Das Holländerhaus: Roman
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Danny Conroy kann sich kaum an seine Mutter erinnern. Sie hat es im Dutch House einfach nicht ausgehalten und die Familie verlassen. Wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg war das schon ungewöhnlich. Maeve, Dannys Schwester, ist immer für ihren Bruder da. Doch immer bleibt das ungelöste Rätsel um ihre Mutter. Als der Vater allerdings einige Jahre später eine andere Frau mit nach Hause bringt, ändert sich einiges. Andrea scheint begeistert von dem Haus. Doch zwischen ihrer Stiefmutter und den Geschwistern läuft es von Beginn an nicht so richtig und nach der Hochzeit ziehen auch noch zwei neue Schwestern ein.
Das Dutch House scheint auch ein niederländisches Haus zu sein, denn es hat viele große Glasfenster und Nachbarn und Passanten können in das Haus hineinschauen. Wenn man in die Niederlande fährt kann man tatsächlich Häuser - nicht so herrschaftlich wie das Dutch House - finden, bei denen große Fenster zum Schauen einladen. Vielleicht muss man es gewöhnt sein oder es toll finden, um sich wohl zu fühlen. Natürlich fragt man sich, wieso eine Mutter ihre Kinder verlässt, weil sie sich nicht wohlfühlt. Man fragt sich aber auch, wieso der Vater nicht in der Lage ist, mit seiner Frau gemeinsam ein Haus zu suchen, dass beiden gefällt. Es waren wohl andere Zeiten nach dem Krieg. Die Kinder sind es, die klarkommen müssen.
Auch wenn gerade die Wünsche und Ziele das Vaters im Ungewissen bleiben, so besticht dieses Buch mit einer vortrefflichen Sicht in die Welt zweier Kinder, die sich gegen unliebsame Veränderungen kaum wehren können. Es ist eines der seltenen Bücher, die einen über weite Strecken wahrlich einsaugen. Man liest und knirscht mit den Zähnen, weil man kaum glaubt, was passiert. Welche Wirkung hat die Kindheit auf das Leben, werden wir doch wie unsere Eltern oder können wir etwas ändern. Selbstverständlich kann ein Roman diese Fragen nicht klären, aber er kann den Leser emotional beteiligen und über weite Strecken so fesseln, dass das Buch an einem Tag verschlungen ist.
4,5 Sterne
Kurzmeinung: Innige Geschwisterbeziehung. Verlust. Rache. Hübsche Unterhaltung.
Im Zentrum des Romans von Ann Patchett steht die Bindung der Protagonisten an das Holländerhaus, ein Haus, das erst in jüngerer Zeit in den Besitz der Familie Conroy gekommen ist. Die Autorin beschreibt über einen längeren Zeitraum hinweg, wie der Besitz/Nichtbesitz dieses Hauses ihren Figuren bekommt.
Ich mag die Schreibweise und die eigenartigen Figuren der Autorin und habe mich gut unterhalten gefühlt, obwohl die Charakterzeichnungen nicht immer ganz gelungen sind. Vor allem Andrea, die zweite Frau vom Papa, ist gnadenlos überzeichnet. Und auch sonst setze ich im Verlauf der Handlung einige Fragezeichen. Die Autorin biegt mit ihren Überkonstruktionen den Roman dahin, wo sie ihn hin haben will. Das disqualifiziert ihn für den ernsthaften Roman.
Die Autorin arbeitet jedoch schön heraus, was ungesunde Beziehungen und Gedankenlosigkeit anrichten, zum Beispiel das Fehlen eines Testaments zur rechten Zeit, und das generationenüberspannende Ende versöhnt mich mit manchen Schwächen.
Fazit: Durchaus ein Buch der leichten Muse. Das sich dennoch mit Kalamitäten des Lebens auseinandersetzt. Man wird auf eindeutig höherem Niveau unterhalten als durch ein Lädchenbuch. Also das richtige Buch für Sommer und Balkon. Mit einer Prise Tiefgang.
Kategorie: Leichte Muse.
Verlag: Berlin Verlag.
Besitz verpflichtet - Fluch und Segen zugleich
Klappentext:
„Eine Villa zu besitzen – für Cyril steht das für ein besseres Leben. Doch als er von seinem hart erarbeiteten, ersten kleinen Vermögen das hinreißende Holländerhaus kauft, zerbricht seine Welt: Seine Frau erträgt den Luxus nicht und geht. Ein Schock für die beiden Kinder, und Tochter Maeve muss die Mutterrolle für ihren jüngeren Bruder Dave übernehmen. Die Geschwister werden unzertrennlich und sind eigentlich glücklich – bis Cyril wieder heiratet. Die Neue hat zwei eigene kleine Mädchen, denen sie, ganz böse Stiefmutter, das Erbe sichern will, vor allem aber das Holländerhaus ... Aus einer Geschichte, so alt wie das epische Erzählen, wird bei Ann Patchett ein facettenreicher, kluger und ganz und gar moderner Familienroman der Meisterklasse.
Besitz verpflichtet - das war schon immer so und wird immer so bleiben. Das heißt nicht nur, das man die Dinge am Besitz (in diesem Falle hier ein Haus) nur instand setzt und pflegt sondern auch, das man es schätzt, liebt und sich dessen verpflichtet es zu seinem Heim erstrahlen zu lassen, das einem Schutz und Geborgenheit sowie Entspannung gibt. Für Cyril war es der größte Traum der wahr werden konnte mit seinem Kauf des Holländerhauses. Die Geschichte rund um dieses Haus, liest sich wie Fluch und Segen zugleich und ist äußerst emotional und bewegend. Autorin Ann Patchett geht hier tief in die Seele der Hausbesitzer ein und erzählt mehr, als nur ein Haus zu besitzen. Ein Haus verändert alles, auch die Familie. Wie Patchett hier vorgeht, ist schlüssig und nachvollziehbar niedergeschrieben. Der Neuzugang an Cyrills Seite verspricht Hoffnung und endlich den Halt, den er für sich, seine Familie und das Haus erhofft. Das sich dahinter ein Wölfin im Schafspelz versteckt, wird dem Leser schnell klar, aber leider nicht Cyrill, dem man gerne warnen möchte. Leider bleiben unsere Bemühungen erfolglos und der Kampf und der Streit um materielle Dinge, um Reichtum und die Frage nach Ehrlichkeit nehmen hier den größten Raum des Buches ein. Patchett zeigt ein schonungsloses Bild und ein feines Gespür Menschen in ihre Seelen zu blicken und diese knallhart zu analysieren und in Worte zu packen. Ihre Wortwahl ist manchmal klar, manchmal kryptisch und dennoch erkennbar. Sie packt nicht nur uns Leser an empfindlichen Stellen, sondern auch ihre Protagonisten und lässt sie leiden, denn eines ist klar: Besitz verpflichtet, aber wie weit geht diese „Pflicht“?!
Jeder Hausbesitzer wird sich hier in so einigen Parts wiederfinden und fiebert mit Figur Cyrill mit - klug und äußerst intim auf den Punkt gebrachte Story! 5 von 5 Sterne!