Und doch ist es Heimat

Buchseite und Rezensionen zu 'Und doch ist es Heimat' von Metzger, Jochen
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Inhaltsangabe zu "Und doch ist es Heimat"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:368
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Rezensionen zu "Und doch ist es Heimat"

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    15. Jun 2020 

    Der Krieg erreicht das Dorf

    Jochen Metzger, Journalist, hat sich für seinen ersten Roman „Und doch ist es Heimat“ in sein Heimatdorf (in der Nähe von Karlsruhe) zurückbegeben und schildert dem Leser die Zeit kurz vor Ende und direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Er tut dies auf eine Art, die etwas an ein volkskundliches Museum denken lässt. Jedes Kapitel trägt als Titel die Benennung eines für das Dorf und das Geschehen typischen Gegenstandes, den Metzger dann zunächst auch genauer beschreibt, bevor er dann in das Geschehen rund um eine Handvoll herausgehobener Figuren aus dem Dorfleben einsteigt. Auf diese Art und Weise erhält der Leser sehr anschaulich einen Einblick in das Leben unter extremen Sonderbedingungen des verloren gehenden bzw. des verloren gegangenen Krieges und der parallel zu erbringenden Feldarbeit und Landwirtschaft: darunter sind sehr grausame Szenen, etwa wenn die Kinder statt in die Schule zu gehen in den Wald geschickt werden, ausgestattet mit jeglicher Form von Gabeln, um mit diesen die körperlichen Überreste der Besatzung eines abgeschossenen feindlichen Fliegers aufzusammeln, die Männer rüsten sich mit simpelsten Mitteln ausgestattet zum letzten Gefecht, um die anrückenden französischen Truppen am Ortseingangsschuld noch aufzuhalten, die französischen Truppen, die dann kommen, sind so gar nicht französisch, sondern erweisen sich als zusammengestückelter, dunkelhäutiger Haufen aus den französischen Nordafrika-Kolonien. Ein Zusammenleben beginnt, das vor allem in den ersten Tagen regellos durch Rachegelüste geprägt ist, die sich in genügendem Maße aufgestaut haben; Frauen und auch kleine Mädchen werden vergewaltigt und misshandelt, verwandeln sich in kleine Jungen, um dem entgehen zu können, oder müssen sich mit ungewollten Schwangerschaften arrangieren; das „Zusammenleben“ wird dann aber auch immer mehr zur Routine und ein zeitweises Miteinander erscheint durchaus möglich.
    Das Buch schildert diese Zeit in kleinen Miniaturen, in Erzählungen, die diese Zeit repräsentieren und das Lebensgefühl einer bäuerlich geprägten Welt, in der Krieg nie einen Platz haben sollte (wo überhaupt?), in dieser Ausnahmesituation sehr anschaulich, manchmal drastisch, zumeist aber auch mit einem sehr empathischen Insiderblick dieses Autors, der sich als Teil dieser Gesellschaft versteht und immer wieder zu erkennen gibt. Als Leserin bekam ich so einen packenden Einblick in eine Zeit des absoluten Chaos, der ich mich zuvor nur selten gestellt habe. Und das Ganze findet statt in einer heimatlich anheimelnden Welt, für die „angeblich“ solche Kriege geführt werden.
    Der Eindruck, den das Buch hinterlässt ist auch nach einigen Wochen der Lektüre nicht verflogen und deshalb gebe ich gerne eine Leseempfehlung aus und bewerte den Roman m mit dicken 4 Sternen.