights 2021.
!ein Lesehighlight 2021!
Klappentext:
„Huʾoʾng wächst bei ihrer Großmutter auf, mitten im vom Krieg gebeutelten Hanoi der frühen 1970er Jahre. Der Vater ist auf den Schlachtfeldern verschollen, ihre Mutter folgte ihm in der Hoffnung, ihn zu finden. Und die Großmutter erzählt Huʾoʾng an den vielen langen Abenden die Geschichte ihrer Familie, eine Geschichte, die in Frieden und Wohlstand ihren Anfang nimmt, aber im Zuge fremder Besatzung, Landreform und Krieg eine Geschichte von Vertreibung, Flucht und unsäglichem Leid wurde. Doch die Frauen ihrer Familie sind stark und entschlossen, dem Schicksal eine lebenswerte Zukunft abzutrotzen.“
Da kommt dieses Buch mit so einem lieblichen Titel sowie Cover daher und dann steckt in den Seiten so eine kraftvolle und beeindruckende, historisch geprägte Geschichte. Nein, das hätte ich so nicht erwartet. Die Autorin Nguyễn Phan Quế Mai erzählt uns hier direkt und indirekt die Geschichte Vietnams. Ihre Wortwahl ist dabei so zart, so verletzlich und dennoch so ausdrucksvoll, das der Lesesog unweigerlich kommt. Spannung bedarf diese Geschichte keineswegs, denn der traurige Schatten wirft von ganz allein seine Fänge aus und nimmt uns ein - ob wir wollen oder nicht. Die Art wie die Autorin durch die Großmutter die Geschichte ins rollen bringt uns sie Huʾoʾng darbietet, ist wahrlich eine besondere Art und man liest das Gesprochene gebannt mit und taucht als Leser selbst mit ein. Man spürt den Wechsel zwischen vermeintlich heiler Welt und dem Krieg, der unweigerlich das Leben vieler einfach vernichtet hat…
Schlussendlich ist es keine „schöne“ Geschichte die man hier liest, aber darum geht es auch nicht. Man erlebt hier Emotionen, Seelenleben, Gedankengänge, Hoffnungswünsche und sucht selbst hier in den Worten nach Trost…Dieses Geschichte wird als „Familienepos“ beschrieben und ja, das kann man einfach ganz klar sagen, das ist sie auch. Es ist ein Epos und diese Deklaration erhalten nicht viele Geschichten. Durch die bildgewaltigen Beschreibungen entsteht hier so viel mehr als nur Kopfkino….
Dieses Buch muss gelesen werden und wird den Leser danach noch gewaltig beschäftigen! 5 von 5 Sterne für dieses Highlight!
Die vietnamesische Autorin hat schon mehrere Bücher geschrieben; „ Der Gesang der Berge“ ist ihr erster, der auf Deutsch erschienen ist. Der Roman ist von ihrer eigenen Familiengeschichte inspiriert und ist auch einzelnen Familienmitgliedern gewidmet.
Sie schildert darin die Geschichte einer Familie über mehrere Generationen hinweg und damit gleichzeitig die leidvolle Historie ihrer Heimat Vietnam. Vor allem letzteres war es, was mich zu diesem Buch greifen ließ; wusste ich doch davon nur das allgemein Bekannte und das aus amerikanischer Sicht.
Die zwölfjährige Huong lebt im Jahr 1972 bei ihrer Großmutter in Hanoi. Die Eltern und ihre Onkels sind im Krieg, keiner weiß, wo sie sind und ob sie noch leben. Vor dem Bombenhagel der Amerikaner retten sie sich aufs Land; als sie zurückkehren, liegt Hanoi in Schutt und Asche.
In dieser Zeit beginnt die Großmutter ihrer Enkelin die Geschichte ihrer Familie zu erzählen.
Sie geht dazu weit zurück, in die 1930er Jahre, die trotz der französischen Besatzung glückliche Jahre waren. Sie wächst auf einem großen Bauernhof im Norden des Landes auf. Mit dem Zweiten Weltkrieg kommen die Japaner ins Land, die Zeiten werden härter. Die darauffolgende große Hungersnot kostet über zwei Millionen Menschen das Leben.
Bei der Landreform verliert die Familie Haus und Hof. Großmutter Dieu Lan, mittlerweile Witwe, flieht mit ihren fünf Kindern. Nach unsäglichen Strapazen schafft sie es bis Hanoi, wo sie sich eine neue Existenz aufbaut.
Es kommt erneut zu einem Krieg, der die Familie auseinanderreißt. Einer der Söhne verliert sein Leben, ein anderer kehrt als Krüppel nach Hause zurück. Ein Sohn steigt in der Hierarchie der Partei nach oben und muss sich von seiner Familie distanzieren. Einen anderen hat es schon Jahre zuvor in den Süden vertrieben, wo er auf Seiten der Amerikaner kämpft.
Trotz aller Schicksalsschläge gibt die Großmutter nie auf; sie versucht immer wieder ihre Familie zusammenzuhalten.
Die Autorin erzählt wechselweise aus zwei Perspektiven. Da gibt es auf der Gegenwartsebene die der heranwachsenden Enkelin und in dem Erzählstrang, der in die Vergangenheit führt, ist es die Perspektive der Großmutter. Dabei wird in unzähligen Episoden das wechselvolle Leben der Protagonisten anschaulich und lebendig dargestellt. Das politische Geschehen bestimmt immer wieder die Lebenswege und Entscheidungen der Figuren. „ …früher dachte ich, unser Schicksal läge in unserer Hand, aber ich habe gelernt, dass normale Bürger in Zeiten des Krieges nichts weiter sind als Blätter, die im Sog eines einzigen Sturms zu Tausenden oder sogar Millionen fallen.“ Der Roman zeigt eindrucksvoll, welche Verletzungen und Traumata kriegerische Auseinandersetzungen in Menschen und in den Familien anrichten.
Neben all dem Grauen gibt es aber auch hoffnungsvolle Momente.
Die literarische Umsetzung des Themas ist allerdings nicht ganz gelungen. Der Roman ist in einer poetischen, mir etwas zu blumigen Sprache geschrieben. Das war mir manchmal zu nahe am Kitsch. Gefallen haben mir dagegen die eingestreuten Sprichwörter und Sätze aus der buddhistischen Lehre.
Die Figurenzeichnung konnte mich ebenfalls nicht restlos überzeugen. Die Guten waren zu gut, die Bösen oftmals zu böse. Die Großmutter ist natürlich die alles überragende Person. Eine starke, tatkräftige Frau, die sich aufopferungsvoll um ihre Familie kümmert und beinahe klaglos alles Leid erträgt. Möglicherweise wollte die Autorin mit dieser beinahe fehlerlosen Figur den Müttern in jenen Zeiten ein Denkmal setzen.
Wenn man aber von diesen beiden Kritikpunkten absieht, ist „ Der Gesang der Berge“ ein lesenswerter Roman, der einen tiefen Einblick gibt in die wechselvolle Geschichte des Landes und in eine fremde Kultur. Außerdem ist er ein flammendes Plädoyer für Frieden unter den Menschen. Denn : „ Kriege haben die Macht, liebenswerte und kultivierte Menschen in Ungeheurer zu verwandeln.“
Familienepos, historischer Roman aus Vietnam
Noch ein 'Schmöker', wenn er nicht einen so ernsten, traurigen Hintergrund hätte. Es geht um das Schicksal einer Familie, um Vertreibung und Flucht, Krieg und Leid, aber es gibt immer wieder auch Hoffnung und Mitmenschlichkeit. Vor allem die unglaublich starke Großmutter der Erzählerin Huong löst beim Leser Bewunderung für ihren Lebensmut und ihre Kraft aus.
'Die Herausforderungen, die das vietnamesische Volk im Lauf der Geschichte meistern musste, sind so groß wie die höchsten Berge.'
An der Lebensgeschichte einer Familie wird die leidvolle Geschichte des vietnamesischen Volkes deutlich: die Folgen der französischen Kolonialherrschaft, die Besetzung ganzer Regionen durch die Japaner im 2. Weltkrieg, die Große Hungersnot 1945 mit zwei Millionen Toten, der erneute, aber erfolglose Versuch der Franzosen, Indochina zu kolonialisieren, die Teilung Vietnams in das kommunistische Nordvietnam (Hauptstadt Hanoi - Hà Nội) und das von den Amerikanern und dem Westen unterstützte Südvietnam (Hauptstadt Saigon, heute Ho-Chi-Minh-Stadt).
Die Landreform der ehemaligen Guerilla Viet Minh im Jahre 1955 kostete viele Menschen das Leben. Es gab Quoten, wie viele 'reiche' Landbesitzer in den Dörfern zu denunzieren und hinzurichten seien sowie Umerziehungsprogramme für alle, die die Regierung kritisierten. Das traf in besonders hartem Maße die Familie von Huong, die alles verlor, nicht nur das Leben einiger Familienmitglieder, sondern auch ihren gesamten Besitz. Huongs Großmutter musste mit ihren sechs Kindern fliehen und schlug sich bis Hanoi durch, wo sie sich ein neues Leben aufbaute.
'Es ist verboten, über Dinge zu sprechen, die mit Fehlern der Vergangenheit oder Verbrechen der Machthaber zu tun haben, denn sie nehmen sich das Recht, die Geschichte umzuschreiben.'
Seit 1964 befanden sich das kommunistische Nordvietnam und das korrupte, vom Westen unterstützte Südvietnam im Krieg. Der Süden wurde von den Amerikanern besetzt und der Norden mit einem Bombenhagel überzogen. Wie wir alle wissen, wurden später Bodentruppen von den USA eingesetzt, ein erfolgloses Desaster, dieser Stellvertreterkrieg, denn der Norden wurde von Russland und China unterstützt. Im April 1975 nahm die Nordarmee Saigon ein und der Krieg endete mit der Wiedervereinigung der beiden Teilstaaten unter kommunistischer Führung.
' ...wie abscheulich der Krieg war. Wenn er diejenigen, die er berührte, nicht tötete, nahm er ihnen einen Teil ihrer Seele, so dass sie nie wieder ganz werden konnten.'
'Kriege haben die Macht, liebenswerte und kultivierte Menschen in Ungeheuer zu verwandeln.'
Es ist aber hier keine trockene Abhandlung, sondern ein mitreißender, spannender Roman, der die Geschichte durch die handelnden Personen vermittelt, vielleicht manchmal ein wenig zu melodramatisch. Die Sprache klang für mich seltsam zwiegespalten: die Dialoge etwas unbeholfen, andererseits bildhafte eindrückliche Beschreibungen.
Fazit:
Ein Buch, das nicht nur spannend zu lesen ist und Mitgefühl für das vietnamesische Volk vermittelt, sondern auch eine Menge Geschichtliches ganz nebenbei vermittelt. Ich habe es gerne gelesen und empfehle es, wenn man mehr über dieses arme gebeutelte Land wissen möchte.