RCE: #RemoteCodeExecution. Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'RCE: #RemoteCodeExecution. Roman' von Sibylle Berg
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Inhaltsangabe zu "RCE: #RemoteCodeExecution. Roman"

Sibylle Bergs neuer Roman setzt da an, wo »GRM« endet – in unserer neoliberalen Absurdität, in der der Einzelne machtlos scheint. Der Kapitalismus ist alternativlos geworden. Das beste aller Systeme hat wenigen zu absurdem Reichtum verholfen und sehr vielen ein menschenwürdiges Dasein genommen. Die Krise ist der Normalzustand, Ausbeutung heißt nicht mehr »Kolonialismus« sondern »Förderung strukturschwacher Länder«. Inflation, Seuchen, Kriege, Diktatoren, Naturkatastrophen, Müllberge. Und die Menschheit vereint nur noch in ihrer Todessehnsucht. Die Lage scheint ausweglos. Aber in einem abhörsicheren Container brennt noch Licht. Fünf Hacker programmieren die Weltrettung. Manchmal gibt es diese historischen Momente, in denen Mauern eingerissen werden, Frauen studieren und wählen dürfen, Rassismus nur noch in einigen Köpfen existiert, Geschlechter keine Rolle mehr spielen, in denen verschwindet, was Menschen für hundert Jahre für ein Naturgesetz hielten.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:608
EAN:9783462001648

Rezensionen zu "RCE: #RemoteCodeExecution. Roman"

  1. 4
    23. Jul 2022 

    Die Lage

    Die Lage ist aussichtslos und die Stimmung ist ohne Hoffnung. Die wenigen Reichen werfen mit Phrasen um sich, um schließlich noch mehr Geld zu scheffeln und den weniger Begüterten einzureden, man tue schon das Beste. Für die Gruppe von Freunden um Ben, die schon einmal versucht haben die Welt zu retten, mittelfristig allerdings gescheitert sind, ist es an der Zeit die Situation zu verändern. Doch können einige noch immer relativ junge Nerds die Welt verändern? Schließlich ist der Versuch schon einmal schief gegangen und die Menschen scheinen noch träger und desinteressierter geworden zu sein.

    Entvölkerte Landschaften, zu wenige Arbeitsplätze, leere Regale, heruntergekommene Häuser oder gar keine Häuser, Ausbeutung in den raren Jobs, Europa eine Festung der Überalterung. Gruselig. Kein Wunder, dass die Reichen sich lieber mit dem Kapital, dem Shareholder-Value beschäftigen. Sie bleiben unter sich und ihre Lobbyisten blasen den Politikern, die auch lieber nichts mit der Welt da draußen zu tun haben wollen, schon die richtigen Sätze ein, die zu der richtigen Politik führen. Dann werden die Reichen noch reicher und die Armen noch abhängiger. Die Freunde haben sich das nun lange genug angeschaut, so langsam ist es Zeit, etwas zu unternehmen.

    Seit GRM sind einige Jahre vergangen. Die Menschheit steckt weiter in einer Krise, wie kann es erstrebenswert sein, freiwillig das Leben aufzugeben? Kein Wunder, dass Ben sich an seine alten Freunde erinnert und sie gemeinsam einen Plan aufstellen, durch den sich alles ändern soll. Muss es schlimmer werden, damit es besser werden kann? Manchmal ist es so. Auch wenn die Form schon aus GRM bekannt ist, schafft es die Autorin wieder, ihre Leser zu fesseln. Die Beschreibung der überbordenden Macht der Algorithmen, der lenkbaren Individuen, die eigentlich keine individuellen Persönlichkeiten mehr sind, denn anstatt sich zu treffen, hängen sie lieber an ihren sozialen Geräten oder in ihren sozialen Netzen, wo sie am liebsten denen glauben, die unglaublichsten Geschichten erzählen. In so einer Welt möchte man nicht leben, man fragt sich allerdings, ob man nicht schon relativ nahe dran ist. Kann die Menschheit, die so hoffnungslos ist, bewegt werden, etwas zu ändern? Und mit welchen Mitteln? Auch wenn dieser Roman vielleicht nicht ganz den Esprit von GRM hat, so bearbeitet die Autorin diese spannende Frage mit packenden Worten. Wieder hält sie der Gesellschaft einen Spiegel vor. Schön, wenn dies zum Nachdenken anregte.