Terror: Roman

Inhaltsangabe zu "Terror: Roman"
Allein schon diese Namen! ‚HMS Erebus’ und ‚HMS Terror’! Der Gott der Finsternis und der Schrecken selbst. Vielleicht hätte man die beiden Expeditionsschiffe Ihrer Majestät, diese gepanzerten Dampfmaschinen, mit hoffnungsfroheren Namen versehen sollen. So geriet auch dieses Detail zum bösen Omen einer Unternehmung, die im ewigen Eis ihrem schrecklichen Untergang entgegen sah. Als die Geschichte im Oktober 1847 einsetzt, steht der dritte Winter bevor, das Packeis hat beide Schiffe fest im Griff, der große Franklin war im Sommer unter dubiosen Umständen ums Leben gekommen. Die restliche Mannschaft zittert dem Wahnsinn entgegen. Als wäre es damit nicht genug des Horrors, hat Dan Simmons noch einige Monstrositäten ganz eigener Art auf Lager!Die berühmt-berüchtigte dritte Franklin-Expedition auf ihrer Suche nach der Nordwestpassage, jenem sagenhaften Seeweg, der den Atlantik mit dem Pazifik durch das nördliche Polarmeer verbinden sollte. Inmitten dieser gnadenlos unwirtlichen Kulisse entfaltet Dan Simmons auf fast 1.000 Seiten ein derart frostiges und klaustrophobisches Kammerspiel, dass selbst der Fürst der Finsternis - Stephen King -, ins Schwärmen geriet. In fein ziselierter Sprache führt Simmons auf eine Bühne der inneren und äußeren Kämpfe. So zwischen Britanniens berühmtem Nationalhelden und Entdecker Sir John Franklin, dem müde gewordenen Kapitän der ‚Erebus’, dessen beste Tage hinter ihm liegen und Francis Crozier, dem weitaus fähigeren Kapitän der ‚Terror’, den das Schicksal des ewig Zweiten allmählich verbitterte. Nun, nach Sir Franklins Tod, schlägt seine Stunde!
Simmons’ biblisch dimensioniertes, in der Zeit hin- und herspringendes Logbuch, lässt sich auch als Dokument überschäumender Entdeckerhybris lesen. Berauscht von der eigenen Technologie, ignoriert man die simplen Überlebenstechniken der „wilden“ Inuit in einer lebensfeindlichen Umwelt, lässt aber allzu gerne den angstvoll geilen, viktorianisch prüden Blick über „Lady Silence“, eine mitreisende junge Inuit, schweifen. Naturwüchsigkeit versus britische Steifheit. Nicht zuletzt in diesem krassen Missverhältnis findet sich eine der Ursachen der Tragödie, die schließlich in Meuterei, Irrsinn und Kannibalismus ihren Niedergang findet. Auch seinem übernatürlichen Affen gibt Simmons immer wieder Zucker, indem er eine Art zähnefletschenden Yeti auf Opfersuche schickt. In solchen Passagen grüßt E. A. Poe herzlich um die nächste Schneewehe. 128 Seeleute machten sich im Mai 1845 auf den Weg zu ihrem größten Abenteuer. Man hat nie wieder von ihnen gehört. Simmons hat sich ihrer angenommen und eines der größten Rätsel der Arktisforschung mit seiner ganz eigenwilligen Deutung versehen. „Terror“ ist Simmons’Moby Dick. Ein großes Stück Literatur jedenfalls. -– Ravi Unger
Keine Kreuzfahrt und kein Segeltörn
Immer wenn ich bei meiner Schwester war, sah ich diesen dicken Wälzer im Regal, der sich so gar nicht in die Liebesromane fügen wollte und auch sonst mit seiner erstaunlichen Seitenzahl nach Aufmerksamkeit schrie. Und dann, Ostern, war es soweit, der mitgebrachte Lesestoff neigte sich dem Ende, "Terror" von Dan Simmons verschwand vom Holz und begleitete mich ein Stück meines Leselebens. Prompt wurde das Wetter schlechter, die Temperaturen fielen und der Sog der Geschichte um die beiden dampfbetriebenen Segelschiffe Erebus und Terror in der Arktis, tat ihr übriges.
Es ist das Jahr 1845 und die beiden Schiffe brechen mit einer 134 Mann starken Besatzung auf, um die sagenumwobene Nord-West-Passage im Nordpolarmeer zu erkunden. Die Schiffe sind mit der neuesten Technik ausgestattet, die Ausrüstung sorgfältig für alle Eventualitäten ausgesucht und die Brennstoff- und Lebensmittelkammern bis zum Rand gefüllt. Ruhm und Ehre erwarten die hochmotivierten Männer am Ende ihrer gefährlichen Reise, suchen sie doch einen lukrativen Handelsweg nach Russland. Beide Schiffe verschwinden spurlos im Eis. Soweit die Tatsachen.
Dan Simmons erzählt uns die Ereignisse an Bord und auf dem Eis. Seine Geschichte berichtet uns von den beiden Kapitänen Franklin und Crozier, ihren Beweggründen, diese Expedition zu unternehmen und ihre Entscheidungen, die sie treffen, als die ersten Probleme auftreten. Die Route, die sie gewählt haben, erweist sich bald als eisige Sackgasse und sie stecken im Packeis fest. Sie warten auf Tauwetter und einem Entkommen, wählen abermals die falsche Route und stecken wieder fest. Die Lebensmittel in den Konserven verderben vorzeitig, weil sie schlecht eingekocht und schlampig versiegelt worden sind.
Die Männer müssen aufs Eis, weil die Schiffe unter dem hohen Druck des Eises brechen. Sie müssen auf die Jagd nach Robben und Eisbären gehen, denn sie leiden an Skorbut, aber etwas im Eis jagt sie.
Es ist das dritte Jahr ihrer Fahrt, der Sommer bleibt kalt, die Schiffe kommen nicht frei. Sie müssen sich entscheiden, zu Fuss über unbekanntes Eis gen Süden zu ziehen, oder auf Rettung zu warten.
Simmons entfaltet ein Horrorszenario. Die Männer meutern, sterben an Skorbut, werden von einem Monster im Eis gerissen, oder bringen sich gegenseitig um. Gleichzeitig bringt er uns eine lebensfeindliche Welt, mit all ihren Gefahren näher und beschreibt den Kampf der Männer mit den Elementen. Aber für das Auftauchen der Innuit und ihrer Mythologie, als Erklärung der unheimlichen Vorkommnisse zum Schluss der Geschichte, feiere ich diesen Schriftsteller. Beweist sie doch eine Recherche mit viel Tiefgang und eine breite Vielfalt, für eine nur scheinbar simple Begebenheit. Man kommt nicht nur den beiden Kapitänen sehr nah, sondern auch vielen anderen Männern der Besatzung und wird auch immer wieder überrascht, welche Entwicklungen sie im Laufe der Zeit durchmachen. Man leidet mit, ekelt sich, hasst und liebt und fast möchte man meinen, dabei gewesen zu sein, wenn nicht.... die Temperaturen draußen wieder so weit gestiegen wären.