Der Duft der weiten Welt
Hamburg, 1912: Mina Vater, Karl Deharde, betreibt ein Kaffeekontor in der Hamburger Speicherstadt. Da Mina jede freie Minute im Kontor verbracht hat, weiß sie genauestens über Kaffee Bescheid. Aber als Frau kann sie das Geschäft nicht übernehmen und einen männlichen Erben gibt es nicht. Daher hat ihr Vater Pläne; er möchte sie mit jemanden verheiraten, der das Geschäft führen kann und von den Kaffeehändlern akzeptiert wird. Doch Mina möchte mit ihrem Jugendfreund Edo Blumenthal, der im Kontor arbeitet, nach New York auswandern. Wie wird sich Mina zwischen Liebe und Pflicht entscheiden?
Dies ist der Auftaktband der Familiensaga, die in der Hamburger Speicherstadt spielt. Ich finde, dass die Speicherstadt auch heute noch eine ganz besondere Atmosphäre hat, die aber zu jener Zeit noch viel geschäftiger und bunter war. Die damaligen Örtlichkeiten hat die Autorin Fenja Lüders sehr schön eingefangen.
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen und die Geschichte hat mir gut gefallen.
Die Charaktere sind authentisch und lebendig beschrieben. Mina ist eine sympathische junge Frau, die eigentlich genau weiß, was sie will. Doch dann muss sie eine Entscheidung treffen, die ihr sehr schwerfällt. Aber die Frauenrolle jener Zeit ist nun einmal die einer Ehefrau und Mutter, die ihren Mann unterstützt, indem sie ihm ein trautes Heim bereitet. Eine Frau, die ein Geschäft führt, ist undenkbar und würde nie akzeptiert. Man konnte ihren inneren Konflikt gut nachvollziehen. Ihr Vater hat ihr ermöglicht, dass sie sich das Wissen über den Kaffee und den Kaffeehandel aneignet und damit eine Saat gelegt, die dann verkümmern soll. Edo mag Mina, das steht außer Frage, aber mir kommt er auch sehr egoistisch vor. Die beiden sind schon lange befreundet und als Edo nach New York gehen soll, möchte Mina mit ihm gehen. Leutnant Frederik Lohmeyer soll in das Geschäft einsteigen. Er kommt mir sehr undurchsichtig vor und scheint seine eigenen Pläne zu haben. Minas Großmutter ist eine resolute Person, die stets ein Auge auf alles hat. Agnes, Minas Schwester, neidet ihrer Schwester das gute Verhältnis zum Vater.
Es ist eine interessante und spannende Geschichte. Ich bin schon sehr gespannt, wie es weitergeht mit der Familie Degarde und dem Kaffeekontor.
Enttäuschender Einstieg in die Welt des Kaffeehandels
Hamburg 1912:
Die 17jährige Mina verbringt ihre Zeit am liebsten im Kontor ihres Vaters, des Kaffeehändlers Karl Deharde. Den dort Angestellten Edo Blumenthal kennt sie seit Kindertagen, doch mittlerweile ist aus den beiden jungen Leuten ein Liebespaar geworden. In einer bevorstehenden Geschäftsreise nach Amerika sieht Edo die Möglichkeit mit Mina im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein neues Leben zu beginnen. Mina kann diesem Plan jedoch nichts abgewinnen, da sie sich ihrer Familie und der Firma verpflichtet fühlt.
Als Karl Deharde schwer erkrankt, liegt ihm sehr daran, seine Tochter alsbald standesgemäß zu verheiraten, damit sie die Leitung des Geschäfts übernehmen kann. An ihren Fähigkeiten zweifelt er nicht, und auch ein passender Kandidat scheint bereits gefunden zu sein. Frederik Lohmeyer, der Sohn eines alten Jugendfreundes von Karl Deharde, arbeitet seit einiger Zeit in der Firma mit und scheint Mina sehr zugetan zu sein. Deren Herz gehört jedoch Edo, und Mina steht vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens.
Der Auftakt der Speicherstadt-Saga war eine herbe Enttäuschung für mich, obwohl ich das Thema recht interessant fand. Leider ist die Umsetzung einer grundsätzlich guten Idee ganz und gar nicht gelungen.
Die Charaktere sind sehr oberflächlich und klischeehaft geblieben. Besonders hat mich das freundschaftlich-joviale Verhältnis zwischen Karl und Mina gestört. In einer Zeit, da das Siezen zwischen Eltern und Kindern zum guten Ton gehörte, passt es für mein Empfinden nicht, dass ein gestandener Kaufmann seine Tochter andauernd als sein "Wunschmädchen“ bezeichnet.
Aber auch alle anderen Figuren wie Minas Schwester Agnes, ihre Internatsfreundin Irma von Gusnar oder Großmutter Hiltrud scheinen mir wie aus den Jung-Mädchen-Büchern entlehnt, die ich vor Jahrzehnten las. Die Liebesbeziehung zwischen Mina und Edo ist ebenfalls sehr lauwarm ausgefallen. Es fehlt an jeglichem Feuer, an Saft und Kraft. Auch die Rolle des Frederik Lohmeyer, der den undurchsichtigen und geheimnisvollen Fremden verkörpern soll, könnte plumper nicht ausgefallen sein. Der fantasieloseste Leser wird sich ausmalen können, wohin die Reise geht. Einzig Heiko, Edos Ziehbruder, versprüht einen herben Charme an Männlichkeit.
Vom Zeitgeist ist in diesem schwachen Roman leider genauso wenig spürbar wie vom Flair einer vor Lebendigkeit sprühenden Handelsstadt, und auch dem Duft des Kaffees habe ich in der Speicherstadt vergebens nachgespürt. Ohne besondere Höhen und Tiefen plätschert die Geschichte vor sich hin, und auch die Dialoge fand ich sehr naiv gehalten. Die Protagonisten sind nicht authentisch, die Handlung ist vorhersehbar und langweilig.
Den Folgeband werde ich nur lesen, weil ich ihn schon gekauft habe.